Wie Arbeitgeber Eltern in der Coronapandemie unterstützen können
"Wir dürfen uns als Arbeitgeber jetzt nicht zurücklehnen" – mit diesem Appell meldete sich Otto-Personalvorständin Katy Roewer auf Linkedin zum Beginn der ersten Lockdown-Lockerungen zu Wort. Sie plädiert dafür, die Eltern im Unternehmen trotz erster Lockerungen und damit einhergehenden Kita- sowie Schulöffnungen weiterhin als Arbeitgeber zu unterstützen.
Digitale Kinderbetreuung als Arbeitgeberleistung in der Coronapandemie
Otto hat dafür zwei Angebote von externen Dienstleistern in ihre Arbeitgeberleistungen aufgenommen: digitale Kinderbetreuung und digitale Nachhilfe. Beide Angebote sind für Eltern eine Hilfe, insbesondere solange die Kindergärten und Schulen geschlossen oder nur teilweise geöffnet sind. Das hat auf dem Markt dafür gesorgt, dass etablierte Anbieter für Kinderbetreuung auf digitale Angebote umgestellt haben sowie neue Anbieter hinzugekommen sind. Beispielsweise hat PME Familienservice sich schon früh darauf eingestellt und wurde für seine virtuelle Kinderbetreuung von "Beyond Crisis", einer Initiative von "Deutschland – Land der Ideen", ausgezeichnet.
Neu auf dem Markt ist das Berliner Startup Voiio. Hier können Arbeitgeber digitale Betreuungsangebote für die Kinder ihrer Mitarbeitenden buchen. Virtuelle Gruppen-Workshops, individuelle Lernförderung und Adhoc-Betreuung sind dabei. Auch Kidscircle.io bietet Unternehmen Betreuungspakete für Mitarbeiterkinder an. Coachs betreuen die Gruppen mit maximal vier Kindern bis zu zwei Stunden täglich am Tablet.
Kurzfristiger Notfallservice für Kinderbetreuung
Was schon vor der Coronakrise eine Herausforderung für Eltern war: kurzfristig eine Kinderbetreuung finden. Dafür gibt es zum Beispiel das Angebot der "Notfallmamas". Sie haben ihr Angebot seit der Coronakrise auch digitalisiert, sodass Arbeitgeber Aktivitäten in 60-minütigen Einheiten für die Mitarbeiterkinder buchen können.
Digitale Nachhilfe unterstützt beim Homeschooling
Für ältere Kinder, die Unterstützung beim Homeschooling benötigen, gibt es auch einige Angebote, die Unternehmen als Arbeitgeberleistung anbieten können. So ist das Startup Sofatutor mit "spielerischer Online-Nachhilfe passend zum Schulstoff" während der Coronakrise an den Markt gegangen. Auch Easytutor wirbt mit "Online-Nachhilfe, die Ergebnisse liefert" und der etablierte Anbieter "Schülerhilfe" sorgt ebenso auf digitalem Weg für Nachhilfe.
Unternehmen, die nicht finanziell für die digitale Nachhilfe einstehen wollen, können ihre Mitarbeiter über kostenfreie Angebote im Netz informieren. Zum Beispiel haben Studierende ein kostenfreies Angebot unter dem Namen "Corona-School" ins Leben gerufen.
Kommunikation mit passender Information auch nach der Coronakrise
Überhaupt sind passende Informationsangebote sehr wichtig. "Den beschäftigten Eltern zu zeigen, dass sie in ihrer aktuellen Situation wahrgenommen werden, ist in jedem Fall ein Signal, das von einer familienbewussten Unternehmenskultur zeugt und für guten Zusammenhalt sorgt. Auch nach der Krise", schreibt die Initiative Erfolgsfaktor Familie auf ihrer Webseite. Mithilfe von Newslettern können Unternehmen ihre Beschäftigten informieren, ihnen hilfreiche Links und Webseiten vermitteln und auch in internen Gruppen mithilfe von Kollaborations-Tools verlinken. So hätten sich schon einige Gruppen im Intranet zusammengefunden, um gemeinsam virtuelles Homeschooling zu organisieren, berichtet "Erfolgsfaktor Familie".
Weiterbildungsangebote zu den Herausforderungen in der Coronapandemie
Arbeitgeber können Eltern im Unternehmen auch durch formelle Weiterbildungsangebote unterstützen, über die sie informieren, sie bezahlen oder als unternehmensinternes, digitales Angebot offerieren. So bietet zum Beispiel der BGM-Dienstleister Skolawork das Web-Seminar "Work-Family-Balance" an. Es soll Eltern zwischen 30 und 45 Jahren dabei unterstützen, Beruf, Kindererziehung und -betreuung sowie den Haushalt und ihre persönlichen Bedürfnisse als Paar zu koordinieren und organisieren.
Gesundheitsmanagement: virtuelle Sportangebote und EAP
Unternehmen, die sich bereits im Gesundheitsmanagement engagieren, können einen Schwerpunkt auf Entspannungsangebote nach der Arbeit setzen. Manche Firmen bieten auch virtuelle Sportstunden an, bei denen die Beschäftigten und ihre Kinder ihre Fitnesseinheiten zuhause, unter Anleitung von professionellen Trainern erhalten.
"Employee Assistance Programme", die im betrieblichen Gesundheitsmanagement eine wichtige Rolle spielen, sind nun noch gefragter. Sie dienen als Anlaufstelle für psychisch belastete Mitarbeiter, die Rat suchen. Anbieter sind hier unter anderem ICAS, das Fürstenberg-Institut, die BAD GmbH oder die IAS-Gruppe.
Flexible Arbeitszeiten nach Bedürfnissen ausrichten
Was vor der Coronapandemie in Sachen Vereinbarkeit von Beruf und Familie galt, ist natürlich auch jetzt noch wichtig. Besonderes Augenmerk gilt hier flexiblen Arbeitszeiten. Dieses HR-Instrument gilt es weiterhin zu nutzen und auszubauen. Um die Bedürfnisse der Mitarbeitenden mit Kindern richtig zu erfassen, sollten Führungskräfte in den persönlichen Austausch mit ihren Teammitgliedern gehen. "Erfolgsfaktor Familie" schlägt folgende Fragen dafür vor:
- An welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten kann der Mitarbeiter am besten arbeiten? Wie flexibel sollen diese Zeiten sein?
- Welche Priorität hat die Aufgabe? Bis wann muss die erteilte Aufgabe erledigt werden?
- Wie können Sie den Mitarbeiter erreichen, falls zeitkritische Aufgaben aufkommen sollten und Sie eine zeitnahe Lösung benötigen?
Homeoffice anbieten
Auch die Arbeit im Homeoffice hat schon vor der Coronakrise vielen Arbeitnehmer mit Kindern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert. Nun ist es nach den aktuellen Coronabeschlüssen weiterhin Pflicht, wo möglich Homeoffice anzubieten. Arbeitgeber sollten aber ihre Bereitschaft dazu nicht nur von dieser Regelung abhängig machen.
Regelung für Arbeitszeitspenden an Eltern
Einige Unternehmen haben die Solidarität ihrer Mitarbeitenden in der Coronakrise bewusst unterstützt und ermöglichen es, unter Kollegen Arbeitszeit zu spenden. So konnten gerade Eltern, die Urlaub, Überstunden und Sonderurlaub bereits aufgebraucht hatten, doch noch bezahlte Freistellungen in Anspruch nehmen, um ihre Kinder zu Hause zu betreuen. Diese Arbeitszeitspende ist nicht gesetzlich geregelt, lässt sich aber arbeitsrechtlich korrekt umsetzen.
Sonderurlaub und Freistellung für Eltern
Wenn die Sollzeit nicht erfüllt werden kann wegen der parallelen Kinderbetreuung, sind auch Sonderurlaub, Freistellung und Reduzierung der Arbeitszeit weitere HR-Instrumente zur Unterstützung. (Lesen Sie dazu auch unsere News: Entschädigungsregelung für Kinderbetreuung im Lockdown erneut ausgeweitet). So schreibt zum Beispiel Natali Fricke von Gebäudemanagement Schleswig-Holstein AöR auf kununu.de: "Die GMSH unterstützt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (z. B. Eltern), die stärker von der Krise betroffen sind, mit folgenden Maßnahmen: • Eltern, die Kinder unter 14 Jahren betreuen müssen, wurden freigestellt oder erhalten Sonderurlaub • Risikogruppen wurden freigestellt (…)."
Auch Thomas Vollmoeller, CEO der New Work SE, berichtet auf kununu.de davon, dass Mitarbeiter mit Kindern unter zwölf Jahren vier Wochen Extraurlaub erhalten.
Praxisbeispiele auf kununu.de
Auf dem Arbeitgeberbewertungsportal Kununu gibt es eine Best-Practice-Übersicht. Bisher haben gut 50 Unternehmen über ihre Maßnahmen berichtet, wie sie Eltern im Unternehmen während der Coronakrise unterstützen. Darunter sind auch einige besondere Beispiele, die über die oben genannten Maßnahmen hinausgehen. So schreibt Julia Hirth von der Comsol AG Commercial Solutions: "Wir haben unsere Prämien zusammengelegt und gleichen damit bei Härtefällen die Einkommensnachteile der Kollegen aus (…)." Daniela Jagsch, Director HR bei Beko Engineering & Informatik GmbH, berichtet: "Neben den von Unternehmensseite gesetzten Maßnahmen richtete der Betriebsrat der Beko einen eigenen Härtefallfonds für MitarbeiterInnen ein, welche aufgrund der Kurzarbeit unter Umständen finanzielle Engpässe haben. Neben finanziellen Unterstützungen berät der Betriebsrat der Beko im Einzelfall zu möglichen staatlichen Beihilfen und Unterstützungen." Und Maxine Rieg von der Kemmler Electronic GmbH berichtet von einem Essenslieferdienst für alle Mitarbeiter im Homeoffice: "Dadurch werden zum Beispiel Eltern mit Kindern zusätzlich entlastet."
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