„Unternehmen haben die Verpflichtung, die E-Mobilität voranzutreiben“
Herr Çörekçi, Ihr Unternehmen kümmert sich um die Abwicklung von Zahlungen rund um Firmenfahrzeuge. Nun geht es um E-Fahrzeuge im Fuhrpark von Unternehmen. Was haben Sie vor?
Unser Kerngeschäft liegt darin, fahrzeugrelevante Zahlungsdienstleistungen so einfach wie möglich anzubieten. Grundsätzlich begleitet Fleetcor Deutschland kleine und mittelständische Unternehmen bei der Transformation. Wir investieren daher schon lange in Elektromobilität, weil sie inzwischen einen signifikanten Anteil der Unternehmensflotten ausmacht. Vor allem KMUs haben weniger Ressourcen, um ihre Flotten so professionell wie größere Unternehmen zu betreiben. Wir geben unseren deutschen Kunden seit 2018 eine Ladekarte, empfehlen ihnen Produkte oder Lösungen und begleiten sie auf dem Weg, wenn sie ihre Betriebsflotte beispielsweise elektrifizieren wollen.
Wie bereiten Sie Unternehmen konkret auf diese Antriebswende vor?
In den Medien liest man immer wieder: Das Ladenetzwerk in Deutschland ist komplex, die Preise sind nicht transparent genug. Und tatsächlich gibt es viele Tarife. Nicht immer weiß man, zu welchem Preis man lädt. Ist die Ladestation verfügbar und sind die Daten korrekt? Viele Unternehmen haben uns schon bei Dienstleistungen wie der Tankkarte vertraut. Das Gleiche erwarten sie von uns nun im Bereich der Elektromobilität. Diese Nachfrage versuchen wir mit digitalen Tools und Content zu bedienen. Unsere Kunden können sich über Online-Angebote informieren. Außerdem wird unser Team im Backoffice, im Vertrieb und der Kundenbetreuung seit Jahren dafür trainiert, dass sie Kunden weiterhelfen können.
Inwiefern?
Ein Mitarbeiter aus dem Vertrieb spricht mit einem potenziellen Kunden dann nicht nur über ein Produkt, sondern hilft auch dabei, das Laden am Arbeitsplatz zu integrieren, flexible Tarife aus Solarenergie einzuspeisen oder die Kosten mit dem Fahrer abzurechnen.
Von Flottenmanagern und Dienstwagen: Viel Luft nach oben
Wieso ist das E-Auto als Dienstwagen in Deutschland noch nicht wirklich etabliert?
In diesem Bereich hinken wir gegenüber führenden Nationen in Skandinavien oder den Niederlanden und Belgien hinterher. Viele Flottenbetreiber achten darauf, wie viele Ladestationen verfügbar sind. Die Zahl der Stationen wächst jährlich, aber die öffentliche Meinung, dass man immer einen Ladepunkt findet, gibt es nicht. Ob und wie ich mein E-Auto laden kann, ist in jedem Gespräch ein Thema. In den Niederlanden fragt man sich nicht mehr, ob E-Mobilität eine Zukunftstechnologie ist. Es wird dort schon seit Jahrzehnten angenommen. Mit Blick auf Investitionen ist man in Deutschland zurückhaltender, besonders seit der Corona P andemie, als keiner wusste, was passieren wird und ob wir allgemein weniger fahren werden. Im Zuge des Krieges in der Ukraine ist auch Energie teurer geworden.
Ihre Kunden sind vor allem mittelständische Unternehmen. Vor welchen Hürden steht man hier?
Nicht für jedes Unternehmen ist es sinnvoll, auf E-Mobilität umzustellen. Wir begleiten Unternehmen, deren Kundenbetreuer und technische Mitarbeitende 20 bis 30 Werkstätten am Tag besuchen. Hätte jede Werkstatt eine Ladestation, wäre es möglich. Jedoch haben sie dafür auch keine Zeit.
Alles nur eine Frage der Zeit?
Nein, oft fehlt den Flottenmanagern auch das notwendige Training, die meisten Verantwortlichen sind nicht einmal zertifiziert. Um die grob 50 Fahrzeuge kümmert sich dann jemand aus der Finanzabteilung, dem Office Management oder der Geschäftsführung. Diese Person muss sich neben ihrem Job also noch mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen. Zudem muss so jemand etwa verstehen, welche zeitlichen Komponenten es beim Laden gibt, dass manche Ladepunkte eine Einmalgebühr haben, dass es auch Parkgebühren gibt oder dass so etwas von Ladestation zu Ladestation variiert. Das ist nicht einfach.
Viele Unternehmen wechseln zu Angeboten wie einem Mobilitätsbudget oder setzen auf Pool-Fahrzeuge. Wie zeitgemäß ist der Dienstwagen heute überhaupt noch?
Als Zahlungsdienstleister leben wir vom Dienstwagen. Allerdings bin ich kein Fan von starren Systemen. Und wenn der Trend in Richtung von Angeboten wie Mobilitätsbudgets geht, sind wir dazu verpflichtet, flexibler zu werden und Alternativen zu schaffen. Letztlich findet eine Zahlung statt, ob für den Kraftstoff, für Elektrizität oder eine andere Ausgabe. Das Volumen bleibt daher gleich oder es wird sogar größer, wenn mehrere Varianten zur Verfügung stehen. Während in der urbanen Mobilität flexible Modelle etabliert werden müssen, ist man in Deutschland in manchen Berufen immer noch viel unterwegs. Ein Dienstwagen ist dann weiterhin notwendig. Allerdings ist ein Fahrzeug, das 20 Stunden vor dem Haus steht und nicht bewegt wird, eine Verschwendung von Geld und Ressourcen, auch des Unternehmens.
Das können Unternehmen für die Antriebswende tun
Und auch im B2C-Bereich kann das E-Auto immer noch nicht Fuß fassen. Woran liegt das?
Deutschland ist einer der wichtigsten Automobilproduzenten der Welt. Doch es gibt noch kein E-Fahrzeug aus deutscher Herstellung, welches in Preis und Leistung massentauglich ist. Wir bekommen keinen Golf hin, den jeder guten Gewissens kaufen und fahren kann. So ein Auto muss zwar nicht in Deutschland hergestellt werden, aber natürlich schauen Menschen darauf, wie und wo deutsche Konzerne E-Fahrzeuge entwickeln und wie massentauglich diese sind. Bisher hat man sich hier auf das Luxussegment konzentriert. Eine negative Stimmung wird sich bei Endverbrauchern aber nicht ändern, wenn sie sehen, dass nicht einmal große Unternehmen in Elektromobilität investieren.
Sollte der B2B-Sektor auch eine Rolle für die Transformation des Straßenverkehrs spielen?
Ich fahre selbst seit 2018 ein Elektrofahrzeug. Damals gab es nur wenige E-Fahrzeuge auf den Straßen. Wenn auf den Autobahnen mehr (von Unternehmen) gebrandete E-Fahrzeuge zu sehen sind, suggeriert das auch Endverbrauchern: Es funktioniert doch! Es gilt zu zeigen, dass verschiedene Mobilitätsmodelle funktionieren und dass ein Dieselauto und ein E-Fahrzeug nebeneinander existieren können. Unternehmen haben die Verantwortung und Verpflichtung, die E-Mobilität voranzutreiben. Nicht zuletzt helfen Investitionen in diese Technologien, um die Herausforderungen im B2B-Bereich schneller zu lösen. Technologien können sich so besser entwickeln und auch Anbieter können davon lernen.
Wird sich Fleetcor in Zukunft auf E-Mobilität konzentrieren oder wovon hängt das ab?
Sofern nicht eine faszinierende Technologie entwickelt wird, die weder Strom noch fossile Brennstoffe braucht, ist Elektromobilität die Zukunft. Einen Großteil unserer Zeit investieren wir in E-Mobilitätsprojekte. Nicht nur, weil das nachhaltig und richtig ist, sondern auch Komfort bietet. Mit einer Wallbox muss ich nicht mehr zur Tankstelle fahren. Allerdings müssen auch wir unser Geschäftsmodell anpassen. Wir leben zu über 90 Prozent vom klassischen Geschäft mit Tankkarten. Es ist schwierig, von der traditionellen Welt in eine andere Welt hineinzuwachsen. Wir müssen also viel investieren, um unsere Kunden weiterhin zu begleiten. Neben dem unternehmerischen Denken ist es aber auch unsere Verantwortung als Mittelständler, die nachhaltige Transformation mit voranzutreiben.
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