Mipim: Blues auf der Party
Die Konfusionen der Welt nähern sich der Branche an. Die Deutschen haben es gefühlt schwer. Ein angestellter Projektentwickler schüttet mir sein Herz aus: "Ich ziehe im Moment kaum etwas an Land. Gespräche mit Investoren stocken." Krise halt. Aber nicht überall.
Wenn McKinsey Sanierungsberatung für die großen Bestände macht, wie es auf der Mipim verkündet wurde, und wenn die anderen Wirtschaftsprüfer nachziehen, ist das Thema Bestandssanierung Mainstream geworden. Jeder Immobilieneigentümer wird es machen müssen, und – die Mipim erlaubt den Blick über den Tellerrand – wir scheinen von den USA lernen zu können: Verschiedene Beispiele zeigten, dass die Amerikaner mal wieder, anstatt zu jammern, versuchen, Opportunitäten im Energiewandel zu kommerzialisieren.
"Deutschland ist nicht mehr der sichere Hafen"
Die Deutschen sind, das wurde deutlich, sehr stark mit sich selbst beschäftigt. Viele Gespräche mit Landsleuten behandeln die Unzulänglichkeiten bei Digitalisierung, Bürokratieabbau und Regulierung. ZIA-Präsident Andreas Mattner ist äußerst nachdenklich wegen immer neuer Regulierungen für die Branche. IVD-Chef Jürgen Michael Schick will auf der Mipim eine Diskussion anstoßen über viele falsche Wege, die Deutschland einschlägt.
Und auch RICS-Deutschland-Präsidentin Susanne Eickermann-Riepe sieht das Land auf einem schlechten Weg. Deutschland sei nicht mehr der sichere Hafen. Die Niederlande seien etwa bei der Bewertung von Immobilien auch technisch gesehen viel weiter als wir. Sie glaubt, das Geld institutioneller Investoren werde nicht mehr in den hiesigen Immobiliensektor fließen, es werde eine Bereinigung stattfinden. Und jeder rede den Büroimmobilienmarkt schön. "Glauben Sie, Unternehmen, deren Arbeitnehmer nur noch dienstags und mittwochs ins Office zurückkehren, sehen sich die Situation lange an und halten ihre Büros?"
Britische Investoren, die ich mit der Aussage zu Deutschland konfrontierte, reagieren verwundert. Ähnlich sieht es auch Henning Koch, CEO des Assetmanagers, Commerz Real. Es sei doch typisch: Die Deutschen sähen mal wieder das halbleere Glas. Deutschland könne europäisch in vielen Bereichen mehr als mithalten.
Banger Blick in die USA
Natürlich geht der Blick aus verschiedenen Gründen in die USA. Der Fall der Silicon Valley Bank und die Auswirkungen auf die hiesige Bankenlandschaft und die allgemeine Wirtschaft, die Frage, ob die Fed die Zinsen jetzt noch im gleichen Maße erhöhen kann, wie es nottäte, ist Gegenstand vieler Gespräche. Bernd Mayer, Bereichsleiter der Bayern LB, entfuhr der Stoßseufzer: "Wenn wir wieder besser kalkulieren können, wird es auch wieder Transaktionen geben." Wohl wahr.
Vieles wird der Immobilienbranche wehtun. Nachdem das EU-Parlament für eine Sanierungspflicht alter Gebäude gestimmt hat, werden auf deutsche Eigentümer hohe Kosten zukommen. Die Stimmung wird schlechter. Aber auf der Mipim merkt man das nicht. Abwarten ist noch das schlimmste Szenario. Darüber, dass in Kürze womöglich abgeschrieben werden muss, redet man hinter vorgehaltener Hand. Und feiert. Die meisten leiser, dafür länger. War die Tendenz in den vergangenen Jahren noch Dienstag und Mittwoch, bleibt man heuer ein paar Tage mehr.
Abgehobenes Bild, das nicht mehr zeitgemäß ist
Ja und die Messe selbst? Das Drumherum? Gestern Morgen, als ich vom Hotel bis zum Messegelände anderthalb Stunden im Stau stand, schien mein Fazit schon festzustehen. Dafür hat sich die Organisation bei der Akkreditierung stark verbessert.
Was lässt sich aus der Teilnehmerzahl ablesen? Jedenfalls nichts Signifikantes. Obwohl Nachhaltigkeit und ESG große Themen sind, ist die Mipim und sind große Teile der Branche noch nicht so weit. Meinen LinkedIn-Post, dass auf der Außenterrasse des Münchenstands ein Elektroheizkörper brannte, obwohl dort niemand saß, kommentierte ein alter weißer Mann mit der Frage, warum ich mich nicht gleich angeklebt hätte.
Wird es die Mipim noch weiterhin geben? Die Pressesprecherin der Berlin Hyp, Nicole Hanke, findet sie nicht mehr zeitgemäß. André Eberhardt vom "Immobilienmanager" hatte gerade eine Umfrage lanciert. Ein Ergebnis war, die Messe sei am falschen Ort. Beim Verkehrschaos stimme ich dem zu. Ansonsten kann ich an Cannes nichts Schlechtes finden. Obwohl jeder gerne hier ist, tun sich immer mehr Branchenteilnehmer schwer damit, dazu zu stehen. Feiern während andere darben? Das wird es immer geben. Auch die Deutschen werden weiter kommen. Kontakte pflegen. Netzwerken zahlt sich oft mehr aus als allein hinterm Schreibtisch sitzen.
Und doch bieten Yachten & Co. ein schlechtes Bild. Deren Mieter, alle Messebesucher, dürften auch Cannes etwas ins Stadtsäckel spülen. Aber dass die Immobilienwirtschaft Teil der Gesellschaft ist, vermitteln sie nicht. Sondern ein anderes: Sie ist abgehoben, unnahbar. Die Mipim müsste sich verändern. Doch das ist schon aus Sicherheitsgründen kaum möglich. Und so wird alles bleiben wie es ist – bis die Krise die Branche im richtig im Griff hat. Ich bin gespannt aufs nächste Jahr.
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