Haben die Parteien in einem Prozessvergleich festgelegt, über die Kosten solle das Gericht nach § 91a ZPO entscheiden, ist die Entscheidung grundsätzlich nach den für § 91a ZPO geltenden allgemeinen Regeln zu treffen. Unter besonderen Umständen können die in dem Vergleich zum Ausdruck gekommenen Parteivorstellungen über die Kostenverteilung Berücksichtigung finden.

Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw

Der Käufer hatte die Verkäuferin auf Rückabwicklung des zwischen ihnen geschlossenen Kaufvertrags über einen Pkw wegen Mängeln verklagt. Im frühen ersten Termin vor dem Landgericht verständigten sich die Parteien auf eine vergleichsweise Regelung. Die beklagte Verkäuferin verpflichtete sich zu Austausch von Kupplung, Auspuff und dazu, dem Käufer hierfür höchstens 650 EUR in Rechnung zu stellen, womit die streitgegenständlichen Ansprüche des Käufers erledigt sein sollten.

Im Prozessvergleich heißt es: „Die Kostenentscheidung ergeht durch einen gesonderten § 91a-Beschluss.“

 

Welchen Grundsätzen folgt die Kostenverteilung nach einem Vergleich?

Das Landgericht hat dem Kläger 81 %, der Beklagten 19 % der Kosten des Rechtsstreits aufgebürdet. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kosten seien nach der vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu verteilen.

Im Vergleich habe die Beklagte von den klägerseits behaupteten Reparaturkosten 1.350 EUR übernommen und im Übrigen obsiegt. Aus dem Verhältnis des von der Beklagten im Prozessvergleich übernommenen Betrags zum Gesamtstreitwert ergebe sich die ausgesprochene Kostenquote.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, mit der er Kostenaufhebung begehrt.

 

Maßgeblich: Prozessvergleichsinhalt oder Sach- und Streitstand zum Vergleichszeitpunkt?

Der Kläger war der Auffassung, dass sich die nach § 91a ZPO zu treffende Kostenentscheidung nicht am Inhalt des Prozessvergleichs orientiert, maßgebend sei vielmehr der davon unabhängige Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der vergleichsweisen Erledigung. Der Kläger hatte Erfolg.

Es gelten – so das Gericht - folgende Grundsätze...

  • Maßgebend für die Kostenentscheidung sind die allgemeinen Regeln des § 91a ZPO, nicht die im Vergleichswege von den Parteien positiv getroffenen Regelungen.
  • Nach § 91a ZPO ist im Allgemeinen für die Kostenverteilung durch das Gericht entscheidend, welcher Verfahrensausgang ohne die Erledigung zu erwarten gewesen wäre. Das gilt grundsätzlich auch, wenn die Parteien in einem Vergleich eine negative Kostenvereinbarung treffen, die eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO veranlasst.

 

Es gibt jedoch Ausnahmen:

Es können die im Vergleich zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen der Parteien über die Kostenverteilung u. U. im Rahmen des dem Gericht nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO eröffneten billigen Ermessens Berücksichtigung finden.

  • Jedenfalls ist die gerichtliche Kostenentscheidung nach § 91a ZPO nicht ohne Weiteres nach dem Inhalt des Vergleichs zu treffen,
  • wenn Anhaltspunkte für einen dahin gehenden übereinstimmenden Willen der Parteien nicht vorliegen oder die Parteien die Kostenverteilung, ohne irgendeine eigene Festlegung über die Kostenverteilung zu treffen, vollständig in die Hand des Gerichts gegeben haben. 

Hintergrund der Vergleichsregelung der Parteien zu den Kosten ist entscheidend.

Eine positive Übereinkunft über eine konkrete Kostenverteilung oder dass sich die gerichtliche Entscheidung am Vergleichsinhalt und nicht an den nach § 91a ZPO allgemein geltenden Regeln richtet, ist von den Parteien nicht getroffen worden.

Die Parteien haben sich, wie sich der Gerichtsakte entnehmen lässt und was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, im Hinblick auf den Kostenaspekt auf die getroffene vergleichsweise Regelung verständigt, weil der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter Abrechnungsschwierigkeiten mit der Rechtsschutzversicherung befürchteten.

Dies lässt sinnvollerweise nur die Auslegung zu, dass die Parteien mit der getroffenen Regelung eine Kostenaufhebung durch das Gericht beabsichtigt haben.

(OLG Stuttgart, Beschluss v. 18.7.2011, I – 13 W 34/11).

Hinweis: Welcher Verfahrensausgang ohne die Erledigung zu erwarten gewesen wäre, ist nach dem maßgebenden Sach- und Streitstand bei Erledigung (Vergleich) nicht zu beurteilen, weil der Ausgang des Rechtsstreits von einer Beweisaufnahme abhängig war, zu der es aufgrund der vergleichsweisen Verständigung nicht mehr gekommen ist. In einem solchen Fall sind die Kosten des Rechtsstreits in der Regel gegeneinander aufzuheben.