Gewaltprävention – Umsetzung des „Aachener Modells“ im Gastgewerbe
Der Umgang mit Gästen und Kunden steht im Mittelpunkt der Arbeitsaufgaben in Hotellerie und Gastronomie. Gewalterfahrungen sind dabei keine Seltenheit und verlangen von den Beschäftigten eine intensive emotionale Aufarbeitung. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen sollte der Arbeitgeber daher das Thema Gewalt mit auf die Agenda nehmen und herausfinden, welche Gewalterfahrungen seine Beschäftigten bislang gemacht haben und wo im Betrieb weitere potenzielle Gewalterfahrungen für die Mitarbeitenden entstehen könnten. Die Maßnahmen zur Reduzierung von Belastungen sollten einerseits die Entstehung von Gewaltsituationen verhindern, aber auch den Beschäftigten beim Umgang mit gewaltbereiten Gästen und Kunden helfen und ihnen mehr Sicherheit in schwierigen Situationen geben.
Aachener Modell zur Gewaltprävention
In der Diskussion um Gewaltprävention liegt der Fokus insbesondere auf Extremereignissen wie Überfällen oder körperlicher Gewalt. Dies wird der Vielschichtigkeit des Phänomens aber nicht gerecht, für die es ganzheitlicher Lösungen bedarf. Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) hat aus diesem Grund zusammen mit der Polizei Aachen und der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen das „Aachener Modell“ zur Gewaltprävention entwickelt. Mit ihm kann für jeden Arbeitsbereich mit Gast- und Kundenkontakt eine Einschätzung der spezifischen Gefährdungslage vorgenommen werden. Daraus werden dann baulich-technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen zur Reduzierung der Gefährdung festgelegt. Wie das Aachener Modell in der Praxis umgesetzt werden kann, zeigt das Beispiel eines großen 5-Sterne-Hotels, in dem die Experten und Expertinnen der BGN im Rahmen eines Workshops zusammen mit dem Hotelmanagement einen Maßnahmenkatalog zur Gewaltprävention erstellten. Anlass waren zahlreiche Fälle sexueller Belästigung durch Hotelgäste.
Schutzmaßnahmen für Beschäftigte im Gastgewerbe
Welche Lösungen für das Problem wären praxistauglich? Das war die Kernfrage des Workshops. Es zeigte sich schnell, dass zu starre Regelungen für alle Beschäftigten, beispielsweise feste Zeitfenster für das Betreten der Gästezimmer, keinen Sinn machen, da dadurch die Kundenzufriedenheit zu sehr beeinträchtigt worden wäre. Daher, so das Ergebnis des Workshops, benötigen die Beschäftigten Handlungsspielraum und -sicherheit, um angemessen auf die jeweilige Situation reagieren zu können. Dazu müssten die Themen Gewalt und sexuelle Belästigung im Rahmen von Schulungen und Unterweisungen thematisiert werden und den Beschäftigten die Sicherheit gegeben werden, dass das Firmenmanagement sie vorbehaltlos unterstützt.
Es wurde ein Maßnahmenpaket geschnürt, welches unter anderem folgende Punkte umfasst:
- Kein weiterer Alkohol für alkoholisierte Gäste am Barausschank.
- Zusätzliche Security bei Großveranstaltungen.
- Einführung eines Notsignals/Alarmsystems für den Roomservice.
- In den Abend- und Nachtstunden gehen grundsätzlich 2 Beschäftigte gemeinsam in die Gästezimmer.
- An der Rezeption werden kritische Zahlvorgänge auf den Tag verlegt.
- Meldepflicht für alle Gewaltvorgänge bei der Geschäftsleitung.
- Erweiterung der Verhaltens- und Handlungsspielräume der Beschäftigten im Nachtservice.
- Schulungen in verbaler und physischer Deeskalation, darunter auch Notwehrtechniken.
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