Corporate Sustainability: Erfahrung schützt vor Vorbehalten

Wie denken CEOs mittelständischer Unternehmen über Nachhaltigkeit? Welche Maßnahmen haben die Unternehmen bereits ergriffen? Und was hindert sie daran, noch nachhaltiger zu wirtschaften? In einer neuen Studie zu Corporate Sustainability wird deutlich: Ein Großteil des Mittelstands steht dem Thema Nachhaltigkeit positiv gegenüber – Hindernissen wie höheren Kosten und Bürokratie zum Trotz.

Wer sich bereits früh mit Nachhaltigkeitsmanagement beschäftigt hat, ist weniger davon abgeschreckt. So fühlen sich diese Geschäftsführenden seltener durch die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung überfordert – im Gegensatz zu denen, die sich erst spät und unter dem Druck der Märkte damit beschäftigt haben, nachhaltig zu wirtschaften.

Nachhaltigkeit in Unternehmen: CEOs sehen sich selbst in der Pflicht

Auch wenn sich einige der Befragten klare Regelungen vonseiten der Politik wünschen – ein Großteil der befragten CEOs fühlt sich dennoch dafür verantwortlich, im Unternehmen die entscheidenden Impulse zu geben, um nachhaltiger zu wirtschaften.

Das geht aus der Studie "Corporate Sustainability im Mittelstand" hervor, die Haufe in Zusammenarbeit mit Auctority und Reimund Research durchgeführt hat. Befragt wurden Geschäftsführende mittelständischer Unternehmen mit dem Ziel, mehr über deren Haltung zu Nachhaltigkeit und nachhaltiger Transformation zu erfahren.

Corporate Sustainability: vier unterschiedliche CEO-Typen

An der Studie nahmen 36 CEOs oder Geschäftsführende aus Unternehmen mit 250 bis 4.999 Mitarbeitenden teil. Im Zuge qualitativer Interviews identifizierten die Studienautorinnen und -autoren vier Typen, die unterschiedliche Erfahrungen mit Corporate Sustainability gemacht haben:

  1. Wegbereiter (15 Prozent der Befragten): haben die nachhaltige Transformation vor Jahren begonnen, meist aus innerer Überzeugung der Unternehmensleitung oder der Eigentümerfamilien.
  2. Routiniers (30 Prozent): sind im Nachhaltigkeitsmanagement erfahren. Im Unternehmen eines Routiniers gibt es bereits eine Abteilung oder Stabstelle, die sich mit Nachhaltigkeitsthemen befasst. Im Gegensatz zu Wegbereitern sind sie nicht intrinsisch motiviert, sondern haben erkannt, dass nachhaltig zu wirtschaften Wettbewerbsvorteile schaffen kann.
  3. Einsteiger (35 Prozent): haben erst seit kurzem begonnen, Nachhaltigkeit im Unternehmen zum Thema zu machen. Dazu angetrieben hat sie der Druck in den Märkten.
  4. Skeptiker (20 Prozent): sehen sich zunehmendem Anpassungsdruck ausgesetzt und betrachten die Anforderungen, die sie dazu verpflichten nachhaltiger zu wirtschaften, als Bedrohung.

Nachhaltige Transformation als Chance

Über alle Gruppen hinweg sind sich die Befragten einig, dass Nachhaltigkeit Chefsache sein sollte: Neun von zehn Einsteigern, drei Viertel der Routiniers und alle Wegbereiter und Skeptiker sehen die Unternehmensführung in der Pflicht. Die meisten Befragten offenbarten zudem eine zukunftsorientierte Sichtweise auf das Thema Nachhaltigkeit. Der Aussage, dass Nachhaltigkeitsberichterstattung den Mittelstand überfordert, stimmte keine befragte Person zu, die als Wegbereiter identifiziert wurde – ganz im Gegensatz zu den Skeptikern, die alle diese Meinung vertreten.

Dass es sich für Unternehmen langfristig rechnet, in Sachen Nachhaltigkeit voranzugehen, denken insbesondere die Routiniers – alle Befragten aus dieser Gruppe äußerten sich entsprechend. Auch die große Mehrheit der Wegbereiter sowie der Einsteiger ist dieser Meinung (84 und 81 Prozent), wohingegen nur ein Drittel der Skeptiker davon ausgeht.     

Fast alle befragten mittelständischen Unternehmen (98 Prozent) haben bereits Maßnahmen eingeleitet, um ihre Organisationen nachhaltiger zu machen. Motiviert sind sie dazu insbesondere, weil Kunden oder Geschäftspartner dies erwarten (39 Prozent), um die Zukunft des Unternehmens zu sichern (36 Prozent) und/oder, weil nachhaltige Geschäftsmodelle das Unternehmen glaubwürdiger machen sollen (35 Prozent). Häufiger genannt wurde in den Tiefeninterviews auch, dass es Arbeitgeber attraktiver machen kann, nachhaltig zu wirtschaften.

Die wichtigsten Schritte zur sozialen Nachhaltigkeit

Die Haufe-Studie zeigt auch auf, was HR tun kann, um die soziale Komponente von Nachhaltigkeit zu fördern.

  • Führungsstil transformieren: inkludierendes, teilhabendes, agiles Führen, mehr Raum für Eigenverantwortung;
  • Mitarbeitende partizipieren lassen: Mitarbeiterbefragungen, Townhalls, Ideen-Wettbewerbe (Challenges);
  • Diversity und Inklusion fördern: gleicher Lohn für gleiche Leistung, Spiegelung von sozio-kultureller Vielfalt in der Belegschaft;
  • Weiterbildung fördern: Fortbildungsmöglichkeiten und Impulse für Karrieren, Mitarbeitermanagement, bewusste Personalentwicklung;
  • BGM ausbauen: mehr Gesundheitsprävention (etwa ergonomische Möbel für Homeoffices bereitstellen);
  • Arbeitssicherheit optimieren: interne und/oder externe Audits durchführen;
  • Flexible Arbeitszeitregelungen: bessere Work-Life-Balance, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie;
  • Corporate Social Responsibility: kulturelle Institutionen vor Ort unterstützen, an Aufforstungsaktionen und Landschaftspflege beteiligen, Social Days (Mitarbeitende sind freigestellt für die Mitarbeit in sozialen Projekten).

Nachhaltiges Wirtschaften: Kosten und Bürokratie sorgen für Bedenken

Allerdings macht die Studie auch deutlich, dass sich viele Unternehmen nach wie vor mit Hindernissen konfrontiert sehen: Ein Drittel der Befragten gab an, dass sie insbesondere über die wirtschaftlichen Risiken besorgt sind, während drei von zehn Befragten denken, dass die Kunden die Mehrkosten, die durch nachhaltigeres Wirtschaften verursacht werden, nicht akzeptieren würden. Ebenfalls drei von zehn Befragten halten die Bürokratie für überbordend – wie sich in der folgenden Aussage einer befragten Person widerspiegelt: "Wir sehen uns mit einer massiven Verhinderungsbürokratie konfrontiert. Es gibt allein über 40 Förderprogramme, deren Förderkriterien teilweise im Widerspruch stehen. Hinzu kommen baurechtliche Regelungen und Reporting-Pflichten."

Nachhaltigkeitsberichterstattung polarisiert

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) etwa wird künftig immer mehr Unternehmen in Deutschland dazu verpflichten, über Nachhaltigkeitsaspekte in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung Bericht zu erstatten. Der Einschätzung mancher Befragter, solche Richtlinien seien dazu da, ihnen Steine in den Weg zu legen, widerspricht Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft, in ihrem Kommentar zur Studie: "Jeder Euro, der in den Klimaschutz investiert wird, spart 15 Euro an Klimaschäden. Und jeder Euro, der in die Nachhaltigkeitsberichterstattung investiert wird, spart an Reputationsverlusten, Risiken und Sanktionen. Denn Banken und Versicherungen werden danach fragen."

Inwiefern die Politik beim Thema Nachhaltigkeit regulieren soll, dazu scheint es sehr unterschiedliche Vorstellungen zu geben. Mehr als die Hälfte der befragten Einsteiger denkt, dass Nachhaltigkeit nicht ohne klare politische Vorgaben funktioniert (55 Prozent) – ganz im Gegensatz zu den Wegbereitern, von denen dies gerade einmal jede siebte befragte Person denkt.   

Standort Deutschland mit Verbesserungspotenzial

Dass der Standort Deutschland bei Nachhaltigkeitsthemen führend ist, denken nur wenige Befragte – am allerwenigsten diejenigen, die bereits im Nachhaltigkeitsmanagement erfahren sind. Kein Wegbereiter und nur einer von zehn Routiniers sehen Deutschland in einer Vorreiterrolle. Lediglich die Gruppe der Skeptiker stimmt der Aussage mehrheitlich zu, dass Deutschland diesbezüglich führend sei (67 Prozent).

Die detaillierten Ergebnisse der Haufe-Studie "Corporate Sustainability in KMU" sind hier abrufbar.


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