Die Tops und Flops des HR-Jahres 2021
Flop: Gescheiterte Gesetze
Das BMAS wollte mit dem Mobile-Arbeit-Gesetz allen Arbeitnehmenden ein Recht auf Arbeit im Homeoffice geben. Das Gesetz hinkte schon zum Entwurfszeitpunkt der Realität hinterher, war ein Bürokratiemonster und scheiterte am Widerstand der CDU. Allerdings finden sich nun wesentliche Teile des Gesetzes im Koalitionsvertrag wieder. So schnell kann aus dem Flop von gestern die Reform von morgen werden!
Vorerst gescheitert ist auch der Gesetzentwurf zur Verschärfung des Befristungsrechts. Eine Befristung ohne sachlichen Grund sollte nur noch für insgesamt 18 Monate statt für zwei Jahre zulässig sein; außerdem sollte nur noch eine einmalige statt der bisher dreimaligen Verlängerung möglich sein. Auch hier kam keine Einigung zwischen den Koalitionspartnern zustande. Nimmt man noch das nicht beschlossene Hinweisgeberschutzgesetz (mehr dazu lesen Sie hier) und das nicht zustande gekommene Verbandssanktionengesetz hinzu, für die das Justizministerium die Federführung hatte, hat die alte Regierung in ihrem letzten Jahr eine beachtliche Anzahl letztlich gescheiterter Gesetzesprojekte angehäuft.
Top: Basic-Work- Kampagne
Sie sind eine Stütze unserer Wirtschaft, ohne nennenswert davon zu profitieren: Niedriglohnverdiener, die einfache, unqualifizierte Arbeiten ausüben und teilweise gleich mehrere Jobs parallel haben, um über die Runden zu kommen. Das BMAS nennt sie "Basic Worker" und startete 2021 eine Kampagne, um ihre problematische Situation ins Bewusstsein zu rücken, Anerkennung und Wertschätzung zu generieren und um letzten Endes bessere Rahmenbedingungen für diese Beschäftigten zu schaffen. Dass fast alle Parteien eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns im Wahlprogramm hatten, war kein Zufall. Eine Kampagne wie diese, die sich gesellschaftlicher Missstände annimmt und nach Lösungen sucht, nutzt nicht nur den Betroffenen, sondern macht auch Politik glaubwürdig. (Lesen Sie dazu: Personalmagazin 11/2020 mit dem Schwerpunkt "Basic Work").
Flop: New Normal
Nachdem die Lockdowns und der harte Winter 2019/2020 überstanden waren, richtete sich im Frühjahr 2021 der Blick nach vorn. Unter Stichworten wie "New Normal" oder "HR nach Corona" stellten Unternehmensberater neue Konzepte für die Arbeitswelt vor, die breit diskutiert wurden und auch in unsere Berichterstattung Eingang fanden. Das Problem: Die Begriffe suggerierten, die Pandemie wäre im Großen und Ganzen überwunden, und verstellten damit den Blick auf die Realität. Der Winter 2021/2022 wird genauso hart wie der vorige.
Flop: Lebenslanges Lernen
Die Weiterbildungsaktivitäten in den Unternehmen sind im Jahr 2020 eingebrochen. Der Wuppertaler Kreis, der Verband der Weiterbildungsanbieter, registrierte bei seinen Mitgliedern Umsatzeinbrüche von bis zu 40 Prozent (mehr dazu: So steht es um die Weiterbildung in der Coronakrise). Unternehmen und Mitarbeitende waren mit der Bewältigung der Pandemie beschäftigt, die Weiterbildung blieb vielfach auf der Strecke. Für die Transformation der Unternehmen, bei der Weiterbildung ja eine entscheidende Rolle spielt, ist das eine Bremse. Ein Lichtblick: Das E-Learning hat in der Pandemie (zwangsläufig) einen Boom erlebt und wird nun professionalisiert. (Lesen Sie dazu: "Branchentalk E-Learning: Corona war ein Booster für das digitale Lernen").
Top: Betriebliche Impfkampagnen
Mit Coronaimpfungen konnten viele Betriebe bei ihren Mitarbeitenden punkten. Lange mussten die Betriebsärzte warten, bis sie vom Staat die Freigabe zum Impfen bekamen. Als die Freigabe kam, waren sie bestens vorbereitet und führten innerhalb kurzer Zeit Millionen von Impfungen durch. Sie haben damit einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Geschäftstätigkeit und die Betriebsabläufe zu stabilisieren. Und die Unternehmen wiederum konnten zeigen, wie wichtig ihnen der Gesundheitsschutz und die Fürsorge für die Mitarbeitenden ist. (Lesen Sie dazu unsere Serie "Coronaimpfung in Unternehmen").
Flop: Hybride Messen & Kongresse
Not macht erfinderisch. Messe- und Kongressveranstalter haben versucht, ihre Live-Veranstaltungen in hybride Formate zu überführen. Der Mut und die Experimentierlust waren groß, dafür gebührt den Veranstaltern Anerkennung und Dank. Gleichwohl waren die Erfahrungen und Ergebnisse bescheiden. Virtuelle Messestände lockten keine Besucher an, die meisten Aussteller waren enttäuscht. Gesprächsformate oder Podien, bei denen die Hälfte der Zuschauer digital zugeschaltet waren, schafften kein Gemeinschaftserlebnis. Digitale Veranstaltungen wurden im Laufe des Jahres immer besser, eine gute Lösung für hybride Formate fehlt immer noch.
Top: Digitale Events wie People Convention
Während vor der Pandemie digitale Veranstaltungen ein Schattendasein führten, bekamen diese Formate einen Professionalisierungsschub. Beratungen, Eventagenturen, Verbände überführten ihre Events ins Digitale, was häufig sehr gut funktionierte. Ein Benchmark für die neuen Möglichkeiten war im Jahr 2021 die Kienbaum People Convention, die ausschließlich digital stattfand. Nie zuvor hatte diese renommierte Veranstaltung, die zum 20. Mal stattfand, ein so hochkarätiges Programm mit zahlreichen Vorständen und Top-Speakern. Das Event erlebte mit 2.500 Teilnehmenden einen Besucherrekord, der als Live-Event nie möglich gewesen wäre. Muss alles, was als Digital-Erlebnis funktioniert hat, wirklich wieder analog werden?
Flop: Clubhouse
Der Clubhouse-Hype war das "Wintermärchen" des Jahres 2020. Als die ersten Gesprächsformate im Januar auf der neuen Social-Audio-App live gingen, setzte ein Run ein. Die App wurde über eine Million Male runtergeladen. Auf der "Clubhouse-Couch" versammelten sich nicht nur viele prominente Politiker, auch die HR-Community und das Personalmagazin waren dabei. Die Menschen saßen einsam im Homeoffice und diskutierten auf der neuen Audioplattform. Zur Jahresmitte verschwand der Hype genauso schnell, wie er gekommen war.
Flop: Osterruhe
Die dritte Coronawelle schwappte über das Land und die Ministerpräsidentenkonferenz erklärte kurzerhand zur Pandemieeindämmung den Gründonnerstag und den Karsamstag zu "Ruhetagen". Ohne dass – nur eine Woche vor dem Gründonnerstag – irgendjemand gewusst hätte, was ein "Ruhetag" ist. Es hagelte massive Kritik und nur zwei Tage später musste Angela Merkel zurückrudern und eingestehen, dass der Plan nicht wirklich durchdacht war. Wer hätte die immensen Kosten von zwei Tagen bundesweiter Betriebsschließungen tragen sollen? Welche Bürokratielawine hätte es ausgelöst, 3,3 Millionen Unternehmen in Deutschland Anträge auf Entschädigung stellen zu lassen? So viel Dilettantismus war peinlich.
Top: Hybrides Arbeiten
Zuerst eine Not, dann eine Tugend. Die Pandemie hat unvermittelt Millionen Arbeitnehmende ins zuvor nur selten genutzte Homeoffice befördert. Was zunächst ruckelte und holperte, sorgte für einen ungeahnten Digitalisierungsschub der Arbeitswelt und veränderte die Kultur der Zusammenarbeit. Remote zu arbeiten, wurde binnen kürzester Zeit normal. Wartete man anfänglich noch auf ein "Zurück", begriffen die Unternehmen und Beschäftigten die neue Flexibilität bald als Chance. Eine Betriebsvereinbarung zum hybriden Arbeiten ist das neue "Musthave" im Unternehmen, wenn man nicht komplett von vorgestern sein will. (Lesen Sie dazu: Was bei Homeoffice-Regelungen zu beachten ist).
Dieser Rückblick ist in Personalmagazin 1/2022 erschienen. Lesen Sie die gesamte Ausgabe auch in der Personalmagazin-App.
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