Schwarzbuch: Mit Immobilien-Flops Steuergeld im Klo versenkt

Eine informationslose Wohnungsbau-Kampagne, die verkorkste Abwahl einer Stadtbaurätin, eine öffentliche Toilette zum Rohbau saniert, Schrottimmobilien zum Wucherpreis –100 Fälle mit teuren Folgen für die Steuerzahler gibt es jedes Jahr im Schwarzbuch zu lesen, darunter einige Immobilien-Flops.

Die Liste der verschwenderischen Projekte in Bund, Land und Kommunen erscheint einmal pro Jahr. Im Schwarzbuch 2024/25 hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) erneut die 100 kostspieligsten und skurrilsten Fälle aufgenommen.

Auch Projekte, die im engeren und weiteren Sinn mit Immobilien zu haben, werden regelmäßig veröffentlicht. Eine Auswahl.

BMWSB-Kampagne: Inhaltslos für 540.000 Euro?

In der Kritik des Steuerzahlerbundes steht in diesem Jahr unter anderem in die Kampagne "Sozialer Wohnungsbau" des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) für 540.000 Euro Steuerzahlergeld. Geplant sind Anzeigen in Zeitungen, auf Social-Media-Plattformen und Internetseiten. Aussagekräftig sind die Anzeigen laut BdSt nicht. Neben inhaltslosen Parolen stünden die wichtigen Informationen des bunten Plakats nur im Kleingedruckten.

Während also die Bundesregierung viel Steuergeld für eine groß angelegte Werbekampagne verschwende, bleibe der gewünschte Effekt, also der Bau neuer Sozialwohnungen, weit hinter den Erwartungen zurück. "So wird diese Kampagne eine reine Imagepflege – und trägt nicht zur Lösung der Wohnungsproblematik bei", heißt es im Schwarzbuch.

Abwahl einer Stadtbaurätin kostet Hundertausende

Die als "Wahlbeamtenstelle" (Besoldung B3) geführte Position einer Stadtbaurätin in Aurich (Niedersachsen) war im Juli 2021 eingerichtet worden. Die achtjährige Wahlperiode begann zum 1.1.2022. Fachlich soll die Stadtbaurätin überzeugt haben, Probleme gab es "im zwischenmenschlichen Bereich" und bei der Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung, heißt es im Schwarzbuch 2024/25. Vor einem klärenden Gespräch im Frühjahr 2023 meldete sich die Stadtbaurätin im April 2023 krank. Nach elf Monaten Abwesenheit wählte der Stadtrat die Stadtbaurätin im März 2024 ab.

Für den Monat der Abwahl und drei Folgemonate erhält die Abgewählte weiterhin das volle Amtsgehalt (zirka 8.800 Euro monatlich). Anschließend hat sie knapp fünf Jahre lang Anspruch auf 71,75 Prozent der bisherigen Bezüge (zirka 6.300 Euro monatlich). Bis Juli 2029 also nochmals rund 360.000 Euro. Anschließend steht der ehemaligen Stadtbaurätin ein lebenslang gezahltes Ruhegehalt zu, das sich an ihrer Beamtenbiografie bemisst; mindestens aber 35 Prozent der bisherigen Bezüge (zirka 3.100 Euro monatlich).

Wäre die Abwahl der Stadtbaurätin vor Ablauf des Jahres 2023 – also nur wenige Monate früher – erfolgt, wäre das Ruhegehalt niedriger ausgefallen, weil sie ihr Amt dann weniger als zwei Jahre lang ausgeübt hätte. Warum die lange Krankheit nicht zum Anlass genommen wurde, die Dienstfähigkeit der Stadtbaurätin amtsärztlich feststellen zu lassen, konnte die Verwaltung nicht nachvollziehbar erklären. Aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit von mehr zehn Monaten hätte die Betroffene möglicherweise frühzeitig als dienstunfähig eingestuft werden können, dann wären die Versorgungsansprüche um 10,8 Prozent gekürzt worden.

Überflüssiger "Bürgerplatz" für 1,2 Millionen Euro

Auf der Rückseite der Staatskanzlei in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) sollte eine betonierte, funktionale Parkfläche über eine "Gestalterischen Aufwertung der desolaten Freifläche, um diese wieder einer stadträumlichen Funktion und repräsentativen Wirkung zuzuführen" (Staatliches Bau- und Liegenschaftsamt) aufgewertet werden.

Für 1,2 Millionen Euro entstand stattdessen auf einem Plateau ein "Bürgerplatz", der Raum für Begegnungen schaffen soll. Aus der Verwaltung hakelte es deutliche Kritik, wie interne Chats, die dem BdSt vorlagen, belegen. So lade etwa der Platz an einer vielbefahrenen Hauptstraße gar nicht zum Verweilen ein.

Rätsel geben auch insgesamt 14 Poller auf, die am 20 Meter in der Länge messenden Platzes stehen. Warum es trotz der höher gelegenen Betonfläche und einem nicht mehr vorhandenen Parkplatz nun plötzlich der Poller-Anlage bedurfte und man das verbliebene Stück Straße, das ohne Parkplatz niemand mehr braucht, nicht einfach mit verbaut hat, bleibt unklar.  Die Kritik: Eine überflüssige Flächengestaltung allein zu zweifelhaften repräsentativen Zwecken.

2,08 Millionen Euro im WC versenkt

Hamburg hat 2,08 Millionen Euro sprichwörtlich im Klo versenkt. Wie teuer es noch werden wird, ist unklar. Zudem könnte ein Rechtsstreit zwischen der Stadt, dem Architekten und den Handwerksbetrieben drohen, so der BdSt. Die Sanierung der öffentlichen Toiletten dauerte von Oktober 2022 bis November 2023 – und wurde nach nur drei Monaten Betrieb wieder geschlossen. Große Mengen Wasser sollen in die unterirdische WC-Anlage eingedrungen sein. Die musste in den Rohbauzustand zurückversetzt werden.

Mitte August 2024 gab der Senat bekannt, was der Grund für den massiven Wasserschaden war: "Nach aktuellem Gutachten wurde durch das bauausführende Unternehmen beim Ausbau im Rahmen der Sanierung und des Umbaus keine wasserdichte Wanne hergestellt". Die Neuplanungen für den Rohbau seien bereits beauftragt worden. Wann und ob die Toilette wieder in Betrieb genommen werden kann, ist nicht bekannt.

Ob für die Zusatzkosten am Ende der Steuerzahler aufkommen muss oder die verantwortliche Baufirma haftet, ist offenbar auch noch unklar. Der ursprüngliche Umbau der unterirdischen WC-Anlage sollte übrigens 1,4 Millionen Euro kosten.

Stadt kauft Schrottimmobilie zum Wucherpreis

Nachdem sie bei der Zwangsversteigerung leer ausgegangen war, hat die Kleinstadt Homberg (Efze) in Hessen ein altes und marodes Gebäude für 125.000 Euro gekauft, ohne ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben, um den Wert des Hauses zu ermitteln. Die Stadt hätte bereits vor der Zwangsversteigerung sicherstellen müssen, dass sie auch bei einem höheren Gebot mitsteigern kann, so der BdSt.

Die Stadt hatte seit 2019 versuchte das Objekt zu kaufen, das damals dem Land Hessen gehörte. Der direkte Kauf war wegen grundbuchlich eingetragener Belastungen schwierig. Als einzige Lösung, die belastenden Einträge zu löschen, blieb nur die Zwangsversteigerung. Vor der Versteigerung wurde das Gebäude im Juli 2022 in einem Gutachten im Auftrag des Landes auf 10.300 Euro geschätzt. Im Juni 2023 nahm Homberg (Efze) an der Zwangsversteigerung teil. Den Zuschlag erhielt ein anderer Bieter für 27.500 Euro. Der Magistrat bei Immobilien darf laut der Hauptsatzung nur bis zu einem Preis von 20.000 Euro frei entscheiden, bei höheren Summen ist die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung erforderlich.

Der neue Eigentümer hatte in der Zwischenzeit das Dach repariert und das Haus komplett entrümpelt. Das ließ er sich teuer bezahlen mit 125.000 Euro. Auf ein erneutes Gutachten zum Wert des Hauses verzichtete die Stadt aus Kostengründen. Was konkret mit dem Haus geschehen soll, bleibt indessen offen.

Teure Klima-PR: Grüne Luxus-Zimmer statt Bäume

Laut Presse wurden in Mainz (Rheinland-Pfalz) in einem Jahr mindestens 1.700 Bäume gefällt – auch gesunde, um Platz für Bauprojekte zu schaffen. 250 Bäume sollen nachgepflanzt worden sein.

Im Jahr 2022 hatte Mainz zum ersten Mal ein "Mobiles Grünes Zimmer" aufgestellt. Dabei handelt es sich um einen Schattenspender, dessen zentrales Element eine Grünwand mit Spalierdach ist. Die Wand ist auf einem Abrollcontainer montiert, der als Wassertank und Sitzfläche dient. Ein solarbetriebenes Bewässerungssystem versorgt Pflanzen automatisch, das Monitoring erfolgt per Fernüberwachung. Der Platzbedarf liegt bei fünf Meter mal 2,5 Meter.

Im Mai 2024 gab die Stadt bekannt, von einem auf drei "Mobile Grüne Zimmer" aufzustocken, die seien nicht nur attraktive Sitzgelegenheit, sondern spendeten auch Schatten und würden Aufenthaltsqualität an Orten schaffen, an denen eine Begrünung im Zuge der Nachhaltigkeitsziele nicht möglich sei. Die "grüne Nachhaltigkeit" ist allerdings zeitlich eng bemessen – und zwar auf eine geplante Standzeit von Mitte Mai bis zum 17.10.2024. Die Gesamtkosten liegen bei 33.000 Euro. Wie viele "Mobile Grüne Zimmer" bräuchte es, um den Kahlschlag ökologisch zu kompensieren, und wie viele Bäume hätten für rund 100.000 Euro gepflanzt werden können?, fragt der Steuerzahlerbund und schlägt vor: Weniger Klima-PR, weniger Kettensäge und dafür mehr Bäume!

BdSt-Schwarzbuch der Steuergeldverschwendung: Alle Fälle


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dpa

Schlagworte zum Thema:  Steuern, Wohnungspolitik, Immobilienbranche