Spielen erwünscht!
Transformation und Wandel erleben die Mitarbeiter in den meisten Unternehmen nur an einem stillen Örtchen. Nämlich dann, wenn der nächste Change-Prozess auf reißerischen Plakaten auf der Firmentoilette angepriesen wird. Die ernüchternde Wahrheit: Transformation kommt bei der Belegschaft nur langsam an.
Der Wandel ist kein linearer Prozess
Das liegt an der Art und Weise, wie wir über Wandel nachdenken. Das gängige Ideal beschreibt Wandel als einen linearen Prozess: Heute sind wir hier, morgen wollen wir dort sein – also sind das die Schritte, die wir tun müssen, um dort hinzukommen. Wir portionieren Wandel in Phasen. Und jede Kommunikation, jeder Prozess und jedes Meeting dient in diesen Phasenmodellen dazu, den angestoßenen Prozess auf zuvor definierte Bahnen zu schieben und zum bereits gesetzten Ziel zu führen.
So gelangt man von einer Visionsphase in eine Engagement-Phase, aber außer auf dem Papier oder in der PowerPoint-Präsentation ändert sich wenig. Warum? Weil eine gemeinsame Ausrichtung durch klar verteilte Aufgaben und eine Prozesshierarchie ersetzt wird. Kleinere und größere Missverständnisse der Beteiligten werden einfach übergangen. Der für beide Seiten wertvolle Austausch zwischen Einbringung und Missverständnis bleibt völlig ungenutzt.
Wandel ist entweder zerstörerisch oder spielerisch
Die Digitalisierung und zunehmend auch die Klimakrise setzen Firmen massiv unter Druck. Transformation ist schon lange kein Selbstzweck mehr, sondern eine Abwehrreaktion. Wir beobachten zwei Szenarien, wie Unternehmen darauf reagieren. Szenario eins ist das „Sarkasmus-Szenario“. Die Firma hat den Veränderungswunsch nach innen kommuniziert und versucht nun, mit den oben beschriebenen Phasen und Plakaten und Verschiebungen innerhalb der Organigramme Neuerungen herbeizuführen. Das klingt in den ersten Monaten nach Aufbruch, aber schon bald merken die Mitarbeiter, dass sich nichts tut. Jede neue Ansprache, jede neue Aktion, jedes neue Poster wird ab jetzt auch mit Spott kommentiert. Die Kluft zwischen der leuchtenden Visionsrede des CEOs und der sich einfach nicht verändernden Arbeitsrealität ist zu groß geworden. Der Druck von außen frisst sich in das Unternehmen und wird zu einer zerstörerischen Kraft, die eine der schlimmsten Formen überhaupt annimmt: Sarkasmus.
Sarkasmus macht Mitarbeiter zu Comedians, bei denen das Scheitern der Firma die Punchline ist.
Wandel kann aber auch den gegenteiligen Effekt verursachen, Szenario zwei ist das „Spiel Szenario“. Und das bedient sich einer fundamentalen Wahrheit: Wandel heißt, bestehende Strukturen aufzubrechen und das komplizierte Gefüge aus Verantwortung, Macht, Kommunikation und Aufgabenverteilung neu zusammenzusetzen. Und hier darf man ruhig eine Parallele zurück zu der Zeit ziehen, in der wir alle sehr viel gelernt haben: der Kindheit. Allen voran die Orte, an denen wir die Regeln der Zusammenarbeit das erste Mal gespürt haben, im Kinderzimmer und auf dem Spielplatz.
Der „Playroom“ gibt Veränderung einen Raum
Ein Playroom ist wie ein moderner Sandkasten für Unternehmen. Man setzt sich hinein und kann neue Arten der Zusammenarbeit erproben. Konkret sieht das so aus: Veränderung bekommt im Unternehmen einen festen Platz. Einen Raum, in dem die Teams so arbeiten, wie das ganze Unternehmen in Zukunft arbeiten soll – kollaborativ und interdisziplinär, strukturiert auf Basis von Nutzer-Feedback, mit möglichst wenigen aber guten Meetings. Mit Tools, die die Arbeit erleichtern, weil sie Kommunikation vereinfachen und Anschlussfähigkeit herstellen. Mit offenen Türen, um Fortschritt auch zugänglich zu machen.
Ein Playroom hat das Ziel, im kleinen und kontrollierten Rahmen das gesamte System „Firma“ zu irritieren: Muss ein Meeting wirklich so aussehen? Warum schreibt niemand mit? Und wieso werden Entscheidungen nicht auf Basis von Insights oder Daten getroffen?
Veränderung braucht einen Startpunkt
Die Zusammenarbeit mit einem großen Medienunternehmen beispielsweise hat gezeigt, dass Wandel nicht den großen Wurf braucht, sondern es oft schon ausreicht, gemeinsam mit einem Team in einem Playroom zu sitzen und über Wochen oder Monate konzentriert an einem Problem zu arbeiten. Menschen schauen entweder zueinander auf oder voneinander ab: beides können sie in einem Playroom tun.
Veränderung braucht einen Startpunkt, von dem aus Arbeit, Prozesse und am Ende die Organisation neu zusammengesetzt werden. Die Erfahrung zeigt, dass ein Unternehmen sich am besten ein konkretes neues Projekt heranzieht – die Entwicklung eines neuen Produkts oder Services zum Beispiel – und Mitarbeiter verschiedener Disziplinen in einem Playroom zusammenbringt.
Wandel läuft auf eine simple Frage hinaus
Wie gelingt es, verschiedene Wünsche und Entwicklungen der Mitarbeiter so zu kanalisieren, dass ein gemeinsamer Wandel und eine eigene Selbstfindung darin möglich werden? In einem Playroom entsteht Veränderung durch Beteiligung all derer, die an Projekten mitarbeiten. Sie tragen das darin Gelernte in den Alltag und bringen in ihren jeweiligen Abteilungen den Status quo durcheinander.
Ein Playroom ist der erste Schritt, Aufbau und Abläufe eines Unternehmens wirklich zu verändern. Ein kleiner, aber kontrollierbarer Schritt, durch den sich die Organisation von innen heraus verändert. Die Effekte sind enorm!
Ein Playroom vereinfacht und beschleunigt die Abstimmung zwischen Projektteam und Management extrem.
Niemand muss aufwendige Dokumente vorbereiten. Es reicht, das Management einzuladen und durch den Raum führen. Die Wände hängen voll mit Arbeitsständen und wenn sie gut sortiert werden, muss niemand eine Präsentation schreiben. Ein Raum schafft eine Schutzzone, in der es für Mitarbeiter einfacher ist, sich auszuprobieren. Da ein Playroom kein Lab in Berlin ist, haben auch die Mitarbeiter etwas davon. Die neu erlernten Tools werden direkt im Alltag in echten Projekten angewendet. Ein Lerneffekt tritt automatisch ein.
Der wichtigste Effekt beim Spielen: Es löst Spannungen
Ein Playroom ist ein in sich geschlossener Ort, der Experimentieren ermöglicht. Experimente lösen Spannungen im Unternehmen, weil die Beteiligten endlich ausprobieren, worüber sie schon lange geredet haben. Experimente erhöhen das Selbstbewusstsein, denn Dinge werden normaler, je öfter man sie tut. Dazu zählt auch das Scheitern. Experimente sorgen aber vor allem dafür, dass man sich klügere und größere Fragen stellt als vorher. Wenn so vieles in Bewegung ist wie heute, wird die Geschwindigkeit, mit der Unternehmen lernen, zum Wettbewerbsvorteil. Viele Produkte und Services werden so ernst gedacht und entwickelt, dass sie sich selbst im Weg stehen. Genau wie bei Transformationsprojekten will man immer den großen Wurf.
Die beteiligten Abteilungen sollten spielerisch herumprobieren können, ohne Gefahr zu laufen, dass jemand zu Schaden kommt. In Spielmustern zu denken, hilft Unternehmen ganz grundsätzlich dabei, die Angst vor dem Scheitern abzulegen. Und ein Playroom ist eben genau das: ein Ort zum Spielen, anstatt eines stillen Örtchens.
Der Beitrag ist zuvor im Personalmagazin 01/2020 erschienen. Den gesamten Inhalt der Ausgabe finden Sie auch in der Personalmagazin-App.
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