Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft - größere können unter Umständen den Job kosten. Wer im Dienst Sach- oder Geldzuwendungen annimmt oder sich sonstige Vorteile gewähren lässt, setzt sich nicht nur dem Vorwurf der Bestechlichkeit aus, sondern macht sich möglicherweise sogar strafbar. Wie aber verhält es sich bei Annahme einer Erbschaft, wenn man „aus persönlicher Verbundenheit“ von einer Person zum Erben eingesetzt wird, die man jahrelang geschäftlich betreut und beraten hat? Einen solchen Fall hatte das LAG Rheinland-Pfalz zu entscheiden.

Der Fall:

Der Kläger war seit fast 40 Jahren bei der Sparkasse beschäftigt. Zu Beginn seiner Berufstätigkeit hatte er den Geschäftsstellenleiter A. in B. kennen gelernt, zu dessen Familie er in der Folge auch private Kontakte unterhielt. Im Jahr 2000 erteilte die Ehefrau des zwischenzeitlich verstorbenen Geschäftsstelleleiters dem Kläger und einem Kollegen eine nur gemeinsam auszuübende Kontovollmacht. Dies war der arbeitgebenden Sparkasse auch bekannt und seinerzeit nicht beanstandet worden.

 

Sparkassenmitarbeiter im Testament bedacht

Mit notariellem Testament vom 04.12.2002 wurde der Kläger von der Witwe zunächst als Vermächtnisnehmer bedacht, später ließ die Frau zugunsten des Klägers eine unbeschränkte Generalvollmacht sowie eine Patientenverfügung beurkunden. Im Jahr 2009 wurde der Kläger sodann durch öffentliches Testament zu 1/3 als Erbe nach der Ehefrau des früheren Sparkassenleiters eingesetzt, was er der Revisionsabteilung der Sparkasse auch mitteilte.

Daraufhin lud der Vorstand der Sparkasse den Kläger zu einem Gespräch ein mit dem Ziel der Klärung, ob ein Bezug zur dienstlichen Tätigkeit gegeben sei. Der Kläger verwies demgegenüber auf private Motive für die Erbeinsetzung und wies darauf hin, dass er Frau A. vor Übernahme der Geschäftsstelle über deren Ehemann, den ehemaligen Zweigstellenleiter, kennen gelernt habe. In diesem Zusammenhang habe er öfters Herrn A. getroffen und später auch Frau A. Der Kläger hat seinem Arbeitgeber die Erbschaft schriftlich angezeigt. Gleichwohl erhielt kurz darauf die außerordentliche Kündigung. Aus der Tatsache, dass er Frau A. seit 1978 bis zu ihrem Tod geschäftlich betreut habe, könne nur der Schluss gezogen werden, dass die Erbeinsetzung aus der geschäftlichen Betreuung heraus entstanden sei, so die Begründung.

Die Entscheidung: Kündigung unwirksam

Das Landesarbeitsgericht Mainz gab der daraufhin erhobenen Kündigungsschutzklage des Sparkassenmitarbeiters statt und erklärte die außerordentliche Kündigung für unwirksam.

Keine Vorteilsannahme

Zunächst habe der Kläger sich nicht, wie von Seiten des Arbeitgebers vorgetragen, wegen Vorteilsannahme gem. § 331 StGB strafbar gemacht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm seien nicht gegeben. Strafbar macht sich danach ein Amtsträger, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Maßgebend ist die Verknüpfung der Annahme von Belohnungen oder Geschenken oder auch wie hier die Annahme einer Erbschaft „für die Dienstausübung“. Ein bloßer äußerer Anlass reicht hierfür nicht aus.

Kein Zusammenhang zwischen Erbeinsetzung und dienstlicher Tätigkeit

Der Kläger habe auch weder gegen das tarifvertraglich normierte Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken im öffentlichen Dienst noch gegen eine inhaltsgleiche Dienstanweisung verstoßen. Hierfür müsse objektiv ein enger Zusammenhang zwischen der Zuwendung und der dienstlichen Tätigkeit feststehen. Es sei aber nicht erkennbar, durch welche Beratertätigkeit des Klägers gegenüber Frau A. als Kundin oder als Vermieterin die testamentarische Erbeinsetzung erfolgt sein soll. Nicht ausreichend ist, dass ein logischer Kausalzusammenhang zwischen der Erbeinsetzung und der dienstlichen Tätigkeit besteht. Zwar hätte der Kläger die Erblasserin ohne seine berufliche Tätigkeit vermutlich nicht kennen gelernt und ein freundschaftliches Verhältnis zu ihr aufgebaut. Ein reiner Kausalzusammenhang reiche aber nicht aus, um festzustellen, dass die Vergünstigung in Bezug auf die Tätigkeit gewährt worden ist.

Dass zeitlich später hinzutretende geschäftliche Beziehungen maßgebend für die Erbeinsetzung gewesen seien, sei ebenfalls von der Beklagten nicht durch Tatsachen untermauert worden. Der Hinweis, der Kläger sei Kundenberater, genüge hierfür nicht.

Der böse Anschein: Annahme einer Erbschaft als genereller Kündigungsgrund?

Das Landesarbeitsgericht konnte somit offen lassen, ob die einmalige Annahme einer Erbschaft an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben, wenn der dienstliche Bezug unter Umständen als eine von mehreren Ursachen in Betracht kommt. Zwar sei das Verbot, ohne Zustimmung des Arbeitgebers Belohnungen oder Geschenke anzunehmen, grundsätzlich an sich geeignet einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. Denn ein Angestellter im öffentlichen Dienst habe sich so zu verhalten, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird. Schon der böse Anschein der Bestechlichkeit müsse vermieden werden.

Einmal ist keinmal: Abmahnung hätte genügt

Anders als bei dem vom Bundesarbeitsgericht im Jahre 2001 entschiedenen Fall einer Krankenpflegerin handele es sich hier aber nicht um einen mehrfachen jahrelangen Verstoß durch pflichtwidriges Verhalten, sondern um einen einmaligen Vorfall. Daher wäre vor Ausspruch der Kündigung zunächst eine Abmahnung angezeigt gewesen, zumal sonstige Fehlleistungen nicht vorgetragen waren. Schwere Pflichtverletzungen, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar sind und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen sind - wie etwa bei Erfüllung des Straftatbestandes der Vorteilsannahme -, lägen nicht vor.

Das Verhalten des Klägers hätte somit bei Vertragswidrigkeit mit einer Abmahnung geahndet und damit etwa zerstörtes Vertrauen wieder hergestellt werden können. Für den Kläger sprach zudem, dass er die von Frau A. erteilte Kontovollmacht dem damals zuständigen Vorstandsvorsitzenden angezeigt und dieser keine Einwendungen erhoben hatte.

Der Kläger war somit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.

 

(LAG Mainz, Urteil vom 07.10.2010, 2 Sa 306/10)