Frauenquote: Zahlenspiele mit den Zielgrößen
Seit Mai 2015 ist das "Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst" - kurz "Frauenquote" genannt - in Kraft. Es sieht unter anderem vor, dass sich Unternehmen, die börsennotiert und voll mitbestimmungspflichtig sind, selbst Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsrat, Vorstand und der ersten und zweite Führungsebene unterhalb des Vorstands setzen - und zwar mussten die Unternehmen dies bis 30. September 2015 tun. Aber welche der betroffenen Unternehmen sind dieser Pflicht nachgekommen? Und welche Ziele haben sie sich konkret gesetzt?
Dickicht im Zahlendschungel
Im Oktober 2015 befragte die Beratungsgesellschaft Kienbaum die rund 100 betroffenen Unternehmen. Kurze Zeit später legte die Fidar (Initiative Frauen in die Aufsichtsräte) ihrem "Zielgrößen-Resümee" nach. Beide kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, die Zahlen sind allerdings auch schwer vergleichbar, da an der Kienbaum-Befragung 88 Unternehmen teilgenommen haben, an der Fidar-Befragung nur 70. Außerdem gibt die Fidar absolute Zahlen an, Kienbaum Prozentwerte.
Von den 70 Unternehmen, die an der Fidar-Umfrage teilnahmen, hatten sich zum damaligen Zeitpunkt 52 Unternehmen eine Zielgröße für den Aufsichtsrat gesetzt, 49 Unternehmen für den Vorstand, 53 beziehungsweise 51 Unternehmen hatten sich Zielgrößen für erste und zweite Führungsebene unterhalb des Vorstands gesetzt.
Von den 88 Unternehmen, die an der Kienbaum-Befragung teilnahmen, hatten sich 83 Prozent Zielgrößen für den Aufsichtsrat gesetzt, 75 Prozent für den Vorstand und 70 beziehungsweise 60 Prozent hatten Ziele für die erste und zweite Führungsebene formuliert.
Mangelnde Vergleichbarkeit und Intransparenz
Die Vergleichbarkeit der Daten wird auch dadurch beeinträchtigt, dass sich die Unternehmen unterschiedliche Fristen zur Zielerreichung geben, wie die Fidar im Vorwort zu ihrem "Zielgrößen-Resümee" erläutert: "Es liegt nahe, dass eine verkürzte Frist zum 31.12.2016 bzw. 30.6.2016 – verbunden mit entsprechend niedrigen Planzielen – ermöglichen soll, die Erhöhung des Frauenanteils weitere fünf Jahre zu vertagen. Denn die nächste Überprüfung der Planzahlen hat erst fünf Jahre nach dem 30.6.2017 zu erfolgen." Ferner weisen einige Unternehmen die erste und zweite Managementebene nicht getrennt aus, was ebenfalls zu Intransparenz führt.
Wie ambitioniert sind die Ziele wirklich?
Außerdem nutzen viele Unternehmen die Spielräume und Schlupflöcher des Gesetzes aus, beispielsweise indem sie sich als Zielgröße nur den Status Quo ihrer Frauenanteile festsetzen. Laut Fidar planen 31 von 50 Unternehmen eine Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, nur 11 der 49 Unternehmen, die Zielgrößen für den Vorstand angegeben haben planen eine Erhöhung des Frauenanteils im Vorstand. 23 Unternehmen, die derzeit noch keine Frau auf Vorstandsebene haben, geben auch als Zielgröße 0 Prozent an.
Im Durchschnitt allerdings liegen die Zielgrößen der befragten Unternehmen über dem aktuellen Frauenanteil auf den jeweiligen Hierarchieebenen, so die Kienbaum-Studie. Für den Aufsichtsrat liegen die Zielgrößen bei 24 Prozent, der derzeitige Frauenanteil beträgt rund 22 Prozent. Auf Ebene des Vorstands möchten die befragten Unternehmen rund zwölf Prozent weibliche Mitglieder erreichen, momentan beläuft sich der Frauenanteil allerdings auf nur 6,5 Prozent. Auf der ersten und zweiten Führungsebene setzen sich die Unternehmen Zielgrößen von 19 beziehungsweise 24 Prozent. Aktuell sind allerdings nur 15 beziehungsweise 19 Prozent der Führungskräfte auf erster und zweiter Ebene Frauen. „Es wird spannend sein zu beobachten, welche Maßnahmen die Unternehmen nun ergreifen, um die gesteckten Ziele nachhaltig zu erreichen“, sagt Anne von Fallois, Co-Leiterin des Kienbaum Female Desk
Firmen binden Personalberater für Besetzungen auf höchster Führungsebene ein
Was geeignete Mittel zur Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen sind, variiert nach Ansicht der Befragten stark zwischen den betrachteten Mitarbeiter-Ebenen. Auf den oberen Führungsebenen hält ein Großteil der Befragten die langfristige Förderung von Frauen und die Schaffung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen für sinnvoll. Auf der Vorstandsebene halten nur noch ein Drittel der Befragten dieses Mittel für geeignet, auf Aufsichtsratsebene tendenziell noch weniger. Dafür halten viele Teilnehmer die Einbindung von Personalberatern auf diesen Ebenen für das Mittel der Wahl, um den Frauenanteil zu erhöhen.
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