Denkkultur im Wohnungsbau: Wie wär's mit Luft?

Digitalen Technologien wird großes Potenzial für den schnellen Bau von bezahlbaren Wohnungen zugeschrieben. Ein Haus aus dem 3D-Drucker – fast schon normal. Aber könnte "Shared Living" mit aufblasbaren Räumen die Revolution sein? Neue Wohnkonzepte aus der Denkfabrik.

Veränderungsprozesse und Trends sind längst Realität in der Immobilien- und Wohnungswirtschaft – allen voran die Digitalisierung. 3D-Drucker, die passgenaue Bauteile anfertigen, oder Bauroboter, die Menschen gefährliche Arbeiten abnehmen, sind keine Zukunftsmusik mehr. Gegen den Rohstoffmangel wird sogar schon mit Pilzen experimentiert. Eine ganze Branche sucht nach alternativen Baustoffen und schnelleren Prozessen für den Bau erschwinglicher Wohnungen und nach neuen Konzepten für das Wohnen der Zukunft. Auch Studenten bringen sich in den Denkprozess ein.

"Smart PHome": Aufblasbare Shared Units On-Demand

Mehr Singles, flexible Arbeitskonzepte, private und berufliche Aktivitäten, die sich überlagern und am besten alles im urbanen Kontext hoher Dichte – hier sind neue Wohntypologien gefragt. Shared Living, Co-Sharing, Co-Living, Collective Spaces oder hybride Mietkonzepte sind aktuelle Ansätze. Wie intelligent und kreativ neue Wohnformen gedacht werden können, zeigt unter anderem der Siegerentwurf des Schindler/ANCB*-Studierendenwettbewerbs.

Der Architekturstudent Zhengyang Ke überzeugte die Jury mit seinen Interchangeable Shared Units für On-Demand-Lebensräume. "Kes Arbeit schafft eine gelungene Verbindung zwischen zukünftigem flexiblem Wohnen und Arbeiten, innenliegender Mobilität sowie dem Einsatz moderner digitaler Technologien", begründete Christian Schulz, Mitglied des Excecutive Committees der Schindler Group, die Entscheidung.

Der Entwurf "Smart PHome" entstand im Rahmen des Seminars "Domestic Automations" an der Leibniz Universität Hannover. Die Überlegung war: Wie können Wohngrundrisse aussehen, die nicht statisch und funktionsgebunden sind. Die Idee: Wenige permanente Räume, die mit temporären mobilen Räumen – aus aufblasbaren Modulen –  bedarfsorientiert verknüpft werden können.

Wohnkonzept Shared Living

"Inflatables" digital: Roboter im Access Management System

Auf Basis der erwarteten Frequenz und Nutzungsdauer legt Ke in dem Entwurf etwa Räume für Schlaf, Toilettennutzung oder Lagerung permanent an. Temporär orientiert sind die aufblasbaren Module für Arbeit oder Lernen, Fitness, Kochen, Duschen oder Gästezimmer. Das geringe Transportvolumen der "Inflatables" greift er für den Ansatz einer innenliegenden Mobilitätslösung mit automatisierten Robotern auf.

Um eine unterbrechungsfreie Raumnutzung der Interchangeable Shared Units sicherzustellen, plant Ke die Koordination von Robotern über ein Access Management System. Damit denke Ke deutlich über bisherige Shared-Living-Konzepte hinaus, sagte Schulz. "Dies ist ein innovativer Entwurf, der uns in der Architektur sicher nachhaltig inspirieren wird.“

Den zweiten Platz im Wettbewerb "Student Applied Innovation Lab", der zum ersten Mal stattfand und in die Seminare verschiedener Hochschulen eingebunden ist, teilen sich zwei Teilnehmer. Tiana Hilker von der Technischen Universität (TU) Braunschweig mit dem Fallstudienprojekt "Spaziergang nach Hause" – die Arbeit war Teil von drei an der Universität unterrichteten Designstudios, die sich mit der Frage des "Zugangs zur Zukunft" befassten – und Tobias Rinke (TU Berlin) mit der Arbeit "Büro-Haus-Park": wie leerstehende Bürogebäude nach der Pandemie neu gestaltet werden können.

*Das Schindler ANCB Student Applied Innovations Lab wurde von ANCB gemeinsam mit der Schindler Group ins Leben gerufen. ANCB The Aedes Metropolitan Laboratory ist Netzwerk, Plattform und Vermittler zwischen Industrie, Academia und Experten.


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Schlagworte zum Thema:  Expo Real, Wohnungsbau, BIM