Im englischsprachigen Ausland ist die Employee Experience (EX) schon lange kein HR Trend mehr – sondern auf allen HR Agenden zu finden. Schon 2020 belegte in der Studie von LinkedIn die Employee Experience mit 94% Zustimmung der Befragten Platz 1 der wichtigsten HR Trends. Employee Experience Manager:innen oder zumindest HR-Mitarbeiter:innen, die sich hauptverantwortlich um die EX kümmern, sucht man hierzulande vergeblich. Schade, denn das Thema gehört immer noch zur HR der Zukunft – und kann merklich helfen, bitter benötigte Talente langfristig zu binden und positive Impulse in Sachen Mitarbeiter- Engagement zu setzen. Mit direktem, sehr positivem Einfluss auf den ROI.
Kümmern sich HR und die Führungskräfte nicht seit jeher um das Wohlergehen und die Zufriedenheit der Belegschaft? Ja, aber nicht mit einem ganzheitlichen Blick auf das „Erlebnis Arbeit“ und vor allem nicht fokussiert auf die „Momente der Wahrheit“. Diese „Moments that matter“ (das Konzept ist angelehnt an die User und Customer Experience) erlauben es HR, ganz gezielt jene Momente ins Visier zu nehmen, wo ein positives Erlebnis der Mitarbeiter:innen eben den großen Unterschied macht! Und kann so in Sachen Mitarbeiterbindung und -engagement richtig viel bewegen! Es lohnt sich also, diesem Trend Beachtung zu schenken und die Employee Experience im eigenen Unternehmen genau unter die Lupe zu nehmen.
Die gute Nachricht ist: jedes Unternehmen hat bereits eine Employee Experience – wenn auch nicht immer eine gute… Wenn Sie sich darauf konzentrieren, die „Momente der Wahrheit“ in Ihrem Unternehmen gemeinsam mit Ihren Mitarbeiter:innen zu identifizieren, haben Sie schon die halbe Miete eingefahren. Das geht schnell und einfach über kurze Befragungen oder sog. „pulse checks“ – am besten immer gleich automatisiert an den Touchpoints mit HR, z.B..
Eine weitere interessante Möglichkeit: Sie starten einen Wettbewerb zur „HR der Zukunft“ und bitten die Mitarbeiter:innen jene top X Touchpoints zu melden, die ihnen in der Zusammenarbeit bei den HR Services besonders wichtig sind – und an denen sie sich Verbesserungen wünschen! Sie finden nicht nur schnell heraus, welche Themen Sie im Rahmen der „HR der Zukunft“ fokussieren sollten, sondern Sie identifizieren ganz nebenbei auch Mitarbeiter:innen in der Organisation, die zu bestimmten HR-Zukunfts-Themen Ideen haben.
Heute erwarten Mitarbeiter:innen, dass ihre Arbeitswelt der Welt, in der sie sich privat bewegen, ähnelt. Sie wollen selbstständig nach Informationen suchen, wann und wo immer sie diese benötigen, auf die gleiche Weise wie sie Google nutzen. Sie wollen, dass die Informationen personalisiert werden, so wie Netflix und Amazon maßgeschneiderte Empfehlungen geben. Diesen Trends der Privatwelt korrespondieren am Arbeitsplatz häufig nicht mit entsprechenden HR Trends.
In der Praxis sind HR Prozesse und Aufgaben oft mit langen Anlaufzeiten, mehreren Schritten und , ohne persönliche Note gestaltet - aus Employee- Experience-Perspektive sind diese Prozesse daher oft zeitaufwändig und schwerfällig.
Diese Lücke lässt sich mit digitalen Apps und Prozessen schließen. Beispielsweise unterstützt eine personalisierte Onboarding-App das Preboarding zwischen Vertragsabschluss und erstem Arbeitstag. Hier lassen sich gezielte Informationen an die Onboardees ausspielen, z. B. zur Unternehmenskultur oder zum Ankommen in einer neuen Stadt. Darüber hinaus begleitet die Onboarding-App die neuen Mitarbeitenden auch nach dem ersten Arbeitstag mit wichtigen Informationen zur Einarbeitung.
Aber auch Kontakte zum künftigen Team lassen sich schon digital vor dem eigentlichen Start knüpfen und damit die Vernetzung fördern.
Nach dem 1. Arbeitstag helfen Chatbots beim Ankommen, indem sie Fragen rund um den neuen Job in den verschiedensten Sprachen beantworten können, z. B. zu Urlaubsregelungen, Arbeitszeiten oder zur betrieblichen Altersvorsorge.
Auch im HR der Zukunft kann also diese Lücke – zwischen der Art und Weise, wie Menschen in ihrem persönlichen Leben Dinge erledigen (Trends der Privatwelt), und der, wie sie am Arbeitsplatz mit bzw. für HR Dinge erledigen (HR Trends) – mit digitalen Tools und Apps geschlossen werden.
HR muss, bzw. sollte die Arbeit nicht alleine machen! Die Employee Experience soll den Mitarbeiter:innen gefallen, nicht der Geschäftsführung oder HR! Holen Sie am besten Ihre Feedbackgeber:innen mit ins Boot und bilden Sie je Touchpoint der HR Services kleine Arbeitsgruppen, die Prozessoptimierungen für die HR der Zukunft erarbeiten. Das ist produktiv und macht allen Spaß, denn die Mitarbeiter:innen profitieren direkt davon. Netter Zusatzeffekt: Mit diesem Austausch zum HR Trend „Employee Experience“ wird die Kommunikation der Mitarbeiter:innen untereinander gefördert und die Unternehmenskultur geschärft und gestärkt.
Janika Bömers leitet das Content Lab der Haufe Group. Als Betriebswirtin, HR'lerin und Chefredakteurin entwickelt sie innovative Tools und Content zu HR-, Leadership und New Management Themen. Sie begeistert sich für nachhaltiges Talentmanagement, Onboarding, Content Marketing und Organisations- und Teamentwicklung.