Auto kollidiert mit schlecht gekennzeichnetem Betonpoller

Betonpoller sollen Fahrer zum Drosseln ihrer Geschwindigkeit anhalten oder verhindern, dass bestimmte Bereiche angefahren werden. Sie sollen dagegen Fahrzeuge nicht durch einen Aufprall stoppen. Sie müssen deshalb für Fahrer gut erkennbar sein. Sind sie dies nicht, haftet die aufstellende Gemeinde für etwaige Schäden, zumindest größtenteils.

Ein Autofahrer übersah in der Dunkelheit drei Betonpoller, die zur Verkehrsberuhigung dienen sollten. Er kollidierte mit dem mittleren der drei Poller, die die Gemeinde hinter dem Einmündungsbereich einer Sackgasse aufgestellt und die Straße damit für den Autoverkehr gesperrt hatte.

Mittlerer Poller hatte keine Reflektoren

Von den Pollern waren nur die beiden äußeren jeweils mit drei Reflektoren ausgestattet, um sie auch in der Dunkelheit möglichst gut sichtbar zu machen. Am mittleren Poller, in den der Autofahrer hineingefahren war, gab es dagegen keine Reflektoren.

Aufgrund der Kollision waren dem Autofahrer Reparaturkosten in Höhe von 1.156 Euro entstanden. Diese wollte er von der Gemeinde ersetzt bekommen, da diese die Poller nicht ausreichend sichtbar gemacht hätte.

Das Landgericht Braunschweig hatte dem Mann überwiegend recht gegeben. Sah allerdings eine Mitverschulden des Autofahrers in Höhe von 25 % und begründete diese mit der Betriebsgefahr des Fahrzeugs (§ 7 StVG).

Gemeinde hätte Poller besser sichtbar machen müssen

Gegen das Urteil des Landgerichts legte die Gemeinde Berufung ein. Doch das OLG Braunschweig hat das Urteil des Landgerichts bestätigt. Die beklagte Gemeinde habe gegen ihre Straßenverkehrssicherungspflicht verstoßen. Die Begründung des OLG:

  • Die Gemeinde hätte die der Verkehrsberuhigung dienenden Poller so aufstellen müssen, dass die Benutzer der Straße bei vorsichtiger Fahrweise diese gut hätten sehen können.
  • Um dies zu erreichen, hätte die Gemeinde gut sichtbare Markierungen anbringen
  • und für eine ausreichende Beleuchtung sorgen müssen.
  • Diese Anforderungen gelten insbesondere dann, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um Poller von geringer Höhe handele, da solche Poller aus dem Sichtwinkel eines Autofahrers nur schwer zu erkennen seien.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtes ist das Gericht zu der Einschätzung gekommen, dass der mittlere und der rechte Poller unabhängig von der Geschwindigkeit und selbst bei Tageslicht für einen rechts in die Straße einbiegenden Autofahrer nicht erkennbar waren.

Hinweis auf versperrte Straße fehlte

Auch dem Sackgassenschild sei nicht zu entnehmen gewesen, dass die Straße durch einen Poller versperrt sein würde. Damit habe die beklagte Gemeinde in eklatanter Weise gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen.

(OLG Braunschweig, Urteil v. 17.12.2018, 11 U 54/18).

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Hintergrund:

Mit dem Begriff der Betriebsgefahr wurde ein weitreichender Ausnahmetatbestand von dem im deutschen Schadensrecht geltenden Verschuldensprinzip geschaffen. Grundgedanke dieses Haftungsbegriffs ist die Annahme, dass mit dem Betrieb bestimmter technischer Maschinen und Geräte wie Kraftfahrzeugen, Schienenbahnen, Luftfahrzeugen u.ä. eine besondere Gefahrenquelle für die Allgemeinheit oder für Einzelne geschaffen wird.

Nach § 7 STVG haftet der Fahrzeughalter im Falle eines Unfallereignisses allein deshalb, weil er durch das Halten eines Kfz eine Gefahrenquelle eröffnet. Wichtig: Bei mehreren an einem Unfall beteiligen Kfz haften hiernach sämtliche Kfz-Halter, nicht aber Fußgänger oder Fahrradfahrer.

Ausschluss der Halterhaftung

Das Gesetz lässt dem Kfz-Halter einen Ausweg aus der Haftung: War das Unfallereignis für den Fahrer unabwendbar oder beruhte es auf höherer Gewalt, ist die Ersatzpflicht gegenüber den weiteren Beteiligten ausgeschlossen, §§ 7 Abs. 2, 17 Abs. 3 StVG.

Außerdem ist die Haftung ausgeschlossen, wenn ein Dritter das Fahrzeug ohne Wissen und Wollen des Fahrzeughalters nutzt und dem Fahrzeughalter die unrechtmäßige Nutzung nicht vorgeworfen werden kann.  Für das Vorliegen dieser Umstände trägt der Halter allerdings die volle Beweislast. In der Praxis führt die Halterhaftung regelmäßig zu einer Aufteilung der Schadensersatzpflichten nach § 17 STVG. Die Höhe der jeweiligen Haftung bestimmt sich wesentlich nach den Verursachungsanteilen.

Wer z.B. einem anderen die Vorfahrt nimmt, haftet regelmäßig mit einer deutlich höheren Quote als der Unfallgegner. Gelingt diesem der Unabwendbarkeitsbeweis, so haftet der andere zu 100 %. 


Schlagworte zum Thema:  Haftung, Verkehrsunfall