Häuser aus Carbon & Co. – Was man nachhaltig ersetzen kann
Nach Einschätzung des Verbandes Deutscher Pfandbriefbanken (vdp) werden bereits heute 100 Prozent aller neuen Büroimmobilien in Deutschland nach nachhaltigen Kriterien gebaut. Im Bestand ist es noch anders – ebenso im Wohnungsbau. Nachhaltigkeit ist dabei erst einmal Recycling. Rund 60 Prozent aller Deponieabfälle sind auf Bautätigkeiten zurückzuführen. Das muss sich logischerweise ändern. Und das ist auch rechtlich geregelt.
Recycling: Gängige Verfahren gibt es schon
Die "alte" Bundesregierung brachte im Mai 2021 eine Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz auf den Weg. Damit sollen feste Regeln zum Baustoff-Recycling vorgegeben werden. Denn die Materialien, die auf Deponien landen, sind so gut wie für immer verloren – also keine Ressourcen. Bei nachhaltigen Baumaterialien geht es deshalb auch darum, dass diese entweder leicht recycelt oder direkt wiederverwertet werden können.
Schon gängige Verfahren gibt es für das Recycling von Ziegeln, Putz- oder Mörtelresten. Die werden geschreddert und als Zuschlagsstoff im Beton, etwa für Bodenplatten, verwendet. Das kann sogar vor Ort und Stelle geschehen, etwa wenn ein altes Gebäude abgerissen wird. Dafür gibt es flexible Schredder. Etwas schwieriger ist das bei Beton, da dieser in der Regel mit Stahl bewehrt ist. Beide Bestandteile müssen vor dem Recycling recht energieintensiv voneinander getrennt werden.
Urban Mining: minimale Mehrkosten
In den Bereich des Recyclings und der Wiederverwendung fällt auch die Idee von der Stadt als Steinbruch, besser bekannt als Urban Mining. Hier geht es darum, für Bauten vor Ort vorhandene Materialien, etwa aus Abbruchhäusern oder alte Bodenplatten, wiederzuverwenden.
Es gibt aber auch Baustoffe, die direkt am Bau, so wie sie sind, wiederverwendet werden können. Dazu unter anderem zählt Holz. Falls etwa Dachstühle nicht von Würmern zerfressen sind, kann man sie auch bei Sanierungen, etwa bei denkmalgeschützten Häusern, wiederverwenden.
Auch das serielle Bauen kann Ressourcen zu sparen. Hier werden in der Sanierung Bauelemente industriell vorgefertigt und dann zur Baustelle transportiert, um dort montiert zu werden. Häufig kommt auch hier Holz zum Einsatz.
Das Rathaus Korbach ist ein Pionier für nachhaltiges Bauen nach dem Urban-Mining-Prinzip: 6.000 Tonnen Baumaterial wurden beim Neubau wiedereingesetzt, knapp 10.000 Tonnen anfallendes Baumaterial recycelt und auch andernorts wiederverwertet. Die Mehrkosten lagen bei 1,5 Prozent.
Holz: Taugt selbst für Hochhäuser
Überhaupt Holz: Das Material aus Baumstämmen ist der alternative Baustoff Nummer eins. Inzwischen werden sogar Hochhäuser in Holzbauweise errichtet, freilich mit einem Betonkern, der das Ganze zusammenhält und der praktischerweise auch sensible Leitungen von Medien und Lifte aufnehmen kann. Ein Beispiel dafür ist das "WoHo" in Berlin-Kreuzberg. Es hat 29 Etagen und ist 98 Meter hoch.
Solche Holz-Hybridbauten finden zunehmend Zuspruch. So hat Vattenfall seine Konzernzentrale am Berliner Südkreuz auf diese Weise errichtet, und das mit einer Nutzfläche von 22.000 Quadratmetern für 1.600 Mitarbeiter. 80 Prozent weniger CO2 soll die Bauweise gegenüber dem konventionellen Stahlbeton einsparen.
Carbonbeton: Baustoff der Zukunft?
Stahlbeton lässt sich jedoch im modernen Bauen nur schwer ersetzen. Er hat schlichtweg sehr gute bauphysikalische Eigenschaften. Eine Möglichkeit wird jedoch derzeit fleißig erforscht: Carbon.
Carbon hat viele Vorteile gegenüber Stahl als Bewehrung: Er ist langlebiger, korrodiert niemals, deutlich leichter und stabiler sowie einfacher und mit weniger Energieaufwand formbar. Das ermöglicht auch Konstruktionen, die mit weniger Beton auskommen.
In Dresden ist man schon über die Erforschung hinaus. Hier haben Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) kurzerhand ein ganzes Gebäude aus Carbonbeton errichtet. "Das ist der Baustoff der Zukunft", so der Professor für Massivbau an der TU Dresden und Bauherr, Manfred Curbach. Dresden ist auch kein Zufall: Hier wird schon seit 28 Jahren an Carbon geforscht. Inzwischen wurde das Material schon in mehr als 150 Bauwerken in acht Ländern eingesetzt. Der Hochschullehrer schätzt, dass mit dieser Bauweise 70 Prozent CO2 gegenüber Stahlbeton gespart werden können.
Hanfbeton: leicht, biegsam, wärmespeichernd
Kleines Hindernis zur Nachhaltigkeit: Carbon wird aus Mineralöl hergestellt. In Zukunft muss es also darum gehen, den Rohstoff regenerativ zu ersetzen. Gelingen könnte dies mit Lignin aus Holz oder einem Stoffwechselprodukt von Blaualgen.
Eine weitere regernative Möglichkeit, Stahlbeton zu ersetzen, ist Hanf. Keine Angst – damit bewehrter Beton ist genauso hart und fest wie Stahlbeton und zudem schwer brennbar. Streng genommen ist es aber gar kein Beton, weil das Gemisch keinen Zement enthält. Hanfpflanzen werden für die Herstellung mit Kalk vermengt und härten dann aus. Die Vorteile: leichter als Beton, biegsamer, lärmschluckend und wärmespeichernd.
Plastikflaschen: Südamerika macht es vor
Auch Plastikflaschen geben ein gutes Baumaterial ab, aber eben nicht in ihrem Gebrauchszustand. Zwar ist Plastik generell nicht regenerativ, da es, wie Carbon, aus Mineralöl hergestellt wird. Dennoch lässt es sich beliebig oft verwenden. Wird es im Bau verwendet, wird das in ihm enthaltende CO2 sogar für lange Zeit gebunden. Dafür muss es recycelt werden. In Argentinien etwa gibt es eine Firma, die PET-Flaschen zu Ziegelsteinen macht, die über Terrakotta-Qualität verfügen. 20 Flaschen werden dabei für einen anderthalb Kilogramm schweren (oder leichten) Ziegel gebraucht. Damit wurden bereits mehrere Prototypen errichtet.
Eine Methode, die Flaschen direkt zu verwenden, gibt es aus Honduras. Hier werden die Plastikflaschen mit Sand befüllt, übereinandergestapelt, gesichert und verputzt. Diese Mauern haben sogar gar nicht so üble Dämmeigenschaften. Die Kosten gegenüber einer konventionellen Bauweise reduzieren sich wohl um zwei Drittel. Zudem sind die Mauern erdbebensicher.
Kalksandstein mit Dämmeigenschaften
Dennoch – aktuell braucht es auch bewährter, traditionellerBaustoffe. Ein probater einheimischer Baustoff ist Kalksandstein (KS). Er ist zumindest für Fassaden und Innenwände eine gute Alternative zu Beton, sehr gut verfügbar und energieärmer herzustellen. Und: Alle Zutaten sind hierzulande verfügbar, als da wären Branntkalk, Quarzsand und Wasser.
Im Wohnungsbau ist es beliebt, weil es sehr gute Dämmeigenschaften hat und damit die ungeliebten Dämmmaterialien reduziert und bei ausreichend starkem Mauerwerk sogar überflüssig macht.
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