Zur Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments
In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall hatte das Nachlassgericht nach dem Tod des Erblassers im Dezember 2013 einen Erbschein ausgestellt, in dem seine Ehefrau als Erbin zu 1/2 und die beiden ehelichen Kinder als Erben zu je 1/4 ausgewiesen wurden. Im Oktober 2015 legte ein Notar dem Nachlassgericht ein inzwischen aufgefundenes handschriftliche Testament aus dem Jahr 1984 vor, in dem der Erblasser und seine Ehefrau sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Das mit „Gemeinschaftliches Testament“ überschriebene Schriftstück war von der Ehefrau allein handschriftlich ausgefertigt, im Anschluss an den Text mit Ort und Datum versehen und darunter von der Ehefrau unterzeichnet worden. Der Ehemann und spätere Erblasser hatte seine Unterschrift ohne weitere Angaben rechts neben die Unterschrift seiner Frau gesetzt. In der Folge zog das Nachlassgericht den erteilten Erbschein wieder ein.
Kinder bezweifeln Echtheit des Testaments
Gegen den Einziehungsbeschluss des Nachlassgerichts legten die Kinder des Erblassers Beschwerde ein. Sie zweifelten die Echtheit des Testaments an und machten geltend,
- es sei unglaubhaft, dass die Mutter sich an das gemeinschaftlich errichtete Testament zunächst nicht erinnert und dieses erst nahezu zwei Jahre nach Erteilung des Erbscheins vorgelegt habe,
- sie äußerten Zweifel an der Echtheit der Unterschrift des Vaters,
- das Testament sei auch formell ungültig, weil der Text allein von der Mutter verfasst worden sei,
- auf jeden Fall hätte der Vater über seine Unterschrift eine Orts- und Datumsangabe setzen müssen. Ohne diese Angabe sei völlig unklar, wann der Vater das Testament unterzeichnet haben soll.
OLG weist sämtliche Zweifel zurück
Sämtliche gegen das Testament vorgebrachten Argumente überzeugten das OLG nicht. Der Senat wies darauf hin, dass
- gemäß der gesetzlichen Formerleichterung des § 2267 BGB ein von Ehegatten errichtetes gemeinschaftliches Testament auch dann wirksam ist, wenn es nur von einem Ehegatten ausgefertigt wurde,
- gemäß § 2267 Satz 2 BGB der mitunterzeichnende Ehegatte zwar Ort und Datum gesondert angeben soll, diese Angaben aber keine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung eines gemeinschaftlichen Testaments seien,
- ein gemeinschaftliches Testament nicht voraussetzt, dass die Unterzeichnung durch die Ehegatten am gleichen Tag erfolgt, sondern eine Unterzeichnung auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten zulässig ist.
Der gemeinsame Verfügungswille ist entscheidend
Zur Begründung seines Standpunkts stellte das OLG auf das Wesen des gemeinschaftlichen Testaments ab. Dieses besteht nach Auffassung des Senats darin, dass beide Ehepartner gemeinschaftlich über ihren Nachlass verfügen möchten. Von diesem gemeinsamen Verfügungswillen sei auszugehen, wenn jeder der beiden Ehepartner im Zeitpunkt der Errichtung in einem tatsächlichen Sinne weiß und will, dass er zusammen mit dem anderen letztwillig verfügt und dies in der Urkunde angedeutet ist.
Keine ernsthaften Zweifel an der Echtheit
Schließlich sah das OLG auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, an der Echtheit des Testaments und insbesondere der Unterschrift des Erblassers zu zweifeln.
- Wie im Erbscheinverfahren genüge für die richterliche Überzeugung von der Gültigkeit eines Testaments ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit.
- Die Einholung eines Gutachtens zu Echtheit eines eigenhändigen Testaments sei nur in Zweifelsfällen geboten, wenn besondere Auffälligkeiten vorlägen, die der Richter nicht selbst überprüfen könne. Solche Umstände seien im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
- Auch die Tatsache, dass die über 80 Jahre alte Mutter sich erst relativ spät an die Abfassung des im Jahre 1984 errichteten Testaments erinnert hat, sei im Hinblick auf den erheblichen Zeitablauf nicht ungewöhnlich. Das nachträgliche Auffinden sei plausibel damit erklärt worden, dass erst anlässlich der anstehenden Auseinandersetzung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes sie sämtliche alten Unterlagen durchgegangen sei und dabei erst das Testament wieder entdeckt habe.
Im Ergebnis ging das OLG daher von der Echtheit des Testaments und der Wirksamkeit der gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung aus. Damit ist die Ehefrau des Erblassers aufgrund gemeinschaftlichen Testamentes Alleinerbin des Nachlasses geworden.
(OLG Düsseldorf, Beschluss v. 3.1.2017, I-3 Wx 55/16)
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