EU-Richtlinie: Mehr Schutz für Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen
Millionen Arbeitnehmer in der EU sind in sogenannten atypischen Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Darunter fallen normale Teilzeitjobs ebenso wie andere flexible Beschäftigungsformen, zum Beispiel Arbeit auf Abruf, kurze Zeitverträge oder Gelegenheitsjobs. Insbesondere Arbeitnehmern in diesen sogenannten unsicheren Arbeitsverhältnissen garantiert die EU-Richtlinie klar definierte Arbeitsbedingungen und neue Mindeststandards. Der Rat hat die Richtlinie am 13.06.2019 verabschiedet, sie tritt voraussichtlich Ende Juli in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben dann bis 2022 Zeit, den Vorgaben nachzukommen.
EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen
Die neue Richtlinie erweitert den bisherigen Schutz der Richtlinie 91/533/EWG über Mindestanforderungen an Arbeitsverträge auf zusätzliche Arbeitnehmer. Der breite Anwendungsbereich erfasst Tätigkeiten, die drei Arbeitsstunden pro Woche und zwölf Arbeitsstunden in vier Wochen durchschnittlich überschreiten. Mindestrechte bei den Arbeitsbedingungen gelten damit selbst in den flexibelsten atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie bei Arbeit auf Abruf, auf der Grundlage von Gutscheinen oder auf Online-Plattformen wie Uber oder Deliveroo. Auch bezahlte Praktikanten und Auszubildende fallen in den Geltungsbereich, solange sie die entsprechenden Kriterien erfüllen.
Nachweispflicht für Arbeitgeber für mehr Transparenz
Alle Arbeitnehmer sollen- unabhängig davon, wie lange ihr Vertrag läuft und wie viele Stunden sie arbeiten – künftig von Beginn ihres Beschäftigungsverhältnisses an wissen, welche Rechte und Pflichten sie haben. Die neue Richtlinie verlangt, dass Beschäftigte vom ersten Tag an (in Ausnahmefällen spätestens am siebten Tag) über folgende Aspekte ihres Arbeitsvertrags informiert werden müssen:
- Beschreibung der Aufgaben,
- Startdatum und Dauer des Vertrags,
- Vergütung,
- Umfang des bezahlten Urlaubs,
- Länge des Standardarbeitstages oder der Standardarbeitswoche, wenn der Arbeitszeitplan vorhersehbar ist.
Deutschland hat die Richtlinie 91/533/EWG und die darin vorgegebene Verpflichtung von Arbeitgebern zur Unterrichtung aller Arbeitnehmer über ihre Arbeitsbedingungen durch das Nachweisgesetz (NachwG) umgesetzt. Hier besteht voraussichtlich Anpassungsbedarf: Bislang müssen Arbeitgeber die Information über diese Aspekte innerhalb von zwei Monaten nach Beschäftigungsbeginn sicherstellen.
Arbeit auf Abruf: Referenzrahmen und Mehrfachbeschäftigung
Ist der Arbeitszeitplan unvorhersehbar, wie bei der Arbeit auf Abruf, müssen Arbeitnehmer eine Mindestplanbarkeit der Arbeit durch einen Referenzrahmen mit vorbestimmten Referenzstunden oder Referenztagen erhalten.
Arbeitnehmern mit sogenannten Nullstundenverträgen darf nicht mehr untersagt werden, zwischendurch auch andere Jobs anzunehmen. Arbeitnehmer müssen bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt sein dürfen. Die Richtlinie sieht ein Verbot von Ausschließlichkeitsklauseln und Einschränkungen für Unvereinbarkeitsklauseln vor.
Höchstdauer für die Probezeit und Fortbildungen
Die Probezeit soll auf höchstens sechs Monate begrenzt werden, was in Deutschland bereits der Fall ist. Längere Probezeiten sind nur zulässig, wenn dies im Interesse der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegt oder durch die Art der Beschäftigung gerechtfertigt ist.
Arbeitnehmer, die seit mindestens sechs Monaten bei demselben Arbeitgeber tätig sind, dürfen um eine Beschäftigung mit vorhersehbareren und sichereren Arbeitsbedingungen ersuchen. Hier ist eine schriftliche Antwort des Arbeitgebers verpflichtend.
Arbeitgeber müssen kostenlos Fortbildungen anbieten, wenn diese nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten vorgeschrieben sind.
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