Erbbaurechte gewinnen an Bedeutung – Investoren zögern noch

Die Investition in ein Erbbaurecht anstatt dem Kauf einer Wohnimmobilie in Volleigentum könnte eine Ausweichstrategie zu den niedrigen Renditen am Markt sein, wie eine Studie zeigt. Kommunen als Verkäufer setzen wieder auf das Instrument. Anleger sehen vor allem die Zinsanpassungen kritisch.

In Deutschland sind Schätzungen zufolge etwa fünf Prozent der zum Wohnen genutzten Flächen unter Erbbaurechts-Gesichtspunkten vergeben. Im Rahmen der Studie (Link siehe unten) von JLL und dem Deutschen Erbbaurechtsverband zur Akzeptanz von Erbbaurechten unter Investoren wurden in einem qualifizierten Interview auch sechs privatwirtschaftliche, auf Wohnimmobilien spezialisierte Unternehmen befragt, die als Erbbaurechtsnehmer auftreten. Dem Großteil fiel es schwer, bedeutende Vorteile bei Erbbaurechten gegenüber dem klassischen Immobilienkauf zu erkennen.

Wenig Konkurrenz beim Bieten ist zunächst gut – macht aber die Handelbarkeit schwierig

Positiv bewertet wurde, dass es bei Bieterprozessen um Erbbaurechte derzeit wenig Konkurrenz gibt, da Erbbaurechte für viele Investoren ein Ausschlusskriterium sind. Dieser Vorteil führt aber auch dazu, dass Erbbaurechte nicht so gut handelbar sind, wie mehrere der befragten Investoren zu Protokoll gaben – so ist zum einen der potenzielle Käuferkreis kleiner, zum anderen könnte die zeitliche Komponente unattraktiv sein, wenn der Erbbaurechtsvertrag nur noch kurz läuft.

Positiv bewertet wurde vereinzelt, dass die Anfangsinvestition bei einer Wohnimmobilie oder einem Immobilienportfolio ohne das Grundstück geringer ist. Wegen der aktuell großen Verfügbarkeit von Kapital am Markt, wurde diesem Vorteil von den großen Investoren allerdings kaum Bedeutung beigemessen. Die steuerliche Absetzbarkeit der Erbbaurechtszinsen spielt ebenfalls eine untergeordnete Rolle.

Finanzierung von Erbbaurechten und Zinsanpassungen kann sich negativ auswirken

Neben konkreten Nachteilen, die durch die inhaltliche Ausgestaltung des Erbbaurechtsvertrages entstehen können, gaben die befragten Investoren auch grundsätzliche Nachteile an – ganz oben auf der Liste: Das Thema Finanzierung. Banken finanzieren Erbbaurechte in der Regel nur mit Einschränkungen, auch die Konditionen sind für den Kreditnehmer häufig unattraktiv.

So führen etwa kurze Restlaufzeiten zu deutlichen Bewertungsabschlägen. Auch spätere Investitionen in das Gebäude, wenn die Restlaufzeit des Erbbaurechts kürzer geworden ist, lassen sich dann möglicherweise nicht mehr fremdfinanzieren. Manche Investoren gaben in der Umfrage an, Erbbaurechte ausschließlich mit Eigenkapital zu erwerben.

Erbbauzins ausschlaggebend für die Attraktivität eines Erbbauvertrags

Ein weiterer wesentlicher Punkt, der von den befragten Investoren als nachteilig angesehen wird: Zinsanpassungen. Es ist gängige Praxis, dass die Entwicklung des Erbbauzinses an die allgemeine Preisentwicklung gekoppelt wird – dem steht häufig eine schwächere oder stabile Mietpreisentwicklung gegenüber, was von den Investoren als problematisch beurteilt wird.

Die befragten Investoren formulierten drei klare Forderungen, wie für sie ein Erbbauzinsvertrag attraktiv gestaltet wäre. Dazu gehört erstens ein dem aktuellen Finanzierungsumfeld angepasster Erbbauzins, zweitens die Anpassung des Erbbauzinses nicht an die allgemeine Preisentwicklung, sondern an die Entwicklung der Mieten und drittens eine klare Regelung zur Definition des Wertes und der Wertermittlung bei Ablauf des Erbbaurechtes sowie eine Entschädigung zu 100 Prozent des Wertes, damit Investitionen in die Immobilie wirtschaftlich sinnvoll bleiben.


Zur Studie "Erbbaurechte im Wohnungsmarkt. Die Perspektive der Erbbaurechtsgeber und die der Investoren", März 2020.


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Schlagworte zum Thema:  Erbbaurecht, Investment