BGH gewährt fiktiven Reparaturkosten nur für gute, möglichst preiswerte Fachwerkstatt
In einem schnell erzählten Fall fasst der BGH schön übersichtlich seine Grundsätze zum fiktiven Schadensersatzanspruch zusammen. Dies ist auch interessant vor dem Hintergrund, dass die Berechtigung und Sinnhaftigkeit von fiktivem Schadensersatz zunehmend in Frage gestellt wird
(→ BGH ändert Rechtsprechung zum Schadensersatz beim Werkvertrag,
Fiktive Schadensberechnung soll in allen Bereichen abgeschafft werden )
Haftpflichtversicherung muss Verkehrsunfallschaden zahlen, aber wieviel?
Es ging um die Ansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 15.3.2015 ereignete und bei dem ein fünf Jahre alter Fiat Punto beschädigt wurde. Dessen Eigentümer verlangt von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners Schadensersatz, wobei er nicht vorhat, seinen Fiat reparieren zu lassen (§ 115 Abs.1 VVG, § 7 StVG, §§ 249 ff. BGB). Dass die Versicherung zahlen muss, steht außer Frage und Streit, uneinig ist man sich jedoch über die Höhe der Entschädigung.
Haftpflichtversicherer findet Werkstatt, die unterhalb der üblichen Sätze abrechnet
Der Fiat Punto-Fahrer hatte einen Privatgutachter engagiert, der die üblichen Preise einer ortsansässigen, nicht markengebundenen Fachwerkstatt ermittelt hat.
- Der Stundensatz beträgt danach 103,75 EUR netto.
- Die notwendigen Ersatzteile sind mit einem 10%igen UPE-Aufschlag (UPE = Unverbindliche Preisempfehlung) versehen.
Der Haftpflichtversicherer seinerseits hat eine nur 6,1 km entfernte Werkstatt ausfindig gemacht, die lediglich 95 EUR netto pro Stunde veranschlagt und der UPE auf Heller und Pfennig folgt.
Kleine Kostendifferenz, die in den Instanzen unterschiedlich bewertet wird
Im Ergebnis stritten sich Fiat-Fahrer und Versicherung um einen Differenzbetrag i.H.v. 221,96 EUR, den das Amtsgericht Solingen zusprach, das Landgericht Wuppertal versagte und der BGH in der Revision endgültig strich.
Schadensminderungspflicht schlägt Durchschnittssätze
Die Karlsruher Richter des 6. Senats haben in diesem Urteil ihre bisherige Rechtsprechung wie folgt bestätigt:
Egal, ob überhaupt oder wie der Geschädigte sein Fahrzeug reparieren lässt, kann er grundsätzlich die Reparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt einfordern.
Allerdings muss er sich auf eine günstigere Reparatur in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen lassen,
- wenn der Ersatzpflichtige nachweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und
- wenn etwaige Unzumutbarkeitsgründe des Unfallgeschädigten widerlegt werden.
Geschädigte muss Wirtschaftlichkeitsgebot und Schadensminderungspflicht beachten
Das sei dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 249 Abs.1 S. 2 BGB) und der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) geschuldet.
Das gilt trotz der Besonderheit dieses Falles, dass der Gutachter bereits mittlere ortsübliche Sätze nicht markengebundener Fachwerkstätten zugrunde gelegt hat.
UPE-Aufschlag wäre bei günstigerer Werkstatt nicht angefallen
Nach dem gleichen Prinzip fällt die Entscheidung zu den UPE-Aufschlägen aus:
Grundsätzlich können Ersatzteilaufschläge im Rahmen des fiktiven Schadenersatzes berücksichtigt werden, wenn sie regelmäßig bei den regionalen Werkstätten angesetzt werden.
Allerdings rechnet die Werkstatt, die der Haftpflichtversicherer hier herausgesucht hatte, immer ohne Aufschlag exakt nach der UPE ab. Deshalb kam auch in diesem Punkt die Ausnahme vom Grundsatz zum Tragen: Die oberen Gerichte waren sich einig, dass der Punto-Fahrer den Aufschlag nicht verlangen durfte.
(BGH, Urteil v. 25.9.2018, VI ZR 65/18).
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Hintergrund:
Grundsätzlich gilt: Geschädigte haben nach der Rechtsprechung des Senats in der Regel Anspruch auf den Ersatz der in der markengebundenen Fachwerkstatt angefallenen Reparaturkosten. Das gilt unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt.
- Dies gilt jedenfalls, wenn das beschädigte Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war
- es sich um ein Fahrzeug handelt, das älter als drei Jahre ist, das aber regelmäßig in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und gegebenenfalls auch repariert wurde (BGH, Urteil v. 07.02.2017, VI ZR 182/16).
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