Wie man ein Rechtsmittel versenkt: 2 mal eingelegt

Legen namens der unterlegenen Partei zwei Prozessbevollmächtigte unabhängig voneinander Berufung ein und nimmt einer von ihnen die Berufung ohne einschränkenden Zusatz zurück, so bewirkt dies den Verlust des insoweit einheitlich zu behandelnden Rechtsmittels.

In dem Fall unterlag ein Mandant in einem vor dem LG Darmstadt geführten Rechtsstreit. Zu viel Anwaltseinsatz kostete in schließlich sein Rechtsmittel.

Doppelt hält nicht immer besser: Zwei Anwälte legen Berufung ein

Das Urteil war den für die erste Instanz bestellten Prozessbevollmächtigten der Beklagten, A Rechtsanwälte, am 30.8.2013 zugestellt worden. Mit am 27.9.2013 bei Gericht per Telefax eingegangenem Schriftsatz hat sich dann Rechtsanwältin B als Prozessbevollmächtigte der Beklagten bezeichnet, für die Beklagte Berufung gegen das Urteil eingelegt und Akteneinsicht beantragt.

Mit am 30.9.2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat Rechtsanwalt C die A Rechtsanwälte ebenfalls als Prozessbevollmächtigte der Beklagten bezeichnet und namens und in Vollmacht der Beklagten Berufung gegen das Urteil mit dem Hinweis eingelegt, die Einlegung der Berufung erfolge derzeit lediglich fristwahrend.

Eine nimmt sie zurück - das Rechtsmittel ist weg

Mit Schriftsatz vom 1.10.2013 hat Rechtsanwalt C die A Rechtsanwälte wiederum als Prozessbevollmächtigte der Beklagten bezeichnet und erklärt: „… nehmen wir die am 30.9.2013 fristwahrend eingelegte Berufung zurück“. Das Gericht hat die Beklagte des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt und ihr die Kosten auferlegt. Die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.

Berufungsrücknahme ohne jede Einschränkung

Das OLG Frankfurt entschied, dass die Rücknahmeerklärung im Schriftsatz des Rechtsanwalts C keine erkennbare Beschränkung dahin enthielt, dass diese Erklärung nur die von ihm abgegebene Prozesshandlung betreffen solle und er sich somit für seine Person aus dem Berufungsverfahren zurückziehen wolle. „Der Wortlaut der Erklärung im Schriftsatz vom 1.10.2013 bezieht sich auf das Rechtsmittel selbst (die Berufung) und nicht etwa nur auf die von Rechtsanwalt C zuvor abgegebene Prozesserklärung.

Dass dabei ergänzend das Datum der Berufungseinlegung genannt wurde („am 30.9.2013 fristwahrend eingelegte“), diente aus Sicht des Erklärungsempfängers lediglich der Konkretisierung des Rechtsmittels. Ein anderer objektiver Erklärungsinhalt ergibt sich auch nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit aus den sonstigen Umständen“, schreibt das Gericht.

Eindeutiger Wortlaut verbietet Spekulationen

Zwar mochte der etwa zeitgleiche Eingang zweier Berufungsschriften sowie der Umstand, dass einerseits die jetzige Beklagtenvertreterin mit ihrer Berufungsschrift Akteneinsicht verlangt und andererseits Rechtsanwalt C in seiner Berufungsschrift die Berufung nur als fristwahrend eingelegt bezeichnet hat, die Vermutung nahelegen, dass nach einem beabsichtigten Anwaltswechsel die beiden Prozessbevollmächtigten von den jeweiligen Prozesserklärungen des jeweils anderen nichts wussten. Diese Vermutung allein reicht aber nicht aus, um der nach ihrem objektiven Gehalt auszulegenden Rücknahmeerklärung im Schriftsatz des Rechtsanwalts C entgegen ihrem Wortlaut einen anderen Sinn beizulegen, erkannte das Gericht

(OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 19.11.2013, 6 U 210/13).


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