PMK 2024: Mit vereinten HR-Kräften gegen Polarisierung

HR muss gegen politische Polarisierung und Radikalisierung eintreten: Diese Forderung und Botschaft zugleich durchzog den Personalmanagementkongress 2024 des Bundesverbands der Personalmanager*innen (BPM) wie ein roter Faden. Das vielleicht wichtigste Branchenevent präsentierte sich damit ungewohnt politisch. Doch auch die klassischen HR-Themen kamen nicht zu kurz.

Vom 19. bis 21. Juni 2024 öffneten  die Türen des Berlin Congress Center für die Besucher des Personalmanagementkongresses 2024. Die 15. Auflage des Events lockte rund 1.400 Personalerinnen und Personaler in die Hauptstadt. Für eine Online-Teilnahme entschieden sich lediglich 150 Personen. Die Teilnehmerzahlen unterstrichen nicht nur den herausragenden Stellenwert der Veranstaltung in der HR-Welt, sondern machten ebenso deutlich: Der PMK lebt mindestens genauso sehr vom persönlichen Austausch wie vom inhaltlichen Programm.

Klarer Aufruf an HR: Mit Stärke(n) der Krise begegnen

"Stärken" lautete das diesjährige Motto des Personalmanagementkongresses, der mit einem akustischen und inhaltlichen Paukenschlag begann. Eine Percussion-Combo eröffnete den Kongress, ehe die ersten Keynotes die Agenda setzten. Inmitten von Multikrisen bräuchten Personalerinnen und Personaler heute mehr denn je Stärken, machte Inga Dransfeld-Haase, Vorsitzende des BPM, in ihrem Eröffnungsplädoyer klar. Geopolitische Krisen, schrumpfende Wettbewerbsfähigkeit, Fachkräftemangel und nicht zuletzt die politische Spaltung in Deutschland und Europa stellten die Unternehmen und die Gesellschaft vor massive Herausforderungen. Die Ergebnisse der Europawahl seien nur das jüngste Signal, dass unser Zusammenleben und unser Wohlstand bedroht seien. Ohne die Einwanderung ausländischer Fachkräfte würde Deutschland wirtschaftlich abgehängt. Was wir bräuchten: Einsatz für die Demokratie, eine echte Willkommenskultur und vereinfachten Zugang für Fachkräfte aus dem Ausland.

Der BPM setzte aber nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten ein Zeichen gegen Polarisierung. Bereits beim Einlass verteilte der Verband T-Shirts mit dem Aufdruck "Love HR, Hate Racism". Eine Spendenaktion zugunsten der Initiative German Dream von Gründerin Düzen Tekkal brachte an beiden Tagen 16.802 Euro zusammen.

HR muss politischer werden

Tekkal, Journalistin, Menschenrechtsaktivistin und Filmemacherin, war eine der Speakerinnen, die bei der Nacht der Personaler klare Worte fand. Mit ihrer Initiative "German Dream" tritt sie für Wertedialoge ein, die bereits an Schulen initiiert werden. Auch der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert appellierte in seiner Keynote an das Publikum: Die Zahl der echten Demokratien läge bei nur zwei Dutzend weltweit. Wir müssten für die Demokratie einstehen.

Noch deutlicher wurde die neu gewählte Europaparlamentsabgeordnete und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann, deren Auftritt ein Höhepunkt am zweiten Kongressmorgen war. Die FDP-Spitzenpolitikerin richtete einen klaren Appell an die Personaler und Personalerinnen im Saal: "Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass wir uns ohne Europa einsargen lassen können. Sensibilisieren Sie sie für Politik, für Demokratie und dass die Radikalen die Pest für unser Land sind – es ist wirklich wichtig", so Strack-Zimmermann, die für ihre deutlichen Worte Szenenapplaus erhielt. "Ich bin noch optimistisch", erklärte sie ihren Antrieb, weiter Politik zu machen und sich nicht zurückzuziehen: "Ich mache das für die jüngere Generation".

Trotz oder gerade in der Krise: Zukunft gestalten

Dass der Verband Zukunft gestalten möchte und kann, zeigte auch der Rest des Programms. Da waren alle bekannten Themen: Skills, Leadership, People Analytics – und natürlich Künstliche Intelligenz, die über allem andern als Fokusthema schwebte. Aber die Keynotes im Kuppelsaal waren klar politisch ausgerichtet. Wie sich das mit der Zukunft verhält, erklärte Florence Gaub vom Nato Defense College. Natürlich sei nicht alles absehbar, aber man könne sich auf Szenarien vorbereiten, um nicht in einer Schockstarre zu verfallen. Wir müssten Entscheidungen treffen, das Risiko managen und dennoch Visionen entwickeln. Oder, um es optimistisch mit den Worten von Strack-Zimmermann zu beenden: "Die tollen Menschen sind in der Mehrzahl, sie müssen nur lauter werden."

HR Start-up Award: Mentale Gesundheit sticht Recruiting und Employee-Self-Service

Die neunte Auflage des "HR Start-up Award", der auf dem Kongress verliehen wurde, lieferte das bislang knappste Ergebnisse in der Geschichte des Wettbewerbs: Die Präventionsplattform Likeminded von Gründerin Kimberly Breuer setzte sich mit 36 Prozent der Stimmen vor der Recruiting-Software Empion (33 Prozent) und der Mitarbeiter-Self-Service-App Flip (31 Prozent) durch.

Alle drei Lösungen waren von der 13-köpfigen Jury (von denen neun vor Ort waren) in einem mehrstufigen Auswahlprozess für die finale Pitch-Runde beim Personalmanagementkongress nominiert worden. Die Siegerin sah in ihrem Erfolg die Bestätigung dafür, dass das Thema mentale Gesundheit inzwischen in den Köpfen vieler Personalerin und Personaler angekommen sei. Ein Selbstläufer sei das Geschäft für die Gründerin dennoch nicht. Im Gegenteil: "Wir müssen noch immer sehr viel Aufklärungsarbeit leisten", sagte Breuer.

Selbst wenn das Bewusstsein für die Bedeutung psychischer Gesundheit vorhanden sei, spiele die Kostenbetrachtung weiterhin eine entscheidende Rolle. "Viele Entscheider sehen in der Anschaffung der Lösung primär die zusätzlichen Kosten", verriet sie dem Personalmagazin. Sie ist überzeugt, dass sich das Investment langfristig für die Unternehmen rechne. "Die Kosten, die durch den Ausfall von Beschäftigen mit psychischen Erkrankungen entstünden, überstiegen die Anschaffungskosten für die Plattform um ein Vielfaches“" behauptet Breuer. Ihr Startup setzt auf einen ganzheitlichen Ansatz, der bei Präventionsmaßnahmen wie Resilienztrainings beginnt und bei Interventionen in Akutfällen endet. Ob Mitarbeitende das gesamte Leistungsspektrum kostenfrei in Anspruch nehmen können, entscheidet indes der Arbeitgeber.

Sonderpreis für gesellschaftliche Relevanz

Jury-Mitglied Michael Kramarsch lobte die große Bandbreite an Themen bei den eingereichten Lösungen. Den Sonderpreis der Jury erhielt das Startup Onuava von Gründerin Julia Reichelt. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, für die Tabuthemen Menopause, Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten zu sensibilisieren und Betroffene im Umgang damit zu unterstützen. In ihrer Begründung lobte die Jury die gesellschaftliche und soziale Relevanz des Themas.


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