Vaterschaftsurlaub: Gesetzesvorhaben Familienstartzeit

Zur geplanten Einführung einer Familienstartzeit per Gesetz ist es nicht gekommen. Ein Vater, der nach der Geburt seines Kindes Urlaub nehmen musste, klagte vor dem LAG Berlin auf Schadensersatz, weil Deutschland die EU-Regelung zum Vaterschaftsurlaub hätte umsetzen müssen. Das sah das Gericht anders.

Das Landgericht Berlin hat die Klage eines Vaters abgewiesen. Er hatte auf Schadensersatz geklagt, weil er nach der Geburt seines Kindes keinen zweiwöchigen "Vaterschaftsurlaub" beantragen konnte, sondern seine Urlaubstage für die Auszeit einsetzen musste.

Hintergrund ist die EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Zur Förderung der Geschlechtergleichstellung sieht diese die Einführung eines zehntägigen Vaterschaftsurlaubs für berufstätige Väter nach der Geburt eines Kindes vor. Die Vergütung muss mindestens in Höhe des Krankengeldes erfolgen.

Unter dem Namen Familienstartzeit war die Einführung einer zweiwöchigen bezahlten Freistellung nach der Geburt eines Kindes für den Partner für 2024 vorgesehen. Dazu ist es nicht gekommen. Weil die EU-Regelung zum Vaterschaftsurlaub nicht umgesetzt wurde, habe sich Deutschland schadensersatzpflichtig gemacht, so die Auffassung des klagenden Vaters.

LAG Berlin: Regelungen zur Elternzeit und Elterngeld reichen aus

Nach Ansicht des LAG Berlin (Urteil vom 1. April 2025, Az. 26 O 133/24) verstößt die Nichtumsetzung der Familienstartzeit in Deutschland dagegen nicht gegen EU-Recht. Die Richter wiesen darauf hin, dass laut Vereinbarkeitsrichtlinie bereits vorhandene Regelungen, wie etwa zum Elternurlaub, bei der Frage der Umsetzung in den Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden könnten.

Die in Deutschland bereits bestehenden Regelungen zur Elternzeit und zum Elterngeld seien ausreichend, um der Umsetzungspflicht in deutsches Recht nachzukommen, begründete das Gericht seine Entscheidung. Väter könnten bereits nach jetziger Rechtslage für bis zu sieben Monate Elterngeld beziehen und auch für nur zwei Wochen Elternzeit beantragen. Ein spezieller zweiwöchiger Vaterschaftsurlaub nach der Geburt mit Anspruch auf Bezahlung sei daher zur Erfüllung der Umsetzungspflicht nicht erforderlich.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Anwältin des klagenden Vaters hat bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Sie wies darauf hin, dass es aktuell in Deutschland nicht möglich sei, nach der Geburt eines Kindes eine zweiwöchige bezahlte Freistellung in Anspruch zu nehmen. Zwar könne eine Elternzeit von zwei Wochen beantragt werden, aber kein Elterngeld, da die Mindestbezugsdauer zwei Monate umfasst.

Umsetzung der Familienstartzeit scheiterte an Uneinigkeit über die Finanzierung

Im Streit um die Einführung der Familienstartzeit hatte zuvor auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA die Auffassung vertreten, dass die weitreichenden Regelungen zu Elternzeit und Elterngeld beiden Elternteilen ausreichende Möglichkeiten geben, sich die familiären Aufgaben nach eigenen Vorstellungen aufzuteilen – auch dafür, ab der Geburt im Job eine Pause einzulegen, wie die BDA betont.

Dieser Position hatte sich innerhalb der Regierungskoalition die FDP angeschlossen. Vor allem wegen der Uneinigkeit bei der Finanzierung kam das von der ehemaligen Familienministerin Lisa Paus vorangetriebene Projekt eines Vaterschaftsurlaubs, nun "Familienstartzeit" genannt, nicht über das Stadium eines Referentenentwurfs hinaus. Der seit März 2023 existierende Referentenentwurf sah vor, dass die Finanzierung der Väterzeit genauso funktionieren sollte wie beim gesetzlichen Mutterschutz, also per Umlageverfahren: Arbeitgeber zahlen das Gehalt weiter, bekommen dafür aber einen Erstattungsanspruch aus dem arbeitgebersolidarisch finanzierten U2-Umlageverfahren nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz. 

Bislang keine gesetzliche Regelung zum Vaterschaftsurlaub 

Eine gesetzliche Regelung zu einer zweiwöchigen Freistellung des anderen Elternteils nach Geburt des Kindes lässt daher weiter auf sich warten. Weil die Frist für die Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie bereits am 2. August 2022 abgelaufen war, leitete die Europäische Union im September 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein.

Mit dem am 24. Dezember 2022 in Kraft getretenen Vereinbarkeitsrichtlinienumsetzungsgesetz (VRUG) hat Deutschland weitere Regelungen umgesetzt, doch der Vaterschaftsurlaub wurde dabei ausgeklammert. Die Verantwortlichen waren der Ansicht, zur Umsetzung des "Vaterschaftsurlaubs" nicht verpflichtet zu sein, sondern den Vorgaben der Richtlinie zum "Vaterschaftsurlaub" aufgrund der bestehenden Regelungen zur Elternzeit und zum Elterngeld zu genügen. Zur entsprechenden Auffassung kam das LAG Berlin nun in seinem Urteil.

Die EU-Kommission hat das Vertragsverletzungsverfahren am 1. Juni 2023 bereits im vorgerichtlichen Stadium nach Überprüfung der vollständigen Umsetzung abgeschlossen.

Neuer Anlauf für Familienstartzeit 2025?

Ob und wie die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs unabhängig davon im künftigen Koalitionsvertrag Eingang finden wird ist noch unklar. Während die SPD an der Idee einer zweiwöchigen bezahlten Familienstartzeit festhält, signalisiert die CDU bislang keine Bereitschaft.


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Schlagworte zum Thema:  Elternzeit, Kinderbetreuung, Gesetz, EU-Richtlinie