Bauen für ältere Mieter: Wohnungswirtschaft braucht Anreize
Mit der steigenden Zahl älterer Menschen braucht es mehr bezahlbare, altersgerechte Wohnungen. Viele Wohnungsunternehmen setzen sich zwar mit den Themen barrierefreies Wohnen und Service-Wohnen für Senioren auseinander, aber noch nicht ausreichend viele entwickeln auch Strategien für das Wohnen im Alter. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom deutschen Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) geförderte Studie, die in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität (TU) Berlin, der Zimraum GmbH und dem Swiss Real Estate Institute entstanden ist.
Die Forschungsarbeit wurde mit Mitteln der Zukunft-Bau-Forschungsförderung des BBSR im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) gefördert.
Wohnungsmarkt: Die Nachfrage entscheidet über die Strategie
Die Forscher befragten Wohnungsunternehmen in Deutschland und der Schweiz und werteten Praxisbeispiele aus. Demzufolge werden bisher zu wenig Strategien zur Versorgung älterer Menschen mit altersgerechtem Wohnraum entwickelt. Der Grund: Auf Märkten mit einer großen Nachfrage werden Wohnungen schnell vermietet. Ältere Menschen sind keine wichtige Zielgruppe.
Anreize ergeben sich der Studie zufolge, wenn die Märkte von geringer Nachfrage geprägt sind, wenn Nachhaltigkeitsfonds Auflagen zu Themen wie gefördertem Wohnungsbau oder Quartiersversorgung machen oder wenn die Verantwortlichen in den Unternehmen sowieso den Willen haben, eine Strategie zum Wohnen im Alter umzusetzen.
Die Wohnungswirtschaft zählt den demografischen Wandel seit Jahren zu den Megatrends, die die Branche beeinflussen: Selbst von den 85- bis 90-Jährigen lebt nur etwa jede zehnte Person in einer Pflegeinstitution. Mit der geburtenstarken Generation der Babyboomer und den besseren Möglichkeiten, in den eigenen vier Wänden zu bleiben, wird die Zahl der älteren Mieter steigen.
Kommunikation und Kooperation: Hilfe für die Wohnungswirtschaft
Ein zentraler Hebel, damit die Versorgung mit altersgerechten Wohnungen gelingt, ist nach Meinung der Wissenschaftler eine Verzahnung von Handlungsfeldern: Unternehmen sollten Mieter für das Wohnen im Alter sensibilisieren, ein passendes Wohnungsangebot vorhalten, es mit Blick auf ältere Menschen vermarkten und diese gezielt bei der Vermietung berücksichtigen.
Mit der Bereitstellung von Ansprechpartnern verbessert die Wohnungswirtschaft die Kommunikation mit älteren Menschen und kann deren Anliegen besser berücksichtigen. Bei vielen Aufgaben können Dienstleister und Kooperationspartner unterstützen – etwa bei sozialen Angeboten im Quartier.
Ältere Menschen stellen tendenziell höhere Anforderungen an Vermietungsprozesse als jüngere Generationen. Nur wenn diese erfüllt sind, ziehen ältere Menschen von Familienwohnungen in kleinere Wohnungen um. Solche Themen werden in der Forschung diskutiert, erfolgreiche Handlungsansätze sind in der Branche allerdings noch wenig etabliert. Auch hier knüpft die Forschungsstudie an und vertieft die Fragestellung, wie altersspezifische Anforderungen an die Vermietung und das Mietermanagement in die unterschiedlichen Bereiche der Wohnungswirtschaft integriert werden können.
Handlungsfelder und Empfehlungen: Anreiz zum Handeln
Die Studie identifiziert insgesamt elf Handlungsfelder, auf denen Wohnungsunternehmen aktiv werden können und leitet aus Praxisbeispielen Empfehlungen für die Umsetzung ab.
Als größte Herausforderung benennt die Studie die Verteilung von bezahlbaren Wohnungen an ältere Menschen mit kleinem Geldbeutel. Das gelingt auf stark nachgefragten Wohnungsmärkten nur, wenn das Vermietungsmanagement explizit beauftragt wird, die Zielgruppe anzusprechen und bei der Vermietung zu bevorzugen – weil sie eine Strategie für das Wohnen im Alter haben, eigenes Engagement sichtbar machen wollen oder Vorgaben von Kommunen zur Belegung von Wohnungen umsetzen. Auch Runde Tische können einen Anreiz zum Handeln bieten. Der Datenschutz und der Grundsatz einer diskriminierungsfreien Vermietung wirken für die Ansprache und Identifikation der Zielgruppe im Bewerbungsprozess allerdings oft als Hemmnis.
Die Studie zeigt auch, dass vor dem Hintergrund geringer Anreize und drängender Themen wie der steigenden Baukosten oder teurer Immobilienfinanzierungen ein zielgruppenorientiertes Vorgehen besonders zielführend ist. Maßnahmen können sich etwa an besonders bedürftige Mieter richten, wo der Bedarf am größten und die Wirkung unmittelbar ist.
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