Daten: Die neue Superkraft im Recruiting
Wir erleben einen neuen Schub im Fachkräftemangel – und viele Arbeitgeber bekommen das im täglichen Recruiting zu spüren. Als Unternehmen für Jobposting-Software und Recruiting Analytics messen wir monatlich mehr als vier Millionen Datenpunkte, in denen sich eine fast dramatische Entwicklung widerspiegelt: Die Anzahl der verfügbaren Kräfte sinkt, die Komplexität und die Kosten des Recruitings steigen. In dieser zugespitzten Situation ist Recruiting Analytics für Unternehmen mehr als nur ein Wettbewerbsvorteil – es wird überlebenswichtig.
Recruiting: Management by Figures als Normalfall
Auch von anderer Seite steht das traditionelle Post-and-Pray-Recruiting unter einem enormen Veränderungsdruck. Schon jetzt gilt es als auffällig veraltet, blind Anzeigen zu schalten und zu hoffen, dass das Richtige passiert. Doch viele HR-Abteilungen halten an dieser traditionellen Vorgehensweise weiterhin fest. In den meisten anderen Unternehmensbereichen wird es dagegen zum Normalfall, Daten aus verschiedenen Quellen zusammenzufassen, auf Knopfdruck verfügbar zu machen, regelmäßig zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, um möglichst wirksam und kostengünstig im Interesse des Unternehmens handeln zu können.
Das soll jedoch nicht heißen, dass Arbeitgeber künftig darauf verzichten sollten, Jobbörsen und -plattformen für die Personalgewinnung einzusetzen. Diese spielen im modernen Recruiting allen Unkenrufen zum Trotz eine entscheidende Rolle, weil sie auch unter schwierigen Marktbedingungen zuverlässig gute Kandidatinnen und Kandidaten liefern. Es gilt jedoch, diese und alle anderen Recruiting-Kanäle laufend auf den Prüfstand zu stellen und ihre Performance zu analysieren.
Analyse und Optimierung von Teilprozessen
Schon längst ist ein solches Vorgehen etwa im Online-Marketing die Grundlage unternehmerischen Handelns. Hier lautet die Kernfrage: Welche Kanäle liefern mir zu welchem vertretbaren Preis die besten Kundinnen und Kunden?
Um Ressourcen möglichst effizient einzusetzen, betrachtet das Online-Marketing schon seit Langem Teilprozesse und nutzt Daten, um diese kontinuierlich und in kleinen Schritten immer wieder zu verbessern. Wenn im Warenkorb bei einem Online-Kaufprozess die Seite zum Beispiel noch nach zehn Sekunden hängt, kommt es zu vielen Kaufabbrüchen oder im Slang der Branche gesprochen: Die "Conversion" stimmt nicht – aus Interessentinnen und Interessenten werden keine Käuferinnen und Käufer.
Wie kommen mehr Bewerbungen ins Bewerbermanagementsystem?
Übertragen auf die Personalbeschaffung heißt das: An welchen Rädchen müssen die Recruiterinnen und Recruiter drehen, damit möglichst viele potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten bei ihnen im Bewerbermanagementsystem auftauchen? Ohne kontinuierliche Datenanalysen kann das Recruiting diese Frage kaum beantworten. Es muss die eigenen Prozessabschnitte regelmäßig analysieren und kontinuierlich optimieren.
Ein Beispiel hierzu: Auf der Grundlage eines solchen Vorgehens können Recruiterinnen und Recruiter darstellen, welche Folgen es auf den Gesamtprozess hat, wenn Bewerbungen zu lange in den Fachbereichen liegen bleiben. Wenn die Entscheidung, ob Bewerbende zum Jobinterview eingeladen werden, im Fachbereich einen Monat dauert, sind die guten Kandidatinnen und Kandidaten in der Regel weg. Das treibt die Time-to-Hire und die Kosten nach oben: Denn das Recruiting muss immer mehr Bewerbende ins System spülen, damit das Unternehmen bei den langen Antwortzeiten überhaupt noch jemanden gewinnen kann. In letzter Konsequenz funktioniert der Gesamtprozess gar nicht mehr: Die neuen Kolleginnen und Kollegen kommen nie. Um solche Probleme erkennen zu können, brauchen Unternehmen Recruiting Analytics.
Bestandteile von Recruiting Analytics
Damit Recruiting Analytics funktioniert, benötigen Unternehmen drei Zutaten:
- Saubere, vergleichbare Daten aus verschiedenen Datenumgebungen (Bewerbermanagementsystem, Jobboards), die am besten per Knopfdruck zur Verfügung stehen und nicht bei jeder Gelegenheit aufwendig recherchiert und zusammengefügt werden müssen.
- Die Zusammenführung und Verknüpfung dieser Daten. Das kann in einer Exceltabelle geschehen, besser da handhabbarer und schneller sind aber Dashboards auf der Grundlage eines Data Warehouse, die online zugänglich sind. Zudem lassen sich mithilfe solcher Dashboards Daten über einen langen Zeitraum einfach vergleichen. Das Data Warehouse ist ein Speichersystem, das Daten aus verschiedenen Quellen miteinander verbindet, harmonisiert und auf Knopfdruck verfügbar macht.
- Entscheidend sind die richtigen Fragen, bevor Unternehmen anfangen, Daten zu sammeln und zu strukturieren. Nach unserer Erfahrung wissen viele Unternehmen gar nicht, welche Fragen sie stellen müssen, um einen Erkenntnisgewinn aus Recruitingdaten zu erzielen.
Analytics und Kennzahlen
Ziel von Recruiting Analytics sollte es sein, datengestützt besser zu werden, um mehr Wert fürs Business zu schaffen. Das gelingt Recruiterinnen und Recruitern dann am besten, wenn sie schneller und gezielter passende Kandidatinnen und Kandidaten gewinnen als der Wettbewerb. Die Nichtbesetzung einer Stelle kostet Geld, denn fehlende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können keinen Wert schaffen. Diese "Cost of Vacancy" übersteigt in Schlüsselpositionen rasch die Recruitingkosten um ein Vielfaches.
Zwei Kennzahlen eignen sich besonders, um den Recruitingprozess zu steuern: die Time-to-Hire und die Cost per Qualifed Applicant. Die Time-to-Hire beschreibt die durchschnittliche Zeit, die ein Unternehmen benötigt, um eine offene Position zu besetzen. (Lesen Sie dazu auch: "Time-to-Hire: Zeit und Kosten im Recruiting sparen"). Mit Cost per Qualified Applicant werden die kanalbezogenen, externen Reichweitenkosten (etwa für Jobbörsen) bezeichnet, die pro qualifizierter Bewerbung entstehen. Die Time-to-Hire muss wettbewerbsfähig sein, die Cost per Qualified Applicant darf nicht explodieren. Recruiting-Analytics-Maßnahmen sollten darauf gerichtet sein, beide Kennzahlen mit kleinen und großen Veränderungen positiv zu beeinflussen.
Recruiting Analytics: Datenquellen und Verknüpfung
Wo kommen die Daten für Recruiting Analytics her? Entscheidend sind zunächst zwei Datenquellen: Das Bewerbermanagementsystem (BMS) liefert Informationen dazu, dass sich jemand beworben hat, wie schnell Bewerbungen in den Prozess gelangen und bis zu welcher Stufe Bewerbende den Auswahlprozess durchlaufen. Jobbörsendaten geben Auskunft dazu, wie oft Anzeigen in der Suchergebnisliste eingeblendet und von Interessenten angeklickt wurden.
Jedes zeitgemäße Bewerbermanagementsystem liefert heute grundsätzlich schon eine Menge Daten. Nach unserer Erkenntnis haben die meisten Arbeitgeber die entsprechenden Prozesse jedoch nicht implementiert. Jobbörsen-Performance-Daten werden von den Bewerbermanagementsystemen in der Regel nicht zur Verfügung gestellt.
Von den Jobbörsen kommen zwar unverzichtbare Daten wie Klickzahlen, das Erscheinen in Trefferlisten et cetera. Was Jobbörsen aber nicht liefern, sind vergleichbare Daten und die Verbindung zum Bewerbermanagementsystem. Ohne diese Verbindung und ohne Vergleichbarkeit (gleiche Datenstruktur für alle Jobbörsen) sind diese Daten für die gezielte Steuerung des Prozesses weitgehend nutzlos.
Für zeitgemäßes Recruiting Analytics werden Daten aus beiden Quellen im Data Warehouse miteinander verknüpft. Bewerbungen über eine bestimmte Jobbörse werden zum Beispiel mit einer ID versehen und sind so (natürlich datenschutzkonform) im Bewerbermanagementsystem als solche nachverfolgbar. Das Unternehmen kann erkennen, wie weit Bewerbende von der Jobbörse X im Vergleich zu solchen von der Jobbörse Y im Bewerbungsverfahren kommen.
Auch Webanalysetools wie Google Analytics können zusätzliche recruitingrelevante Daten liefern: etwa um die Vorgänge auszuleuchten, die sich vor dem Klicken des Bewerbungsbuttons abspielen (zum Beispiel bei der Bewerbung über die Karriereseite oder bei Social-Media-Kampagnen).
Der ausführliche Artikel inklusive Fallbeispielen ist im Sonderheft "Personalmagazin plus: Trends im Recruiting 2022" erschienen, das hier kostenlos zum Download verfügbar ist.
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