Können Schulverweigerer ihren Unterhaltsanspruch verlieren?
In Deutschland müssen Minderjährige je nach Bundesland neun oder zehn Jahre die Schulbank drücken. Wer gegen diese gesetzliche Schulpflicht verstößt, bekommt Probleme.
Schulschwänzern drohen je nach Landesrecht schriftliche Verweise oder sie werden – bei hartnäckigen Verstößen – vom Ordnungsamt zur Schule begleitet. Eltern müssen mit Geldbußen rechnen. Einige Länder sehen in extremen Fällen auch Freiheitsstrafen für Erziehungsberechtigte vor.
Aber damit ist die Palette an Konsequenzen noch nicht erschöpft.
Schulbesuch bewirkt Unterhaltspflicht der Eltern
Das OLG Frankfurt am Main hat sich in einem aktuellen Urteil mit der Frage beschäftigt, ob einem hartnäckigen Schulverweigerer nicht auch sein Unterhaltsanspruch gegen die Eltern entzogen werden kann.
- Der Unterhaltsanspruch besteht nach dem Gesetz (§§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB), wenn der Minderjährige zur Schule geht und deswegen seinen Unterhalt nicht selbst finanzieren kann.
- Die Richter des Frankfurter OLG sahen es wie ihre Kollegen an anderen Oberlandesgerichten: Diejenigen Schüler, die ihrer Schulpflicht nicht nachkommen und auch nicht arbeiten, müssen sich fiktive Einkünfte auf ihren Unterhaltsanspruch anrechnen lassen, die sie in dieser Zeit des Nichtstuns hätten verdienen können.
Kein fiktives Einkommen bei Bestehen der Unterhaltspflicht
Die Anerechnung fiktiver Einkünfte gilt jedoch nicht für Schüler, die noch der gesetzlichen Schulpflicht unterliegen. Denn sie dürften, selbst wenn sie wollten, wegen der gesetzlichen Schulpflicht einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen. Daher sei auch eine fiktive Anrechnung von Einkünften nicht möglich.
Wenn keine Schulpflicht mehr besteht, gilt: Wer nichts macht, kriegt auch nichts
Für andere Schulschwänzer, die bereits neun bzw. zehn Schuljahre hinter sich haben und damit nicht mehr schulpflichtig sind, schlossen sie eine Anrechnung jedoch nicht aus.
Wenn unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzes eine Erwerbsstätigkeit des Minderjährigen zur Deckung des eigenen Bedarfs erwartet werden kann, müssen die Eltern dieser Kinder nicht mehr zahlen (vgl. z. B. auch OLG Brandenburg, Beschluss v. 23.08.2004, 9 WF 157/04). Für sie kann also durchaus gelten: Wer nichts macht, bekommt auch nichts.
(OLG Frankfurt a. Main, Beschluss v. 15.07.2015, 5 UF 50/15).
Vgl. zu dem Thema auch:
- Ausbildungsunterhalt
Können unterhaltspflichtige Eltern den Unterhalt kürzen, weil der Sohn neben dem Studium jobbt?
Trotz Ausbildungsunterbrechung Unterhalt
- Schule Schwänzen
Sorgerechtliche Pflicht - Eltern müssen Schulbesuch durchsetzen
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3.0002
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