Elektronische Zeiterfassungssysteme sind heute in vielen Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Sie gewähren wertvolle Einblicke in die Produktivität der Mitarbeiter:innen und stellen eine korrekte Lohnabrechnung sicher. Bisher konnten Unternehmen selbst entscheiden, ob und wie sie die Arbeitszeiten der Mitarbeitenden erfassen. Künftig müssen aber auch rechtliche Vorgaben zur Zeiterfassung eingehalten werden. Damit Sie jederzeit auf dem aktuellen Stand sind, informiert Sie dieser Beitrag über die wichtigsten Varianten und Regelungen zur Zeiterfassung.
Dank elektronischer Zeiterfassungssysteme erfassen Unternehmen die tatsächliche Anwesenheitszeit der Mitarbeitenden, üblicherweise durch das Registrieren und Buchen von Kommt- und Geht-Zeiten, einschließlich der Pausenzeiten. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die Arbeitszeiten der Beschäftigten zu erfassen: z. B. mittels festinstallierter Terminals auf dem Firmengelände, online über Software-Anwendungen, oder mobil über Apps oder Tablets.
Damit dokumentieren Unternehmen die geleisteten Arbeitsstunden der Mitarbeitenden, z. B. für flexible Arbeitszeitsysteme und Gleitzeitregelungen, für die Lohnabrechnung, aber auch für die interne Projektüberwachung, z. B. als Leistungsnachweis für Abrechnungen externer Kund:innen.
Digitale Zeiterfassungssysteme bieten für Unternehmen und Mitarbeitende zahlreiche Vorteile. Für Unternehmen bedeutet dies z. B.:
Derzeit umfassen die gesetzlichen Aufzeichnungspflichten in Deutschland nur Arbeitszeiten, die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehen, wie Überstunden und Mehrarbeit. Zudem muss eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zwischen zwei Arbeitsschichten gewährleistet sein. Nur bei geringfügig Beschäftigten verpflichtet §17 des Mindestlohngesetzes die Unternehmen dazu, die Arbeitszeiten zu dokumentieren. Hier sind Beginn und Ende sowie die Dauer der Arbeitszeit festzuhalten.
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof bereits im Mai 2019 entschieden, dass Arbeitgeber in der EU die täglichen Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden erfassen müssen (Az. C-55/18). Das Urteil des EuGH enthielt jedoch keine genauen Regelungen oder Vorgaben, wie die Arbeitszeiterfassung erfolgen soll. Die konkrete Umsetzung wurde den einzelnen EU-Staaten überlassen. Im Jahr 2022 stellte das BAG in Deutschland selbst eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung fest (BAG-Urteil - Pflicht zur Arbeitszeiterfassung schon jetzt? | Arbeitsschutz | Haufe Beschluss vom 13.9.2022, Az. 1 ABR 22/21). Bislang fehlen jedoch klare Vorgaben zur genauen Durchführung der Arbeitszeiterfassung, ein konkreter Gesetzesentwurf wurde bislang noch nicht beschlossen. Es ist aber abzusehen, dass eine detaillierte Regelung bald folgen wird.
Das EuGH-Urteil regelte bisher nicht, in welcher Form die Arbeitszeiten zu erfassen sind. Der Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sollte etwas mehr Klarheit geschaffen. Grundsätzlich soll eine Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung am Tag der Arbeitsleistung gelten, die konkrete Gestaltung ist jedoch nicht beschlossen. Arbeitgeber können die Arbeitszeiterfassung zudem auf ihre Beschäftigten delegieren, so dass diese ihre Stunden selbst erfassen können. Die Mitarbeitenden dürfen ihre erfassten Stunden einsehen und prüfen.
Daraus lässt sich jedoch ableiten, dass zunächst wohl die meisten gängigen Programme und Apps zulässig sein dürften, sowie zunächst auch eine tabellarische Zeiterfassung mit einer einfachen Excel-Tabelle.
Wichtig: Das bedeutet aber auch, dass klassische Stundenzettel künftig keine Verwendung mehr finden sollten und Unternehmen ohne elektronische Zeiterfassung daher gut beraten sind, gleich auf digitale Lösungen umzusteigen, um den kommenden gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen!
Die Arbeitszeiten lassen sich über verschiedene Systeme erfassen:
Was sich für Büromitarbeitende recht einfach umsetzen lässt, stellt Unternehmen mit Beschäftigten ohne festen Einsatzort häufig vor größere Herausforderungen. Denn diese können meist die auf dem Firmengelände aufgestellten Zeiterfassungsterminals nicht nutzen. Abhilfe versprechen hier mobile Zeiterfassungssysteme: Als Apps auf Smartphones und Tablets werden sie zur praktischen Lösung für Arbeitnehmende, die orts- und zeitunabhängig Zugriff auf ihre Arbeitszeiterfassung benötigen.
Für ortsungebundene Beschäftigte, wie z. B. im Außendienst, bei Speditionen, Pflegediensten, Wachdiensten, Bau- oder Montageunternehmen oder auch im Homeoffice bietet die mobile Art der Arbeitszeiterfassung enorme Vorteile:
Bei Vertrauensarbeitszeit und im Homeoffice gelten die gleichen gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit und Pausenregelung wie im Büro. Dies dient dem Schutz der Mitarbeitenden, daher muss der Arbeitgeber auch in diesen Fällen prüfen, ob die Arbeitszeiten nicht überschritten und die vorgeschriebenen Pausen und Erholungszeiten eingehalten werden.
Gerade weil zuhause die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben oft verschwimmen, müssen Arbeitgeber die Arbeitszeiten von den Mitarbeitenden mit Vertrauensarbeitszeit und im Homeoffice erfassen lassen. Dies schafft Transparenz, damit sowohl die Führungskraft und das Unternehmen als auch der:die Arbeitnehmende selbst nachvollziehen können, wann wie viel Arbeit geleistet wurde. Werden diese Zeiten korrekt erfasst, schafft dies für alle Beteiligten einen verlässlichen Überblick über geleistete Überstunden.
Nutzen Unternehmen bisher noch kein Zeiterfassungssystem, sollten sie jetzt aktiv werden. Zwar gibt es noch keine gesetzliche Regelung, die die Art und Weise der Zeiterfassung genau festlegt. Strafen für Unternehmen, die noch keine Zeiterfassung eingeführt haben, sind darum vorerst nicht zu erwarten. Dennoch wird es in absehbarer Zeit gesetzliche Vorgaben geben. Unternehmen sollten daher schnellstmöglich damit beginnen, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden elektronisch zu erfassen, um den kommenden Dokumentationspflichten zu genügen.
Wichtig zu wissen: Arbeitgeber dürfen Systeme für die Arbeitszeiterfassung nicht allein einführen und umsetzen. Betriebsräte dürfen die Initiative ergreifen und bei der Einführung elektronischer Systeme mitbestimmen, da die Arbeitszeiterfassung auch den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden tangiert.
Arbeitgeber dürfen Verhandlungen nicht mit dem Verweis ablehnen, auf die ausstehende gesetzliche Regelung warten zu wollen.
Halten sich Unternehmen schon jetzt an die kommenden gesetzlichen Vorgaben, vermeiden sie damit rechtliche Konflikte, da die Erfassungspflicht faktisch schon besteht. Ein einfacher Schicht- oder Dienstplan wird zukünftig nicht mehr ausreichen.
Daher sollten Unternehmen möglichst rasch auf genaue Zeiterfassungssysteme umsteigen, um kostspielige Gerichtsverfahren rund um den Arbeitsschutz und die Vergütung von Mehrarbeit und Überstunden zu vermeiden.
Alexandra Carlesso arbeitet als Content Marketing Managerin in der Haufe Group. Mit ihrem Fachwissen rund um Themen wie HR-Management, Digitale Personalakte, New Work, Onboarding und den HR-Chatbot erstellt sie unterschiedliche digitale Medienformate – passend zugeschnitten für alle, die sich mit Personalarbeit beschäftigen.