Wenn in einem Unternehmen neue Software eingeführt wird, die Mitarbeiterdaten verarbeitet, muss der Betriebsrat involviert werden. Daher werden Personalabteilungen, die einen Chatbot einführen möchten, auch den Betriebsrat hinzuziehen müssen. Aber was für Informationen braucht der Betriebsrat und können Chatbots auch datenschutzkonform sein? Im folgenden Interview gibt Yvonne Ebert, Betriebsrätin bei Haufe, Antworten zu diesen Fragen.
Meity Mariani Herianto: Hallo Yvonne. Du hast eine sehr interessante Doppelrolle. Du bist einerseits Produktmanagerin für den HR Chatbot von Haufe und andererseits gehörst du zum Betriebsrat. Wie war das, als wir den HR Assistant auch für unsere eigenen Mitarbeiter eingeführt haben?
Yvonne Ebert: Ja, das war total spannend. Gerade, weil ich in dieser Doppelrolle bin. Generell ist die Doppelrolle für mich sehr befruchtend, weil es mir einfach die Möglichkeit gibt, verschiedene Perspektiven einzunehmen und die dann auch in die jeweils andere Rolle einzubringen. Als wir den HR Assistant auch bei uns intern eingeführt haben, da wusste ich natürlich schon genau, welche Wege wir gehen müssen. Es gibt bei uns einen Standardprozess für die Einführung von allen Softwareprodukten, die in der Haufe Group zum Einsatz kommen sollen. Und diesen Prozess sind wir auch mit unserem HR Assistant durchlaufen. Das heißt, wir haben den Antrag gestellt, dass wir das Produkt einführen möchten und sind dann einen IT- und Datenschutz Check durchlaufen mit dem Produkt. Unsere interne IT hat das Produkt noch mal einem intensiven Sicherheitstest unterzogen. Und natürlich haben wir im Rahmen dieses Checks auch den Betriebsrat einbezogen, sämtliche Informationen bereitgestellt und ich durfte an der Stelle im Betriebsrat einmal als Produktmanagerin auftreten und meinen Kollegen und Kolleginnen im Betriebsrat unser Produkt vorstellen.
Herianto: Du sagtest gerade, dass ihr einen Datenschutzcheck gemacht habt. Können Chatbots datenschutzkonform sein?
Ebert: Ja, absolut. Ich meine, Chatbots können auf jeden Fall datenschutzkonform sein. Weil bei der Bewertung “Ist er datenschutzkonform, oder nicht?” geht es ja ganz generell um die Bewertung, wie Daten gespeichert werden, wie sie erhoben und wie sie auch noch ausgewertet werden. Jetzt ist es natürlich für die Weiterentwicklung von Softwareprodukten immens wichtig, dass man Daten erhebt und dass man sie auch auswertet. Aber wenn man die Daten sensibel behandelt, in Deutschland oder in Europa hostet oder speichert und soweit möglich auch noch anonymisiert, dann ist definitiv eine datenschutzkonforme Einführung oder Nutzung eines Chatbots möglich. Beim Haufe HR Assistant gehen wir tatsächlich komplett anonym mit allen Anfragen an den Chatbot um. D.h. Mitarbeiter können den Chatbot komplett anonym nutzen. Wir haben dadurch, dass wir nutzerspezifische Informationen nirgends speichern, zu keiner Zeit die Möglichkeit, eine Anfrage, die von einem User gestellt wurde, einem speziellen Mitarbeiter zuzuordnen oder diesen zu identifizieren.
Herianto: Das heißt, ich kann eine Frage, die ich vielleicht sonst meiner Chefin oder der Personalabteilung nicht direkt stellen würde, einfach mal dem Chatbot stellen?
Ebert: Ja, ganz genau. Das ist tatsächlich auch meiner Meinung nach ein großer Vorteil. Also gerade bei sensiblen Themen, wenn es zum Beispiel um Mutterschutz geht, um Krankheiten oder um Reha, wenn ich das vielleicht noch nicht teilen oder zuerst mal vorab eine gewisse Wissensbasis mir aneignen möchte. Dann kann ich das definitiv über den Chatbot tun. Und wie zuvor erwähnt, es gibt beim HR Assistant keinerlei Möglichkeit von einer Anfrage an den Bot Rückschlüsse auf den konkreten Mitarbeiter zu ziehen und zu identifizieren, wer die Frage gestellt hat.
Herianto: Als du dann dem Betriebsrat den Chatbot vorgestellt hast, was wollten die Betriebsräte wissen?
Ebert: Als Betriebsrat ist man ja die Mitarbeitervertretung im Unternehmen. Das heißt, als Betriebsrat versuche ich immer die Perspektive und den Standpunkt der Mitarbeiter einzunehmen, um die verschiedenen Interessen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Unternehmen bestmöglich zu vertreten und einzubringen.
Das heißt, es geht natürlich in der Regel um Datenschutz. Welche Daten werden erhoben, wie werden die gespeichert? Sind die Daten abgesichert, wenn ich die Applikation benutze?
Und als Betriebsrätin geht es mir - und ich schätze auch vielen meiner Kollegen - ganz essenziell auch darum, dass bei der Erhebung und vor allem auch bei der Auswertung der entstandenen Daten keine Nachteile für den einzelnen Mitarbeiter entstehen.
Also, dass ich eben zum Beispiel nicht herausfinden kann, dass sich Yvonne Ebert gerade für das Thema Elternzeit interessiert oder für das Thema Mutterschutz. Und sie dadurch möglicherweise dann nicht für eine neue Rolle in Betracht gezogen wird. Genau das ist beim HR Assistant nicht möglich. Das ist eines der Themen, die viele Betriebsräte auf dem Schirm haben.
Neben dem Schutz der Mitarbeiter sind mir bei der Einführung des HR Assistants bisher keine weiteren Fragen oder Bedenken begegnet oder vonseiten unserer Kunden an mich herangetragen worden.
Herianto: Dann ist das ja gar nicht so viel, was man da klären muss. Ab wann sollte man den Betriebsrat einbeziehen?
Ebert: Also die fachliche Entscheidung, ob ein Produkt sinnvoll ist und eingeführt werden sollte, obliegt natürlich auch weiterhin der Fachabteilung, wie immer. Dennoch, wie zuvor erwähnt, muss der Betriebsrat im Sinne seiner Rolle als Mitarbeitervertretung diverse Dinge prüfen. Und da macht es aus meiner Erfahrung tatsächlich Sinn, frühzeitig den Betriebsrat einzubeziehen.
Ich würde empfehlen, schon vor der finalen Kaufentscheidung, also vor tatsächlicher Unterschrift, den Betriebsrat einzubeziehen, ihm einfach die notwendigen Unterlagen, die man oft auch im Prozess erhält, bereitzustellen. So hat man dann auch noch die Möglichkeit, Rückfragen vom Betriebsrat beim Anbieter zu stellen oder Unterlagen anzufordern.
Herianto: Gibt es Best Practices, die du aus der Zusammenarbeit mit den Kunden weitergeben kannst?
Ja, ich habe natürlich in meiner Rolle als Projektmanagerin dann auch Feedback von Kunden bekommen, von Betriebsräten unserer Kunden oder potenziellen Kunden und war da auch in dem ein oder anderen Gespräch involviert. Die Fragen, die dort gestellt wurden, waren ähnlich wie die, die ich jetzt schon erläutert habe. Betriebsräten ist es generell einfach ein Anliegen, involviert zu sein, informiert zu sein, wenn so eine Software eingeführt wird.
Und deswegen kann ich nur dafür plädieren, Betriebsräte im Zweifelsfall mal einfach in die Meetings mit dem Haufe Projektteam einzuladen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Fragen direkt in den Meetings zustellen. Es hilft auch meistens an der Stelle einfach mal die Möglichkeit zu geben, ins Produkt hineinzusehen. Also, wie sieht die Software tatsächlich aus? Was gibt es da für Auswertungsmöglichkeiten, was gibt es da für Menüpunkte? Diese Fragen sind dann plötzlich nicht mehr so abstrakt und können leichter bewertet werden.
Meity Mariani Herianto verfolgte eine Karriere als Opernsängerin bevor sie sich entschied in die Software-Branche zu wechseln. Nach ihrem Studium des Kultur- und Medienmanagements, lernte sie in einem Chatbot-Start-Up die Technologie von allen Seiten kennen und entwickelte und bewertete für zahlreiche Branchen und Industrien Chatbot Use Cases und Anwendungsmöglichkeiten. Als Autorin und Referentin, kümmert sich die Chatbot Expertin nun um den Haufe HR Assistant. Sie begeistert sich für die Produktentwicklung neuer Technologien und spannende Innovationen.