Kauf einer nießbrauchsbelasteten Immobilie
Voraussetzung für den Abzug von vorweggenommenen Werbungskosten ist, dass zwischen den Werbungskosten und den erwarteten späteren Einnahmen ein ausreichend bestimmter Zusammenhang besteht.
Fraglich ist, ob Finanzierungskosten, z.B. Schuldzinsen, vorweggenommene Werbungskosten sind,
- wenn eine vermietete – nießbrauchsbelastete – Immobilie erworben wird, und
- die Anschaffungskosten ganz oder teilweise mittels eines Kredits finanziert werden.
Praxis-Beispiel: Kauf eines nießbrauchsbelasteten Mietwohnhauses
A erwarb Anfang 2017 ein Mietwohnhaus von seinem Neffen N zum ortsüblichen Preis von 600.000 EUR. Das Haus ist mit einem lebenslänglichen Vorbehaltsnießbrauch der Mutter des N belastet. Diese bezieht aus der Immobilie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. A hat für den Kauf des Gebäudegrundstücks einen Kredit von 300.000 EUR aufgenommen, für den er 2017 7.500 EUR Zinsen zahlt. Er will die Schuldzinsen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen.
Praxis-Hinweis: Erhaltungsaufwendungen sind nicht abziehbar
Der BFH hat entschieden, dass der Eigentümer eines Geschäftshauses, das mit einem lebenslänglichen Nießbrauchsrecht zugunsten eines Dritten belastet ist, die von ihm getragenen Umbau- und Renovierungskosten nicht als vorab entstandene Werbungskosten abziehen kann (BFH, Urteil v. 14.11.2007, IX R 51/06). Einem Abzug der Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten für die im Anschluss an den Wegfall des lebenslang eingeräumten Nießbrauchs beabsichtigte Vermietungstätigkeit des Steuerpflichtigen stand im Urteilsfall nach Ansicht des BFH schon entgegen, dass das Ende der Nießbrauchsausübung im Zeitpunkt der Aufwendungen nicht absehbar war. Nach Ansicht des BFH fehlt es regelmäßig an der Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen für eine Immobilie tätigt, die eine andere Person, d.h. der Nießbraucher, zu nutzen berechtigt und ein Ende der Nutzung nicht absehbar sei.
Vom Eigentümer eines mit einem Vorbehaltsnießbrauch belasteten Grundstücks getragene Aufwendungen können nach Auffassung des BFH ausnahmsweise vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein,
- wenn der Steuerpflichtige sie im eigenen Interesse als zukünftiger Nutzer des Hauses gemacht hat und
- der Nießbrauch nach den zugrundeliegenden Vereinbarungen zeitnah aufgehoben werden soll (BFH, Urteil v. 25.2.2009, IX R 3/07).
Steuer-Tipp: BFH-Rechtsprechung gilt nicht für Schuldzinsen
Das FG Baden-Württemberg hat jüngst entschieden, dass Schuldzinsen, die auf die Finanzierung des Kaufs eines nießbrauchsbelasteten Grundstücks entfallen, beim nießbrauchsverpflichteten Eigentümer als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sein können (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.4.2017, 5 K 763/15, Rn. 33, 39). Das Gericht weist darauf hin, dass der BFH bislang ausnahmslos im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten geurteilt hat. Erhaltungsaufwendungen beziehen sich bereits auf das Jahr ihrer Ausführung und damit auf einen Zeitraum, in dem noch nicht der Eigentümer des Grundstücks, sondern allein der Nießbrauchsberechtigte Vermietungseinkünfte erzielt.
Im Gegensatz dazu handelt es sich nach Meinung des FG bei den Anschaffungskosten für ein Grundstück und den damit im Zusammenhang stehenden Finanzierungskosten um Aufwendungen, die ausschließlich im Hinblick auf die in der Zukunft beabsichtigte und dann auch erfolgte Vermietung getätigt werden. Damit stehen diese Aufwendungen grundsätzlich im direkten wirtschaftlichen Zusammenhang zu den vom Steuerpflichtigen in der Zukunft beabsichtigten und letztlich auch erzielten Vermietungseinkünften.
Das FG hat im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache und insoweit fehlender höchstrichterlicher Rechtsprechung die Revision gegen sein Urteil zugelassen, die vom Finanzamt auch eingelegt worden ist (Az. des BFH: IX R 20/17). Vergleichbare Fälle sollten offengehalten werden, bis der BFH entschieden hat. Entsprechende Rechtsbehelfsverfahren ruhen kraft Gesetzes (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).
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