Bezahlbares Wohnen als Grundrecht im Grundgesetz?

Das Grundrecht auf Wohnen ist wieder im Gespräch. Die Linken-Fraktion im Bundestag hat jetzt den Entwurf für ein Gesetz vorgelegt, das es möglich machen soll, bezahlbaren Wohnraum einzuklagen und Zwangsräumungen weitgehend einzuschränken.

"Der Staat solle verfassungsrechtlich zu weitergehenden Maßnahmen und Instrumenten zur Lösung des sozialen Wohnraumproblems ermächtigt werden", heißt es in dem Entwurf eines Gesetzes "zur Änderung des Grundgesetzes – Grundrecht auf Wohnen". Er sieht die Schaffung eines Artikel 14a im Grundgesetz vor.

Zur Verwirklichung des Rechts auf Wohnen sollen weitergehende Eingriffe als bisher bereits möglich in den Wohnmarkt gerechtfertigt sein. Wie es weiter in dem Entwurf heißt, soll das Recht auf Wohnen insbesondere auch der Verdrängung Einhalt gebieten. Zwangsräumungen sollen weitestgehend eingeschränkt werden. Damit geht die Fraktion "Die Linke" noch einmal deutlich weiter als frühere Forderungen.

Wohnen als Existenzfrage

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete bezahlbares Wohnen im Juni 2019 vor dem Städtetag als Existenzfrage nicht nur für jeden Einzelnen, sondern auch für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Es brauche Mieten "auch um die sechs Euro statt nur jenseits der 16 Euro pro Quadratmeter". Damals sprach sich auch der Mieterbund für ein Grundrecht auf bezahlbares Wohnen im Grundgesetz aus. Zustimmung kam von den Grünen im Bundestag: "Wir fordern eine Wohngarantie, damit ein weiteres Explodieren der Mietkosten verhindert wird", sagte Chris Kühn, Sprecher für Wohnungspolitik.

Grundrecht auf bezahlbares Wohnen

"Ein derartiges Grundrecht würde den Wertecharakter unserer Verfassung verstärken und den Sozialstaatsgedanken verdeutlichen", meint Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips. Auch er plädierte für eine Erweiterung der Verfassung um einen Artikel 14a und ein Grundrecht auf "angemessenes und bezahlbares Wohnen", wie es jetzt von den Linken im Gesetzentwurf festgehalten ist. Anders als in einer Reihe von Landesverfassungen sei das Recht auf Wohnen im Grundgesetz nicht ausdrücklich genannt.

Hohe Hürden für Grundgesetz-Änderung

Aus Sicht der Union löst eine Grundgesetzänderung die Wohnungsnot nicht. Der Mieterbund betreibe "Symbolpolitik", sagte Kai Wegner, baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die Bundesregierung habe ein umfangreiches Maßnahmenpaket für den Wohnungsmarkt schon beschlossen, inklusive Änderungen des Mietrechts.

Für eine Grundgesetzänderung gibt es zudem hohe Hürden. Einem neuen Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum müssten Bundesrat und Bundestag mit einer Mehrheit von je zwei Dritteln zustimmen. Das wäre nur bei einem breiten Parteienbündnis denkbar, das sich bei dieser grundlegenden Frage einigen müsste. Wie das Recht auf bezahlbares Wohnen dann in der Praxis durchgesetzt werden könnte, vor allem in den Städten, in denen es nicht genug Wohnungen gibt, wäre das nächste Problem.

Wohnungswirtschaft: Maßnahmen für Wohnungsbau statt "ideologischer Debatten"

In der Debatte um bezahlbaren Wohnraum sind die Wellen im vergangenen Jahr hochgeschlagen. Es wurde in vielen deutschen Städten gegen hohe Mieten und Wohnungsnot demonstriert, ausgelöst durch eine Berliner Bürgerinitiative, die ein Volksbegehren anstrebt, um Wohnungskonzerne zu enteignen. In Berlin haben die Linken dann zum Jahresende auch noch den sogenannten "Mietendeckel" in den Senat eingebracht.

Von der Wohnungswirtschaft kam viel Kritik. Statt "ideologischer Debatten" benötige man Maßnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum, dazu gehörten "schnellere Grundstücksvergaben und Genehmigungsverfahren", erklärte der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.

dpa

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