Beitragsfreiheit für pauschale Aufwandsentschädigung im Ehrenamt

Für ehrenamtlich tätige Personen, die eine angemessene pauschale Aufwandsentschädigung erhalten und gleichzeitig Verwaltungsaufgaben, die mit dem Ehrenamt zusammenhängen, übernehmen, müssen keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Sie sind nicht als geringfügig Beschäftige einzuordnen. Hier erhielt der Vorstandsvorsitzende ca. 7.000 EUR im Jahr.

Mit einer neuen Entscheidung stärkt das Bundesozialgericht das Ehrenamt und fordert gleichzeitig den Gesetzgeber zur Nachbesserung und Klarstellung zur Aufwandsentschädigung bei Ehrenämtern auf.

Keine Beitragsnachzahlung für ehrenamtlich tätigen Kreishandwerksmeister

In dem vom Bundessozialgericht zu entscheidenden Fall hatte die Kreishandwerkerschaft Nordfriesland-Süd geklagt, da diese nach einer Betriebsprüfung für einen ehrenamtlich tätigen Kreishandwerksmeister pauschale Arbeitgeberbeträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von rund 2.600 EUR nachzahlen sollte.

  • In ihrer Geschäftsstelle ist für die Abwicklung der laufenden Geschäfte ein hauptamtlicher Geschäftsführer angestellt.
  • Der Handwerker, der als Elektromeister selbständig und gleichzeitig im Ehrenamt Vorsitzender des Vorstands ist, erhält eine Aufwandsentschädigung in Höhe von ca. 7.000 EUR im Jahr.

Deutsche Rentenversicherung sah in dem Ehrenamt eine geringfügige Beschäftigung

Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) vertrat die Auffassung, dass

  • hier eine geringfügige Beschäftigung vorliege,
  • da der Kreishandwerksmeister nicht nur repräsentative Funktionen erfüllte,
  • sondern auch Verwaltungsaufgaben übernehme
  • und insoweit auch weisungsgebunden gewesen sei.

Nachdem die Kreishandwerkerschaft vor dem Sozialgericht Schleswig obsiegt hatte, hob das Landessozialgericht Schleswig-Holstein auf Berufung der DRV das Urteil wieder auf.

Kriterien einer abhängigen, erwerbsorientierten Beschäftigung nicht erfüllt

Mit vorliegender Entscheidung gab letztendlich das Bundessozialgericht dem Kläger Recht und entschied,

dass die Tätigkeit des Kreishandwerksmeisters nicht die Kriterien einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs.1 SGB IV erfülle und damit auch keine Sozialabgaben fällig seien.

  • Nach Ansicht des 12. Senats unterscheide sich die Tätigkeiten von derer eines Arbeitnehmers, welcher seine Arbeitsleistung gegen ein Entgelt zu Erwerbszwecken erbringe.
  • Ehrenämter hingegen würden sich dadurch auszeichnen, dass sie einen ideellen und gemeinnützigen Zweck verfolgen.

Pauschale Aufwandsentschädigung fördert Ausübung eines Ehrenamtes

Unerheblich in diesem Zusammenhang sei auch die Bezahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung, welche „nicht auf Heller und Pfennig genau“ dem tatsächlichen Aufwand entspreche.

Genauso sei die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben, wie die Einberufung und Leitung von Gremiensitzungen, unschädlich, da diese nachweislich mit dem Ehrenamt verbunden gewesen seien. Zur Klarstellung und zur Stärkung des Ehrenamtes sei hierbei auch der Gesetzgeber gefordert.

(BSG, Urteil v. 16.08.2017, B 12 KR 14/16 R).

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Hintergrund:

Abgrenzung von ehrenamtlicher Tätigkeit gegenüber Arbeitsverhältnis

 Ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, ist daher im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamtes zu beurteilen.

Überschreitet die tatsächliche Durchführung der Freiwilligenarbeit den Status der ehrenamtlichen Tätigkeit, können unter Umständen zahlreiche arbeits-, sozial- und steuerrechtliche Folgen zu berücksichtigen sein.

  • Das Arbeitsverhältnis ist gekennzeichnet von einem Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das auf den Austausch von Leistungen, nämlich Arbeitsleistung und Vergütung, gerichtet ist.
  • Grundsätzlich unterscheidet sich davon die ehrenamtliche Tätigkeit, da diese als Auftragsverhältnis eine einseitige Leistungsverpflichtung enthält. Der Auftraggeber ist zu keiner Gegenleistung verpflichtet.

Nach der Definition des BAG (Urteil vom 20.08.2003, 5 AZR 610/02) ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags weisungsgebundene Arbeit leistet und in persönlicher Abhängigkeit in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist. Zwar kann auch der ehrenamtlich Tätige in die Betriebsorganisation eingebunden sein, jedoch fehlt es im Unterschied zum Arbeitnehmer an der vertraglichen Grundlage, die dem Arbeitgeber ein umfassendes Direktionsrecht hinsichtlich der Arbeitsleistung (§ 106 GewO) einräumt (LAG München, Urteil v. 26.11.2014, 10 Sa 471/14 ).