ESG im Asset Management: "Do it or die?"
Frau Schneider, das Thema ist nicht neu, auch Asset Manager müssen sich mit ESG (Environment, Social und Governance)-Kriterien auseinandersetzen: "do it or die"?
Benita Schneider: Fakt ist, dass Immobilien einen großen Part beim CO2-Ausstoß ausmachen. Deswegen beschäftigen wir uns bei der DWS auch im Immobilienfondsbereich schon seit mehreren Jahren mit dem Thema ESG. Was nichts anderes bedeutet, als dass wir als Investor bemüht sind, die CO2-Emissionen unserer Immobilien zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern. ESG im Gesamtkontext ist für uns aber auch ein Risiko, das wir bewerten und mit dem wir umgehen müssen.
Was sind das für Risiken?
Drei ESG-Risiken sind für uns dominant, damit müssen wir uns beschäftigen: "carbon transition risks", "physical climate risks" und "social norms risks".
Beim "carbon transition risk" geht es darum, dass wir uns mit Veränderungen auseinandersetzen müssen, die damit einhergehen, dass sich die Gesellschaft auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft umstellt. Das wird auch Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft und folglich das Immobilien Asset Management haben. Praktisches Beispiel: Die Ölheizung wird abgeschafft, also brauchen wir alternative Energieträger. Oder was passiert, wenn sämtliche fossilen Energieträger wegfallen – die Umstellung beeinflusst die Nebenkosten und die Bewirtschaftungskosten.
Beim "physikal climate risk" haben wir klassischerweise die direkten Auswirkungen des Klimawandels zu managen. Das heißt konkret: Stürme, Hochwasser, Erdbeben, und so weiter. Hier können wir nur bedingt eingreifen, Immobilien haben nun einmal ihren festen Standort – man könnte eine Flutmauer bauen oder Ähnliches, oder die Entscheidung treffen, dass sich ein Investment gar nicht erst lohnt oder die betreffende Immobilie aus dem Fonds verkauft wird, weil das Risiko der Lage zu groß ist.
Die "social norms risks" sind das "weichste" Risiko – schwer messbar und am schwierigsten zu handhaben. Es geht darum, dass sich die Anforderungen im Rahmen der Entwicklung hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft verändern. Unternehmen als Büromieter erwarten von uns als Vermietern, dass wir einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, dass ESG-Kriterien erfüllt werden, dass wir uns sozial engagieren, oder dass wir etwas für die Gesundheit der Mieter tun.
Wie lassen sich die ESG-Kriterien umsetzen?
Uns ist es bei der Umsetzung der ESG-Kriterien wichtig, dass wir uns um mehr als um die Reduzierung des CO2-Ausstoßes kümmern. Wir haben verschiedene Projekte gestartet, um das Thema "CO2" anzugehen: Wir kaufen zum Beispiel "grüne" Energie ein für die Allgemeinflächen unserer europäischen Immobilien.
Wir setzen eine Technologie ein, die anhand von Künstlicher Intelligenz die Gebäudeleitsysteme ausliest, ineffizienten Betrieb erkennt und Hinweise gibt, wie das Gebäudeleitsystem programmiert werden kann, damit der Energieverbrauch reduziert wird, wodurch Mieter wiederum Nebenkosten sparen können. Wo weniger verbraucht wird, entsteht außerdem weniger CO2, werden also die Kohlenstoff-Emissionen reduziert.
Gleichzeitig gehen wir das Thema "Gesundheit" an. Wir haben etwa in relevanten Büroimmobilien Luftfilter in den Aufzügen installiert. Hier wird innerhalb von wenigen Sekunden mittels Plasmatechnologie die Luft in den Aufzügen nicht nur sauber und frei von Viren und Bakterien, sondern Aufzüge können mit der gleichen Kapazität genutzt werden wie vor Corona – damit erreichen wir gleichzeitig eine Effizienzsteigerung. Ein ähnliches Projekt haben wir für die Allgemeinflächen unserer Immobilien bereits in der Pipeline: Hier wird ebenfalls mittels moderner Technologie und Künstlicher Intelligenz die Luftqualität gemessen und dafür gesorgt, dass die Luftqualität in den Büros nicht unter Soll-Niveau fällt, sondern für die Mieter immer von gleichbleibender Qualität ist.
Welche Bedeutung hat ESG etwa in der Due-Diligence?
Die Einbindung von Mietern in Maßnahmen zu mehr Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema. Wir als Eigentümer beeinflussen nur etwa 20 Prozent der Immobilien – eben die Allgemeinfläche. Für den Rest des Gebäudes ist der Mieter für seinen Energieeinkauf und -verbrauch selbst verantwortlich.
Wir sind darauf angewiesen, dass wir gut mit dem Mieter zusammenarbeiten können, dass etwa die Verbrauchsdaten mit uns geteilt werden, damit wir die Energieeffizienz des Gesamtgebäudes optimieren können. Datenschutzrechtlich haben wir keinen Zugriff auf die Daten der Mieter, brauchen sie aber für eine ganzheitliche Optimierung der Immobilien. Daten sind das neue "Gold", auch im ESG-Bereich.
Wir sind als Eigentümer auch davon abhängig, dass der Mieter bereit ist, nachhaltige oder erneuerbare Energien einzukaufen oder bei anderen nachhaltigen Maßnahmen aktiv mitmacht. Dafür können wir sogenannte "green leases" aufsetzen, also auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Mietverträge, in denen festgehalten wird, dass sich der Mieter zum Beispiel an entsprechenden Projekten beteiligt.
Im Transaktionsprozess merken wir jetzt schon, dass häufiger gefragt wird: "Welche Zertifizierung hat das Gebäude?", "Wo liegen die ESG-Risiken bei dieser Immobilie?" Das beurteilen wir in unserer ESG-Strategie über eine ESG-Due-Diligence und prüfen diese Faktoren – die fließen dann in das Risikoprofil der Immobilien ein, damit entschieden werden kann, ob investiert werden soll oder nicht.
Und wer soll das alles bezahlen?
Wir sehen unsere Verantwortung und verfolgen das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu sein, aber die Kosten sind bisher hauptsächlich aufseiten der Immobilienfonds, der Eigentümer, wenn auch zum Teil über die Nebenkosten auf die Mieter umlagefähig. Die Frage, die wir uns stellen, ist: Wenn nun künftig Unternehmen, also unsere Mieter, immer höhere Ansprüche stellen, dass eine Immobilie klimaneutral wird, sind sie dann auch dazu bereit, künftig eine höhere Miete zu zahlen?
Es sollte nicht nur eine Bereitschaft über die "green leases" entstehen, die CO2-Reduzierung gemeinsam anzugehen und gemeinsam einen nachhaltigen Zweck zu verfolgen, sondern dass honoriert wird, wenn der Vermieter einen guten Job macht, Wärmepumpen einbaut, "grüne" Energie einkauft, das Gebäudeleitsystem aktiv managt.
Damit verbunden ist die Frage, die sicher nicht nur uns als Investor umtreibt: Wird die Nachhaltigkeit eines Gebäudes in die Mietentscheidung nur insofern einfließen, als dass Unternehmen sich künftig weigern, Büros zu mieten, die nicht nachhaltig betrieben werden– oder sind auch die Mieter bereit, für die Nachhaltigkeit der Immobilien einen eigenen Beitrag zu leisten und wird sich das im Mietpreisniveau widerspiegeln.
Expo Real Forum Halle C1, Stand 340 Benita Schneider, DWS, Doris Pittlinger, Invesco Real Estate, Andreas Wuermeling, pbb Deutsche Pfandbriefbank Moderation: Philipp Otto, Chefredakteur "Immobilien & Finanzierung", Frankfurt am Main |
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