Gegen Notverkäufe: Bafin lockert Immobilienquote für Anleger
Damit regulierte Anleger nicht zu BaFin-bedingten Notverkäufen gezwungen sind, haben die Finanzaufseher die Beschränkung der Immobilienquote für unbestimmte Zeit gestrichen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wird nicht beanstanden, wenn regulierte Anleger die Immobilienquote – derzeit sind das 25 Prozent des Sicherungsvermögens – gemäß § 3 Abs. 5 Anlageverordnung (AnlV) überschreiten.
Das ist eine Erleichterung für die angesprochene Gruppe der Pensionskassen, Sterbekassen und kleine Versicherungsunternehmen. Konkret heißt das, dass Immobilienanteile derzeit nicht verkauft werden müssen, sollte die Quote überschritten sein. Allerdings dürfen auch keine keine Neuanlagen in Immobilien getätigt werden.
Die Aktienquote institutioneller Investoren hatte sich im Zuge der Coronakrise in den vergangenen Wochen deutlich verringert, die Quote anderer institutioneller Kapitalanlagen wiederum signifikant erhöht. Vor allem die Immobilienquote steigt der Real Exchange AG (REAX) zufolge weiter an. Sie lag nach Angaben von Ernst & Young (EY) im Jahr 2019 bei den Versicherungen bei rund zehn Prozent – schon damals gaben laut EY 70 Prozent der Versicherer an, ihre Immobilienbestände weiter ausbauen zu wollen – und laut Bundesbank im Depot A-Geschäft (eigenes Wertpapierdepot) der Sparkassen bei mehr als fünf Prozent.
Bereits vor Beginn der Corona-Pandemie hätten zahlreiche institutionelle Anleger die zulässige Obergrenze "touchiert", erklärt Prof. Dr. Matthias Thomas, Senior Director Institutional Sales der REAX. Sie seien in hohem Maße von den Lockerungen bei der Immobilienquote betroffen.
Experten-Tipp: Immobilien-Beteiligungen zeitnah über den Sekundärmarkt verkaufen
Aus dem Absturz der Aktienmärkte in den vergangenen Wochen könnte eine Überallokation von Immobilien resultieren. Die Real Exchange AG (REAX) modelliert das Beispiel eines Versorgungswerks mit einer Anleihequote von 45 Prozent, einer Aktienquote von 20 Prozent sowie einer Immobilienquote von 25 Prozent – gehen nun gleichzeitig Aktien- und Anleihekurse um 30 Prozent zurück, schnellt die Immobilienquote in diesem Fall plötzlich von 25 auf etwa 31 Prozent in die Höhe – mit regulatorischen Auswirkungen. Im "Worst Case" unterstellen die REAX-Experten, dass sich kurzfristig Aktienmarkt und Anleihemarkt gleichförmig verhalten. Eine gegenläufige Bewegung samt Nutzung von Diversifikationseffekten ist dann ausgeschlossen.
Hier wären Investoren laut REAX gut beraten, trotz der Erleichterungen der Bafin zeitnah zu handeln und ihre Anteile an nicht-börsennotierten Immobilienfonds am Sekundärmarkt zu verkaufen. Mögliche Käufer sind institutionelle Investoren, die beispielsweise Anteile bereits etablierter Fonds zur schnelleren Umsetzung ihrer Anlagestrategie erwerben wollen, führt Reax-Vorstand Böhnke aus: "Die im Regelfall langwierige Rückgabe von Anteilscheinen an die Fondsgesellschaft impliziert Preis- und Liquiditätsrisiken für den Investor. Durch einen spezialisierten Dienstleister als Mittler zwischen Verkäufer und Käufer kann eine derartige Transaktion im diskreten Rahmen schnell und kostengünstig durchgeführt werden".
"Die Bafin hat mit der Aufhebung der Anlagegrenzen angesichts der massiven Dax-Abstürze klug und umsichtig gehandelt. Doch regulierte Anleger wie Lebensversicherungen oder Versorgungswerke mit ihrer bislang maximal zulässigen Immobilienquote von 25 Prozent dürfen nicht von einer langfristigen Regelung ausgehen", kommentiert REAX-Vorstand Heiko Böhnke die Aufhebung der Immobilienquote durch die Finanzaufsicht.
Die Anlageverordnung
Die Novelle der Anlageverordnung (AnlV) ist am 7.3.2015 in Kraft getreten und regelt die Anlagegrundsätze von Versicherungsunternehmen. Bis zu 25 Prozent des gebundenen Vermögens dürfen in Immobilien investiert werden – direkt und indirekt. Gekauft werden dürfen weiterhin offene und geschlossene Immobilien-Spezialfonds und geschlossene Publikumsfonds, offene Publikumsfonds sind ausgeschlossen.
Seit 2016 gilt die AnIV nur noch für kleinere Versicherungsunternehmen, Pensionskassen, Pensionsfonds und viele Versorgungswerke, aber nicht mehr für große Versicherungsunternehmen, da sie die den Vorgaben von "Solvency II" unterliegen.
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