So werden Video-Interviews wettbewerbsfähig
Das Vorstellungsgespräch ist im Bewerbungsprozess mit Abstand der wichtigste Touchpoint bei der Entscheidung, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber einen Job annimmt. Dabei kommt es nicht nur auf die Gesprächsinhalte an, sondern in besonderem Maße auch auf die Form des Jobinterviews – ob Remote oder vor Ort.
Bewerbungsgespräche per Video sind unbeliebt
Die Candidate Experience Studie 2021/22 von Meta HR und Stellenanzeigen.de in Zusammenarbeit mit der HTWK Leipzig zeigt: Bewerbungsgespräche per Video schneiden bei Stellensuchenden überraschend schlecht ab. Von über 800 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern empfinden 56 Prozent Video-Interviews im Vergleich zu Vor-Ort-Gesprächen als schlechter. Nur 24 Prozent sehen sie als etwa gleich gut an, elf Prozent halten sie für besser als Vor-Ort-Interviews. Was steckt hinter der skeptischen Haltung der Bewerbenden?
Hinter den Zahlen stecken konkrete Sorgen der Bewerbenden
Die Studie macht deutlich, was hinter der Zurückhaltung der Bewerbenden bei Video-Interviews steht. Eine große Sorge der Bewerberinnen und Bewerber ist, beim Video-Interview keinen richtigen Eindruck der potenziellen neuen Führungskraft oder dem Team und vom zukünftigen Arbeitsplatz zu bekommen. Die zweite Befürchtung dreht sich darum, sich nicht passend präsentieren zu können, zum Beispiel wegen technischer Probleme.
HR-Verantwortliche, die ihre Vorstellungsgespräche virtuell führen, stehen also vor der Herausforderung, Video-Interviews wettbewerbsfähig zum klassischen Vorstellungsgespräch aufzustellen. Denn wer die Sorgen der Bewerbenden nicht ernst nimmt, verliert potenzielle Talente an Unternehmen, die den Kandidatinnen und Kandidaten eine bessere Candidate Experience bieten.
Drei Tipps für virtuelle Jobinterviews, die bei Bewerbenden gut ankommen
Was kann HR konkret tun, um bei Bewerberinnen und Bewerbern die Ängste vor der Technik abzubauen? Wie schaffen es Personalverantwortliche, dass sich die Kandidatinnen und Kandidaten während des Online-Bewerbungsgesprächs wohl fühlen? Wie punktet das Unternehmen mit Abläufen, die Bewerberinnen und Bewerbern Wertschätzung und Transparenz vermitteln?
- Integrieren Sie ein virtuelles Warm-up in den Ablauf: Zu den Aufgaben von HR sollte es gehören, die Bewerbenden möglichst angenehm an das Jobinterview im virtuellen Raum heranzuführen. Die Kandidatinnen und Kandidaten fühlen sich gut abgeholt, wenn es vor dem offiziellen Start des Video-Interviews ein festes Zeitfenster gibt, in das ein kleiner Technik-Check (Ton/Bild/Verbindung) eingeplant ist und in dem sie sich bei ein bisschen Small-Talk auf die Interview-Situation einstellen können.
- Schließen Sie persönliche Treffen nicht kategorisch aus: Die Sorge der Kandidatinnen und Kandidaten, in Video-Interviews keinen ausreichenden Eindruck vom Arbeitsort oder von künftigen Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen zu bekommen, sollte ernst genommen werden. Deshalb gilt die Empfehlung: Wenn ein persönliches Treffen irgendwie möglich ist, sollte man sich treffen. Das muss nicht direkt zum ersten Vorstellungsgespräch sein, sondern kann auch beim zweiten Gespräch oder während eines separaten Termins erfolgen. Bei Kandidatinnen und Kandidaten, die sich in der engeren Auswahl befinden, hebt ein persönlicher Besuch vor Ort die Wahrscheinlichkeit, dass sie am Ende auch zusagen.
- Vermitteln Sie im Video-Call möglichst viele Eindrücke aus dem Unternehmen: Falls ein persönliches Treffen nicht umsetzbar ist, sollten Arbeitgeber ihren Bewerberinnen und Bewerbern im virtuellen Raum möglichst viele Bereiche und Personen zeigen. Denn im Zweifelsfall gibt ein Einblick in die Arbeitsplätze, die Sozialräume und ein kurzer Austausch mit dem Team den Kandidatinnen und Kandidaten mehr Entscheidungssicherheit, ob sie sich in dem Umfeld wohlfühlen könnten.
Es muss nicht immer die Profi-Technik sein
Für das Durchführen der virtuellen Jobinterviews sind Video-Tools sinnvoll, die bei der Bewerberzielgruppe bekannt und gebräuchlich sind. Bei Personen mit Bürotätigkeit haben sich Microsoft Teams und Zoom als am häufigsten genutzte Tools herauskristallisiert. Die meisten Bewerbenden haben damit bereits Erfahrung gesammelt und die Hemmschwelle, die Technik auch für ein Vorstellungsgespräch zu nutzen, ist relativ niedrig. Auch Interviewtools, die direkt im Bewerbermanagementsystem enthalten sind, können eine gute Wahl sein, da sie in der Regel selbsterklärend sind und ohne zusätzliche Downloads genutzt werden können.
Bei Fachkräften ohne Schreibtischjob sollten Arbeitgeber auf Videotools setzen, die auf mobilen Endgeräten gut nutzbar sind, da diese nur noch selten über einen eigenen PC oder Laptop mit Officeanwendungen verfügen. Einige Softwareanbieter haben spezielle Video-Interviewtools für das Smartphone entwickelt.
Geht es darum, das Unternehmen in Ton und Bild vorzustellen, gibt es mehrere technische Möglichkeiten. Diese reichen von vorproduzierten Videos, in denen das Firmengebäude, die Räume und Beschäftigte gezeigt werden, bis hin zu einem Rundgang per Virtual Reality Brille. Wer eine solche Produktion nicht leisten kann, kann ein mobiles Endgerät mit Kamera nutzen, um den Bewerber oder die Bewerberin durchs Gebäude zu führen.
Speziell für Personen mit Bürojobs bietet es sich an, ihnen einen Einblick in ihr künftiges Team über das Zuschalten zu einem virtuellen Team-Meeting zu ermöglichen. Hier können sich die Bewerbenden und das Team kennenlernen und die potenziellen "Neuen" erfahren, wie miteinander kommuniziert wird und wie die Arbeitsabläufe sind. Den Bewerbenden vermitteln solche Angebote Transparenz und Wertschätzung – zwei wichtige Pfeiler, damit sie sich für das Unternehmen als neuen Arbeitgeber entscheiden.
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