Verwaltungsgerichtsurteil zu Trauerfeier unter Corona-Bedingungen

Das Covid-19-Virus macht auch vor Trauerfeiern nicht halt. In Zweibrücken setzte sich ein Sohn in einem Streit um den Veranstaltungsort der Trauerfeier seiner Mutter durch. Das angerufene Verwaltungsgericht hat zugunsten des Trauernden entschieden, da die Stadt die Corona-Verordnung rechtsfehlerhaft angewandt hatte.

In dem Streit um die Durchführung einer Trauerfeier auf dem Vorplatz der Aussegnungshalle auf dem Hauptfriedhof in Zweibrücken hat der hinterbliebene Sohn sich vor Gericht gegenüber der Stadt Zweibrücken durchgesetzt. Die Trauerfeier durfte am 9.9.2020 entsprechend dem Wunsch des Sohnes auf dem Platz vor der Aussegnungshalle stattfinden.

Sohn wünschte trotz Pandemie Trauerfeier vor der Aussegnungshalle

Der Sohn der Verstorbenen erwartete ca. 30 Personen zu der für den 9.9.2020 angesetzten Urnenbestattung seiner Mutter. Die Urne sollte in einer sog. Urnenstehle beigesetzt werden. Der Sohn der Verstorbenen wollte sich mit den Trauergästenauf dem Platz vor der Aussegnungshalle zur Trauerfeier versammeln.

Behörde untersagt Trauerfeier vor der Aussegnungshalle

Der in Zweibrücken für Bestattungen zuständige „Umwelt- und Servicebetrieb Zweibrücken“ untersagte die Trauerfeier auf dem Vorplatz vor der Aussegnungshalle und verfügte, dass die Trauergäste nur unmittelbar an der Urnenstehle zusammenkommen dürften. Begründung: Nach den Regelungen der „10. CoronabekämpfungsVO Rheinland-Pfalz“ (10. CoBeLVO) müsse für jeden Trauergast eine Fläche von 10 m² zur Verfügung stehen. Dies könne bei einer Trauerfeier mit 30 oder mehr Teilnehmern vor der Aussegnungshalle nicht gewährleistet werden, ohne den Friedhofshauptweg mit einzubeziehen.

In diesem Fall könnten aber Passanten, die den Hauptweg benutzen, nicht den vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5 m zu den Teilnehmern der Trauerfeier einhalten. Darüber hinaus sei zu befürchten, dass die Trauergäste auch bei dem anschließenden gemeinsamen Weg zum Urnengrab den vorgeschriebenen Mindestabstand verletzen könnten.

VG weist Behörde auf Sach- und Rechtsfehler hin

Das VG beurteilte die Sach- und Rechtslage in dem von dem Sohn der Verstorbenen eingeleiteten einstweiligen Rechtsschutzverfahren anders. Das seitens des Antragsgegners ausgesprochene Verbot beruhte nach der Bewertung des VG auf einer Fehlinterpretation der 10. CoBeLV. Das VG belehrte den Antragsgegner dahingehend, die !0. CoBeLVO in mehrfacher Hinsicht misszuverstehen:

  • Entgegen der Auffassung des Antragsgegners enthalte die Verordnung keinerlei Regeln über die Örtlichkeit, an der Trauerfeier stattfinden dürfen.
  • Die Landesverordnung enthalte lediglich Vorschriften zum Teilnehmerkreis und zur Teilnehmerzahl bei Trauerfeiern.
  • Darüber hinaus gelte § 1 Abs. 7 der 10. CoBeLVO, der u.a. für Trauerfeiern eine Mindestfläche von 10 m² pro Person vorschreibe, lediglich für Innenräume und nicht für den Außenbereich.

Bei Trauerfeiern im Freien genügen 1,5 m Mindestabstand

Für eine Trauerfeier im Freien gilt nach der Bewertung des VG die allgemeine Vorschrift des § 1 Abs. 2 der 10. CoBeLVO, die bei Zusammenkünften im Freien grundsätzlich lediglich die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 m vorschreibt. Unter Zugrundelegung dieser Anforderung sei der Vorplatz vor der Auslegungshalle ohne weiteres groß genug, um mindestens 33 Trauergäste unter Wahrung des erforderlichen Mindestabstandes unterzubringen, ohne dabei den für Passanten bestimmten Hauptweg in Anspruch nehmen zu müssen.

Anweisung der Behörde auch sachlich nicht nachvollziehbar

Die Kammer bewertete die Begründung des Antragsgegners für das ausgesprochene Verbot auch als logisch nicht nachvollziehbar, denn unter Infektionsgesichtspunkten biete der offene Platz vor der Auslegungshalle die viel bessere Möglichkeit die zwingend notwendigen Abstände einzuhalten als der Aufenthalt der Trauergäste in den engen Grabreihen an der Beisetzungsstelle. Das VG gestattete daher die von dem Antragsteller gewünschte Trauerfeier vor der Aussegnungshalle.

(VG Zweibrücken, Beschluss v. 8.9.2020, 5 L759/20.NW)

Hintergrund:

Die Veranstaltung von Trauerfeiern stößt in Coronazeiten häufig auf Probleme. Die Regelungen in den Bundesländern sind unterschiedlich. In den meisten Bundesländern ist die Anzahl der zu einer Trauerfeier zugelassenen Personen (auch in Kirchen und Kapellen) lediglich durch den einzuhaltenden Mindestabstand von 1,5 m begrenzt.

Einige Bundesländer sehen für Trauerfeiern Höchstteilnehmerzahlen vor (Höchstteilnehmerzahl in Bayern 200 Personen, in Nordrhein-Westfalen 150, in Baden-Württemberg keine Begrenzung). Überall gilt der Mindestabstand von 1,5 m. Teilweise gelten weitere, unterschiedliche Hygieneanforderungen (Oberflächendesinfektion). Ein Hygienekonzept ist in der Regel nicht erforderlich.

Gegen die Mindeststandards wird allerdings nicht selten verstoßen. So hat nach einer Meldung des NDR die Polizei in Landkreis Wesermarsch im Juni eine Trauerfeier von 80 Trauernden gewaltsam aufgelöst, weil nicht nur der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten wurde, sondern an der Trauerfeier nachweislich infizierte Personen teilnahmen, die unter einer Quarantäneanordnung standen. In Schwäbisch Gmünd wurden nach einer Meldung von „RTL.de“ nach einer Trauerfeier am 14. Juli 47 Personen positiv auf Corona getestet. Den Kommunen bleibt nur, die Einhaltung der Corona-Regeln auch bei Trauerfeiern zu kontrollieren und zu überwachen.

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