Zensus 2022: Die Mehrheit der Superalten wohnt zu Hause

Die Zahl der mindestens Hundertjährigen in Deutschland ist innerhalb von elf Jahren um 25 Prozent gestiegen. Die Mehrheit davon lebt in der eigenen Wohnung. Der Bedarf an barrierefreien Wohnungen wird deutlich steigen.

In Deutschland lebten zum Stichtag 15.5.2022 knapp 16.800 mindestens Hundertjährige, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach neuesten Auswertungen des Zensus 2022 mitteilt. Das ist ein Plus von 25 Prozent gegenüber dem Zensus 2011 mit rund 13.400 Menschen in der Altersgruppe 100plus.

Bedarf an barrierefreien Wohnungen wächst

Von den Hundertjährigen lebten in der aktuellen Zählung rund 9.800 (59 Prozent) in privaten Haushalten, das sind plus zehn Prozentpunkte gegenüber 2011. Knapp die Hälfte (46 Prozent) davon wohnte im selbst genutzten Eigentum, 54 Prozent in Mietwohnungen – meistens (67 Prozent) in Singlehaushalten (6.600 Personen). Rund 1.500 Personen lebten in Zweipersonenhaushalten (16 Prozent), die Restlichen in Drei- und Mehrpersonenhaushalten.

42 Prozent (7.000 Personen) waren den Statistikern zufolge in Gemeinschaftsunterkünften, wie Alten- und Pflegeheimen, untergebracht. Diese Zahl ist gegenüber 2011 nahezu unverändert.

Wohnen im Alter: Großstadt klar bevorzugt

Mehr als ein Drittel der mindestens Hundertjährigen lebte laut der Behörde zum Stichtag 15.5.2022 in Großstädten. Würzburg war mit 4,6 Personen je 10.000 Einwohner unter den kreisfreien Städten in Deutschland die Stadt mit dem höchsten Anteil an Menschen mit einem Alter von 100 Jahren oder mehr.

Die Superalten wohnten demnach vorwiegend (90 Prozent) in Städten ab 5.000 Einwohnern. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) lebte in Großstädten mit einer Bevölkerung ab 100.000 – das sind vier Prozentpunkte mehr als die Gesamtbevölkerung. 29 Prozent hatten ihr Zuhause in Städten mit 20.000 bis 100.000 und 26 Prozent in Kleinstädten mit 5.000 bis 20.000 Einwohnern. Auf dem Land, das heißt in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern, waren zehn Prozent der Altersgruppe 100plus wohnhaft, während 14 Prozent der gesamten Bevölkerung dort lebten.

IW-Studie: Zwei Millionen Wohnungen fehlen bis 2040

Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln von September 2023 hat auf Basis von Mikrozensus-Daten, die jährlich erscheinen, ausgerechnet, wie sich die Versorgungslage mit barrierereduzierten Wohnungen entwickelt.

Im Jahr 2022 gab es demnach mehr als drei Millionen Haushalte, in denen mobilitätseingeschränkte Menschen wohnten. Bis zum Jahr 2035 dürfte diese Gruppe nach IW-Schätzungen auf 3,7 Millionen Haushalte anwachsen.

Die Zahl der barrierereduzierten oder barrierefreien Wohnungen ohne Stufen und mit ebenerdigen Duschen lag 2022 bei 1,2 Millionen. Für das Jahr 2040 wird eine Versorgungslücke von etwa zwei Millionen Wohnungen erwartet.

Weil die oft großzügig geschnittenen barrierearmen Wohnungen auch für alle anderen Haushalte attraktiv sind, konkurrieren nicht nur mobilitätseingeschränkte Personengruppen um den knappen Wohnraum. Mit dem demografischen Wandel werde sich die Entwicklung ab dem Jahr 2025 beschleunigen, sagte IW-Immobilienexperte Philipp Deschermeier. "Die Bundesregierung muss den altersgerechten Umbau und den Neubau viel stärker fördern und erleichtern."

IW-Trends "Altersgerechter Wohnraum" (PDF)

Deutschland altert schneller als barrierefrei gebaut wird

Auch nach Angaben der Bundesregierung werden bis zum Jahr 2035 zwei Millionen Wohnungen für Senioren fehlen. Knapp 22 Millionen Deutsche (26 Prozent) werden dann älter als 65 Jahre sein.

Die Nachfrage nach Zuschüssen aus dem Förderprogramm der staatlichen KfW-Bank zum altersgerechten Umbau ist seit Jahren hoch. Der Programmansatz für altersgerechtes Umbauen von Wohnungen wurde im Etat 2024 von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) von 75 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro verdoppelt.

Pestel-Institut: 50 Milliarden Euro Förderung nötig

Laut einer Studie des Pestel-Instituts von 2019 im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) werden ab 2035 rund 24 Millionen Menschen in Deutschland zur Altersgruppe "65plus" gehören – für den altersgerechten Umbau und die Modernisierung bis 2030 veranschlagten die Forscher rund 50 Milliarden Euro an Investitionen. Mindestens 500 Millionen Euro jährlich seien erforderlich. Es koste im Schnitt rund 16.000 Euro, eine Wohnung barrierearm umzubauen.

Die staatliche KfW-Bank und die Bundesregierung versuchen seit 2009 mit dem Förderprogramm "Altersgerecht Umbauen" Investitionsanreize zu setzen. Zu den typischen Modernisierungsmaßnahmen zählen der Einbau einer bodengleichen Dusche, das Entfernen von Türschwellen oder der Einbau von Aufzügen.

Förderung "Barriere­reduzierung – Investitions­zuschuss" (KfW-Programm 455-B)

BMWK-Ratgeber für WEGs "Energetisch und altersgerecht sanieren" (Download)


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dpa