Konversion & Umnutzung: Life Science in alten Warenhäusern

Der Fokus von Investoren liegt bei Life-Science-Immobilien auf den Innenstädten. Und die Wachstumsbranche sucht dringend großfläche Objekte in zentralen Lagen, heißt es in Studien. Warum nicht leerstehende Warenhäuser umnutzen?

Wenn Warenhäuser in den Innenstädten schließen, stellt das die Eigentümer der Immobilien vor große Herausforderungen. Ein prominentes Beispiel ist Karstadt Galeria Kaufhof – hier gibt es bereits seit Jahren Schließungen und bis Ende August 2024 sollen weitere Filialen folgen. Damit sind neue Nutzungskonzepte gefragt. Wohnen und Büro sind aufgrund der Raumtiefe jedoch nur mit massiven Umbauten möglich. Eine naheliegende Option zur Umnutzung wäre Life Science, eine Wachstumsbranche, die dringend großflächige Immobilien in zentralen Lagen sucht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von JLL.

Umnutzung: Life Science im leerstehenden Warenhaus

"Warenhäuser verfügen über adäquate Eigenschaften, allerdings müssen für eine erfolgreiche Ansiedlung mehrere Voraussetzungen im Umfeld gegeben sein", sagt Alexander Nuyken, EMEA Head of Life Sciences Markets bei JLL. Die Life-Science-Branche suche definitiv großflächige Objekte in den Innenstädten. Arbeitsplätze in attraktiver Lage mit guter Anbindung können Unternehmen helfen, Fachkräfte langfristig zu gewinnen und zu binden.

Bis wann ein leerstehendes Warenhaus neu genutzt werden kann, ist laut Sarah Hoffmann, Head of Retail Investment JLL Germany, regional unterschiedlich und oft abhängig von langwierigen Genehmigungsverfahren. Volkshochschulen, Stadtbibliotheken oder eine Mischnutzung aus Handel, Büro und Wohnen scheinen in der Politik oft naheliegende Optionen.

Dabei erfüllten Warenhäuser gerade für Labore viele Anforderungen: von Raumtiefe, Deckenhöhe, Bodenbelag bis Luftversorgung. Auch Lagerflächen, Lastenaufzüge und Anlieferungsmöglichkeiten seien Voraussetzungen. Und wo andere Nutzungsarten auf natürliches Tageslicht angewiesen seien, setzten Life-Science-Objekte auf Arbeitsumgebungen mit künstlichem Licht.

Life Science: Vorteile für Immobilieneigentümer

Auch für die bislang auf den Handel fokussierten Eigentümer bietet die Umnutzung Hoffmann zufolge eine Chance: "Insbesondere die Obergeschosse können durch große Flächenangebote sinnvoll für Forschung, Entwicklung oder zu Schulungszwecken genutzt werden." Im Erdgeschoss sowie in der ersten Etage und im Untergeschoss könne dann weiterhin der Einzelhandel die stärksten Mieten erzielen. Ihr Fazit: "Für viele Warenhausobjekte wird die Zukunft in der Mischnutzung liegen."

Reine Handelskonzepte wie Ernährungsbedarfe, Sport- und Freizeitkonzepte könnten dabei Synergien mit Life-Science-Konzepten erzielen. Gastronomische Konzepte bieten demnach ebenfalls eine sinnvolle Kombination, um die Standortattraktivität für Mieter zu steigern. Hoffmann plädiert dafür, bei Nachnutzungskonzepten den Blick zu weiten: "Auch Bildungs- und Tourismuseinrichtungen wie Museen könnten eine synergetische Ergänzung sein und das ehemalige Warenhaus zu einer Themenimmobilie machen."

Life Science könne dabei eine entscheidende Rolle spielen, um Urbanität und Zukunft miteinander zu verbinden. Voraussetzung sei, dass das Konzept offen mit dem Umfeld korrespondiert, damit Neuansiedlung und Umfeld voneinander profitieren.

USA: Blaupause für Retail-Umnutzung zu Life Science

Dass die Überlegungen von JLL mehr als Theorie sind, zeigen zum Beispiel Projekte in der US-Metropole Boston. Dort sind drei Immobiliender Bekleidungskette Lord & Taylor in den Malls in Burlington, Natick and Braintree in moderne Life-Science-Flächen umgewandelt worden – mit jeweils mehr als 10.000 Quadratmetern für Labor- und Büroeinheiten. Doch Fläche ist nicht gleich Fläche: "Wie kaum eine andere Nutzungsart ist bei Life Science die Verknüpfung mit einem Cluster oder Ökosystem wichtig", erklärt Nuyken. Das spricht für Objekte in mittelgroßen Städten in direkter Nähe zur Universität oder Forschungsinstituten.

"Den Innenstädten könnten so wichtige Konsumimpulse gegeben werden, denn Stellen in der Life-Science-Branche sind in der Regel überdurchschnittlich gut bezahlt", so der Experte weiter. Eine öffentliche Debatte um Life-Science-Ansiedlungen erwartet Nuyken nicht. "Zum einen kommen znur Labore mit niedriger Sicherheitsstufe für zentrale Innenstadtlagen in Betracht, zum anderen wird Biotech als Branche mit hohem Zukunftspotenzial gesehen und ist somit begehrt." Bei allen in Deutschland bereits etablierten Clustern sei die Resonanz sehr positiv gewesen.

Was ist eine Life-Science-Immobilie?

Das Produkt "Life-Science-Immobilie" ist in Deutschland weniger etabliert als beispielsweise in den USA. Eine eindeutige und standardisierte Definition existiert (noch) nicht. Generell ist darunter eine Immobilie zu verstehen, die aus Büro- und Laborflächen besteht und von einem Unternehmen oder einer Institution aus dem Bereich Life Science (interdisziplinäre Wissenschaft, die sich mit Prozessen und Strukturen von Lebewesen befasst) genutzt wird oder werden kann. Üblicherweise wird ein Gebäude dann als Life-Science-Immobilie gesehen, wenn der Anteil an Labor- und Forschungsflächen mindestens 30 Prozent ausmacht.

Quelle: Cushman & Wakefield

Life-Science- & Tech-Immobilien: Im Fokus von Investoren

Im Jahr 2023 wurden im Bereich Forschung und Technologie in Deutschland Immobilien für rund 420 Millionen Euro gehandelt – der Life-Science- & Tech-Markt performt in seiner kleinen Nische besser als der gesamte Immobilienmarkt mit allen Assetklassen, wie eine Analyse von Colliers zeigt: Hier gab es einen Rückgang um mehr als 50 Prozent.

"Grundsätzlich gilt: Reine Laborflächen sind weniger attraktiv, sondern eine Mischung aus Labor, Büros und Produktionsfläche", sagt Andreas Trumpp, Managing Director, Head of Market Intelligence & Foresight von Colliers. Nutzermarkt und Nachfrage sind dabei sehr heterogen. Bei der Wahl der Standorte bilden sich der Studie zufolge klare Cluster in der Rhein-Main-Region, der Metropolregion München, im Ruhrgebiet, in Berlin sowie in Hamburg. Auch kleinere (Universitäts-)Städte in der Nähe von weltweit führenden Forschungszentren und in urbanen Gebieten – wie Aachen, Potsdam und Jena – performen. Trumpp: "Der klassische Life-Science- & Tech-Park, in eher randstädtischer oder auch peripherer Lage hat zwar nicht ausgedient, aber der Trend geht in Richtung neuer Standortentwicklungen, insbesondere in Innenstädten und oder Campus-Strukturen."

Projektentwicklung: Campus mit flexiblen Flächen gefragt

Das setzt einen hohen Anspruch an die Zusammenstellung der Gebäude, der Ausstattung und der Aufenthaltsqualität – vor allem der Außenflächen. Die Flächen für Büro, Labor, Entwicklung und Meetingbereiche müssen anpassungsfähig sein, damit einzelne Bereiche wachsen können. "Bei der Planung eines neuen Standortes beginnen wir mit einem überschaubaren initialen Konzept, dass sehr schnell skaliert wird und mitarbeiterorientiert erweitert werden kann", sagt Dr. Manuel Schrapers, Geschäftsführer beim Beratungs- und Planungsunternehmen Metroplan.

Der Flächenumsatz wird maßgeblich von Projektentwicklungen abhängen. Bis zum Jahr 2025 werden zirka 330.000 Quadratmeter fertiggestellt werden bei steigender Nachfrage mit der Folge, dass das Angebot sich stark verknappen wird. Das sind Ergebnisse einer Studie von Colliers und der European Science Park Group AG (ESPG), die im März 2023 veröffentlicht wurde. Neben einem Statusbericht der Marktlage bietet der Report einen Ausblick auf die Entwicklung von Life Sciences & Tech-Immobilien.

Während bei klassischen Büroimmobilien Spitzenrenditen etwa zwischen 2,5 und 2,8 Prozent möglich sind, können Life-Science-Immobilien mit Büroflächenanteil zwischen vier und 4,5 Prozent erreichen, wie aus einem Report von Cushman & Wakefield (C&W) hervorgeht. Mehrere große und global agierende Investoren planen demnach den Einstieg oder Zukäufe in diesem Segment.


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