Steuerfreier Abzugsbetrag beim Teileinkünfteverfahren
§ 6b Abs. 10 EstG ermöglicht die steuerfreie Übertragung stiller Reserven aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften oder bestimmten Wirtschaftsgütern in eine Rücklage. Am 10.5.2022 hat der BFH (BFH Beschluss vom 10.05.2022 - IV B 47/21) eine Nichtzulassungsbeschwerde zu der Frage, wie sich der Höchstbetrag von § 6b Abs. 10 EStG ermittelt, wenn die Veräußerung des Anteils an einer Kapitalgesellschaft dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, zurückgewiesen.
Welche Voraussetzungen gelten
Die Übertragung von stillen Reserven auf ein Ersatzwirtschaftsgut nach § 6b EStG hat zwar nicht die erhebliche Bedeutung wie früher, da der Anwendungsbereich der Norm beständig eingeschränkt wurde. Im Einzelfall ist die Regelung aber gleichwohl als eine interessante Bestimmung anzusehen, wenn
- Gebäude, Grund und Boden oder auch Anteile an Kapitalgesellschaften
- nach einer Haltezeit von sechs Jahren
veräußert werden. Bevor die Regelung in Anspruch genommen werden soll, sollte gleichwohl in jedem Einzelfall genau geprüft werden, ob die Voraussetzungen vorliegen und ob tatsächlich eine Ersatzbeschaffung erstrebt wird.
Für die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft sieht zudem § 6b Abs. 10 EStG bestimmte Sonderregelungen vor:
- Insbesondere kann diese Möglichkeit nicht durch Kapitalgesellschaften in Anspruch genommen werden und
- es gibt einen "Übertragungshöchstbetrag" von 500.000 EUR.
Da die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft im Regelfall dem Teileinkünfteverfahren unterliegt (= 60 % der Gewinne werden versteuert und 40 % sind steuerfrei) vertritt die herrschende Meinung die Ansicht, dieser Höchstbetrag sei um 40 % zu kürzen und betrage somit 300.000 EUR. Diese Auffassung, die zutreffend erscheint, hat der BFH bestätigt.
Sachverhalt: Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung
Der Kläger veräußerte die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Da die Voraussetzungen des § 6b Abs. 10 EStG offensichtlich vorlagen, übertrug er diesen Gewinn unter Anwendung der Bestimmung auf ein Ersatzwirtschaftsgut. Für den Veräußerungsgewinn fand hierbei das Teileinkünfteverfahren Anwendung. Strittig war, in welcher Höhe dies zulässig war. Das Finanzamt kürzte den vom Gesetz vorgesehen Höchstbetrag von 500.000 EUR um den steuerfreien Teil der Veräußerung und wandte diesen lediglich auf den nicht steuerbefreiten Teil der Veräußerung von 60 % an. Der Höchstbetrag war somit nach Ansicht des Finanzamts 300.0000 EUR. Gegen diese Rechtsauffassung wandte sich der Kläger erfolglos im Einspruchs- und Klageverfahren. Da das Finanzgericht Münster die Revision zum BFH nicht zuließ, erhob der Kläger eine Nichtzulassungsbeschwerde.
Urteil: Begrenzung des Abzugsbetrags auf 300.000 EUR
Auch diese hatte indes keinen Erfolg. Der BFH ließ also bereits die Revision nicht zu (BFH Urteil vom 10.05.2022 – IV B 47/21), da seiner Ansicht nach die Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die Rechtsfrage ist nämlich, so der BFH, offensichtlich so zu beantworten, wie dies durch das Finanzgericht geschehen ist. Diesem ist zuzustimmen, sodass der Abzugsbetrag nach § 6b Abs. 10 Satz 2 EStG auf 300.000 EUR zu begrenzen ist. Von dem Veräußerungsgewinn in Höhe von 597.000 EUR kann damit lediglich ein Betrag von 300.000 EUR abgezogen werden. Dies ergibt sich daraus, dass sich der Höchstbetrag von 500.000 EUR auf den Veräußerungsgewinn ohne eine Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bezieht. Diese Auffassung des Finanzgerichts wird auch von der Literatur nahezu einhellig geteilt.
Diese Informationen könnten Sie auch interessieren:
BMF-Schreiben: Rücklage für Ersatzbeschaffung – Übertragungsfrist verlängert
-
Welche Geschenke an Geschäftsfreunde abzugsfähig sind
7.799
-
Steuerfreie Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand
4.0258
-
Geschenke über 50 EUR (bis 31.12.2023: 35 EUR): Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug dennoch möglich
3.978
-
Verjährung von Forderungen 2024: 3-Jahresfrist im Blick behalten
3.732
-
Pauschalversteuerung von Geschenken
3.649
-
Bauleistungen nach § 13b UStG: Beispiele
3.648
-
Was sind keine Bauleistungen nach § 13b UStG?
2.936
-
Diese Leistungen bewirken den Wechsel der Steuerschuldnerschaft
2.936
-
Zuzahlungen des Arbeitnehmers bei privater Nutzung des Firmenwagens
2.7556
-
Aufwendungen für eine neue Einbauküche müssen abgeschrieben werden
2.719
-
Gültigkeit der Freistellungsbescheinigung für Bauleistungen prüfen
18.11.2024
-
Bildschirmbrille: Abzugsmöglichkeiten und Behandlung in der Buchhaltung
13.11.2024
-
Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen nur bei kompletter Zahlung
11.11.2024
-
Das Berufsrecht der selbstständigen (Bilanz-)Buchhalter
31.10.2024
-
Einspruch gegen Steuerbescheid: Fristen beachten
30.10.2024
-
Einführung der elektronischen Rechnung im Unternehmen
28.10.2024
-
Rechnungsstellung: Was die E-Rechnungen ausmacht
28.10.2024
-
Elektronische Rechnung: Betroffene Unternehmen und Übergangsfristen
28.10.2024
-
Verjährung von Forderungen 2024: 3-Jahresfrist im Blick behalten
24.10.2024
-
Mehr Flexibilität durch offene Leasingverträge
15.10.2024