LAG Berlin untersagt Streiks bei Karstadt

Die Gewerkschaft Verdi darf bei Karstadt zunächst nicht mehr zu Streiks aufrufen. Die Streiks verstoßen gegen die Friedenspflicht, die Verdi und Karstadt im Zukunftstarifvertrag vereinbart haben. Dies entschied das Arbeitsgericht Berlin im vorläufigen Rechtsverfahren.

Die Friedenspflicht verbietet Arbeitskampfmaßnahmen für die Laufzeit eines Tarifvertrags. Danach dürfen Gewerkschaften während ein Tarifvertrag gilt nicht streiken. Eine solche Vereinbarung zur Friedenspflicht befindet sich auch im "Zukunftstarifvertrag Karstadt Warenhaus", den die Gewerkschaft Verdi und Karstadt abgeschlossen haben. Nach diesem soll Karstadt wie ein Mitglied des Arbeitgeberverbandes behandelt werden, das Flächentarifverträge abgeschlossen hat. Das Arbeitsgericht Berlin hat die Streiks, zu denen Verdi im Rahmen des Tarifstreits im Einzelhandel aufgerufen hatte, mit einstweiliger Verfügung unter Hinweis auf die Friedenspflicht untersagt.

Spezielle Entgeltregelungen für Karstadt-Mitarbeiter gemäß Zukunftstarifvertrag 

Seit 2013 ist Karstadt nicht mehr Mitglied eines Arbeitgeberverbandes im Einzelhandel. 2016 haben Karstadt und Verdi den “Zukunftstarifvertrag Karstadt Warenhaus” abgeschlossen. Bis 2020 werden danach Entgelterhöhungen für Karstadt-Mitarbeiter durch eine paritätisch besetzte Entgelt-Kommission festgelegt. Grundsätzlich werden dabei bestimmte Mindeststeigerungen berücksichtigt, bei fehlender Einigung ist eine Schiedsstelle anzurufen. Im Übrigen gelten die regionalen Flächentarifverträge. Erst ab 2021 finden die regionalen Flächentarifverträge des Einzelhandels wieder in vollem Umfang Anwendung.

Dieser Tarifvertrag enthält darüber hinaus eine Vereinbarung zur Friedenspflicht, gemäß der Karstadt wie ein Mitglied des Arbeitgeberverbandes behandelt werden soll, das Flächentarifverträge abgeschlossen hat.

Verstoß gegen die Friedenspflicht oder Partizipationsstreikrecht?

Im Rahmen der derzeitigen Tarifauseinandersetzungen, die die Flächentarifverträge des Einzelhandels betreffen, hat die Gewerkschaft Verdi zur Durchsetzung eines höheren Tarifentgelts mehrere Karstadt-Warenhäuser bestreikt und zu weiteren Streikmaßnahmen aufgerufen.

Hiergegen hat sich die Karstadt AG im Rahmen des gerichtlichen Eilverfahrens gewandt und einen Verstoß gegen die – im “Zukunftstarifvertrag Karstadt Warenhaus” – vereinbarte Friedenspflicht geltend gemacht. Verdi dagegen hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass es ein Partizipationsstreikrecht für Arbeitskämpfe gebe, die sich auf Steigerungen des Tarifentgelts nach den Flächentarifverträgen beziehen.

Arbeitsgericht Berlin unterbindet Streikmaßnahmen

Im vorläufigen Rechtschutz ist Karstadt mit Erfolg gegen die Streikmaßnahmen vorgegangen. Das Arbeitsgericht Berlin urteilte, dass Verdi bis zum Abschluss von Flächentarifverträgen für den Einzelhandel, längstens aber bis zum 30.09.2019 in den Karstadt-Warenhäusern keine Streikmaßnahmen durchführen darf.

Aus Sicht des Gerichts verstoßen die Arbeitskampfmaßnahmen, mit denen die Gewerkschaft Verdi eine Erhöhung des Tarifentgelts bei Karstadt forderte, gegen die tarifvertragliche Friedenspflicht. Eine solche Friedenspflicht bestehe aufgrund der geltenden Entgeltregelungen gemäß dem Zukunftstarifvertrag.

Tarifauseinandersetzungen betreffend die Flächentarifverträge: Kein Streikrecht 

Das Gericht führte in der Begründung weiter aus, dass Karstadt-Mitarbeiter an den Ergebnissen der momentanen Tarifauseinandersetzungen überhaupt nicht teilhaben könnten, da diese derzeit auf sie keine Anwendung fänden. Entgegen der Auffassung von Verdi gebe es kein Partizipationsstreikrecht für Arbeitskämpfe, die sich auf Steigerungen des Tarifentgelts nach den Flächentarifverträgen beziehen.
 

Gegen das Urteil kann Berufung an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Hinweis: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 27.06.2019, Az: 4 Ga 7529/19


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