Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als notwendiges Betriebsvermögen
Hintergrund: Das Einzelunternehmen erzielt seine wesentlichen Umsätze mit der GmbH
X unterhält ein Einzelunternehmen mit dem Gegenstand Medienplanung und Werbeagentur. Daneben war er alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der B-GmbH, die ihrerseits 100 % Anteile an 2 GmbHs hält (A- und C-GmbH). Die GmbHs sind im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Pharmaprodukten tätig. In 2006 schloss X mit der C-GmbH, seiner Hauptauftraggeberin, einen Agenturvertrag. Danach übernahm X die alleinige Betreuung der C-GmbH in Fragen der Werbung. Die Einschaltung des X als Werbeagentur hatte den Zweck, von den mit der Werbung beauftragten Verlagen den marktüblichen Agenturrabatt (15 %) zu erhalten. Die Verlage gewährten den Rabatt nur den Werbeagenturen, nicht aber bei direkter Beauftragung durch den eigentlichen Werbekunden. X hatte die Agenturrabatte an die C-GmbH weiterzugeben und erhielt von dieser ein Honorar. Ähnliche Vereinbarungen bestanden offenbar mit der A- und der B-GmbH. Die Umsätze des Einzelunternehmens stammten in 2005 – 2010 zu 99 % bis 100 % aus der Werbetätigkeit für die 3 GmbHs.
Das FG lehnt die Betriebsvermögenseigenschaft wegen des umfangreichen eigenen Geschäftsbetriebs der GmbH ab
Das FA ging (Streitjahr 2010) davon aus, die Beteiligung des X an der B-GmbH sei seinem Betriebsvermögen zuzuordnen mit der Folge, dass die Ausschüttung aus der B-GmbH bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen sei. X wandte ein, die Beteiligung gehöre zum Privatvermögen. Denn wegen der umfangreichen eigenen Geschäftstätigkeit der B-GmbH und ihrer Tochtergesellschaften diene die Beteiligung nicht (nahezu) ausschließlich und unmittelbar dem Einzelgewerbebetrieb. Das FG folgte dieser Argumentation unter Hinweis auf den bei den GmbHs liegenden Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit und gab der Klage statt. Die Umsätze und Gewinne der GmbHs seien wesentlich höher als die des Einzelunternehmens. X sei es lediglich um die Erlangung der Agenturrabatte gegangen. Das Einzelunternehmen sei im Grunde als unselbständige Betriebsabteilung (Anhängsel) der B-GmbH anzusehen. Die Beteiligung sei daher nicht im geschäftlichen Interesse des Einzelunternehmens gehalten worden.
Entscheidung: Entscheidend ist, ob aus der Sicht des Einzelgewerbetreibenden mit der Beteiligung betriebliche Vorteile verbunden sind
Nach der Rechtsprechung des BFH gilt der Grundsatz, dass eine Beteiligung unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt wird (also notwendiges Betriebsvermögen darstellt), wenn sie entweder dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten. Demgegenüber reicht die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen, für die Annahme notwendigen Betriebsvermögens ebenso wenig aus wie ein einmaliger Geschäftsvorfall. Für den Gesichtspunkt der Absatzförderung ist der Anteil am Umsatz des Einzelunternehmens entscheidend, nicht am Gewinn. Erforderlich ist eine dauerhafte und intensive Geschäftsbeziehung. Die Frage, ob eine Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, ist aus der Sicht des Einzelunternehmers zu entscheiden. Denn die Betriebsvermögenseigenschaft beurteilt sich aus der Sicht des Einzelunternehmens, nicht aus der Sicht des Wirtschaftsguts (hier: der Kapitalgesellschaft). Nicht entscheidend ist – entgegen der Auffassung des FG – der Umfang des eigenen Geschäftsbetriebs der Kapitalgesellschaft. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Kapitalgesellschaft über die Geschäftsbeziehung zum Einzelunternehmen hinaus noch einen weiteren Geschäftsbetrieb unterhält.
Notwendige Betriebsvermögen bei existenzieller Bedeutung für das Einzelunternehmen
Im Streitfall tätigte X mit den 3 GmbHs 99,9 % des Umsatzes seines Einzelunternehmens. Das Einzelunternehmen war daher auf die Geschäftsbeziehung mit den 3 Beteiligungsgesellschaften existenziell angewiesen. Der Einwand des X, er sei aufgrund seiner sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf die Einkünfte aus dem Einzelunternehmen nicht angewiesen, liegt neben der Sache. Entscheidend für die Abgrenzung des notwendigen Betriebsvermögens von einer bloßen Kapitalanlage ist, ob die Beteiligung für das Einzelunternehmen von existenzieller Bedeutung ist. Ob auch das Einzelunternehmen für den Einzelunternehmer (Steuerpflichtigen) nach dessen individuellen Verhältnissen existenziell bedeutend ist, ist unerheblich. Bei der im Streitfall überragenden Bedeutung der Beteiligung für das Einzelunternehmen kann daher von einer bloßen Kapitalanlage nicht ausgegangen werden. Die Gewinnung von Aufträgen stellt sich nicht lediglich als ein erwünschter Nebeneffekt der Beteiligung dar.
Einbeziehung auch der Umsätze bei mittelbarer Beteiligung
Dass X nur an der B-GmbH unmittelbar und an der A- und C-GmbH lediglich mittelbar über seine 100 %-Beteiligung an der B-GmbH beteiligt war, steht der Einbeziehung der mit diesen Enkelgesellschaften getätigten Umsätze in die Betrachtung nicht entgegen. Denn eine Beteiligung gehört auch dann zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn die Geschäftsbeziehungen zu einer Gesellschaft unterhalten werden, die von der Beteiligungsgesellschaft beherrscht wird. Damit gehört die von der B-GmbH an X ausgeschüttete Dividende zu seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb. Der BFH hob daher das entgegenstehende FG-Urteil auf und wies die Klage ab.
Hinweis: Die Aussicht auf Aufträge spricht für Betriebsvermögen
Der BFH legt anhand einer Fülle von Entscheidungen ausführlich dar, dass in der bisherigen Rechtsprechung in keinem Fall auf das vom FG zentral herangezogene Kriterium abgestellt wurde, ob die Kapitalgesellschaft über einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb verfügte. Das FG hätte daher nicht den Anteil des Einzelunternehmens am Umsatz und Gewinn des Gesamtkonzerns in den Vordergrund rücken dürfen, sondern hätte entscheidend auf den Anteil der Kapitalgesellschaften am Umsatz des Einzelunternehmens abstellen müssen. Wie der BFH für den Fall eines Freiberuflers entschieden hat, kann von einer bloßen Kapitalanlage nur dann ausgegangen werden, wenn ihr ein eigenes wirtschaftliches Gewicht zukommt. Das ist dann anzunehmen, wenn es dem Unternehmer – aus seiner maßgeblichen Sicht - auf die Kapitalanlage ankommt und die Gewinnung von Aufträgen lediglich als erwünschter Nebeneffekt erscheint. Dagegen ist ein eigenes wirtschaftliches Gewicht zu verneinen, wenn das Geschäft ohne die Aussicht auf neue Aufträge nicht zustande gekommen wäre (BFH v. 26.1.2011, VIII R 19/08, BFH/NV 2011, 1311).
BFH Urteil vom 10.04.2019 - X R 28/16 (veröffentlicht am 11.07.2019)
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