Recruiting: Optimierungsbedarf bei Karriere-Websites

Die Karriere-Webseite ist nach wie vor der "Hauptbahnhof" im Recruiting. Doch trotz Fachkräftemangel haben die Unternehmen in Deutschland ihre Karriereseiten in den vergangenen Jahren kaum verbessert. Das fand die Hochschule Rhein Main in der Studie "Karriere-Websites 2023" heraus.

Zum 13. Mal seit 2000 hat die Hochschule Rhein Main die Karriere-Webseiten bekannter Arbeitgeber analysiert und bewertet. Die Studie offenbart eine große Diskrepanz zwischen den weitverbreiteten Klagen über den Fachkräftemangel und dem Handeln in vielen Personalabteilungen. Denn die Einstiegsportale für potenzielle Bewerberinnen und Bewerber – die Karriereseiten der Unternehmen – wurden in den vergangenen Jahren nur geringfügig optimiert.

Die Qualität der Karriere-Webseiten stagniert

Für die Studie "Karriere-Websites 2023" haben die Autoren Professor Wolfgang Jäger (Hochschule Rhein Main und DJM Consulting), Sebastian Meurer (Raven 51 und Hochschule Rhein Main) und Professor Thorsten Petry (Hochschule Rhein Main) eine Stichprobe von 126 Unternehmen analysiert. Darunter finden sich neben den größten und beliebtesten Arbeitgebern Deutschlands auch zahlreiche Mittelständler und ausgewählte öffentliche Arbeitgeber wie öffentliche Institutionen, Städte und Stadtwerke.

Die Studie, die in regelmäßigen Abständen durchgeführt wird, zeigt: Zwischen 2015 und 2019 gab es deutliche Fortschritte bei der Gesamtqualität der Karriere-Webseiten. Seitdem hat sich qualitativ kaum noch etwas verändert. Aktuell erreichen die untersuchten Karriereseiten einen durchschnittlichen Erfüllungsgrad der Anforderungen von knapp 61 Prozent (2021: 60 Prozent, 2019: 61 Prozent).

"War diese Stagnation 2020/21 noch mit der Coronapandemie zu begründen, verwundert es jetzt doch sehr. Zur Wahrheit gehört es aber auch, dass die Analyseergebnisse eine große Spannweite in der Qualität der untersuchten Karriere-Websites aufzeigen", stellt Sebastian Meurer fest. Das heißt: Einige Arbeitgeber sind bereits sehr gut aufgestellt, andere haben große Baustellen.

Die besten Karriereseiten deutscher Unternehmen

Der Gesamtsieg geht 2023 an die Karriere-Webseite von Otto. Nach zwei zweiten Plätzen in den Untersuchungen 2019 und 2021 konnte das Handelsunternehmen in diesem Jahr Platz eins erreichen.

Rang

Arbeitgeber

Erfüllungsgrad gesamt

1

Otto

83,5 %

2

Rewe-Gruppe

80,8 %

3

Lidl

80,3 %

4

Thyssenkrupp

80 %

5

Fresenius

78,8 %

6

Deutsche Telekom

77,6 %

7

Vector Informatik

77,5 %

8

Volkswagen

77,4 %

9

Asklepios Kliniken

76,3 %

10

Strabag-Gruppe

76,2 %

11

Deutsche Bahn

76 %

12

Microsoft

74,8 %

13

Vetter Pharma-Fertigung

74,2 %

14

BASF

73,7 %

15

BMW

72,9 %

16

Robert Bosch

72,5 %

17

Pepperl+Fuchs

71,4 %

18

Pfizer

71,3 %

19

Zoll

70,9 %

20

Kötter-Gruppe

70,6 %

Top-20-Karriere-Websites 2023, Quelle: Prof. Dr. Wolfgang Jäger, Sebastian Meurer und Prof. Dr. Thorsten Petry

Viele Karriereseiten bieten eine gute Candidate Experience

Das Gesamtergebnis (Erfüllungsgrad gesamt) setzt sich aus den Befunden in vier Bewertungs-Clustern zusammen: Zugang, Information, Candidate Experience und Funktionalität.

Am erfreulichsten sind die Ergebnisse bei der Candidate Experience: Mit einem Mittelwert von 76 Prozent schneidet dieses Analyse-Cluster erstmals am besten von allen ab. Zu den Kriterien, die bei vielen der untersuchten Webseiten gut abgebildet sind, gehören eine einfache und klare Sprache, eine leichte Erfassbarkeit der Seitenaufteilung, klar erkennbare Sinn-Gruppen und eine konsistente Gestaltung. Optimierungspotenziale erkannten die Studienautoren vor allem bei dem Angebot ergänzender Informationen als Download, der Erreichbarkeit der Stellensuche, der Zugänglichkeit für Sehbehinderte und Gehörlose sowie der medialen Anreicherung.

Zu wenig Interaktion auf Karriere-Websites

Am niedrigsten ist der durchschnittliche Erfüllungsgrad im Bewertungs-Cluster Funktionalität und Interaktion: Hier wird nach Ansicht der Autoren trotz des Digitalisierungstrends zu wenig getan. Der Mittelwert von gut 35 Prozent liegt auf nahezu dem gleichen Niveau wie 2021. Nicht einmal jedes zehnte Unternehmen nutze beispielsweise die Chance, Leads zu generieren, indem Interessenten als einfachste Form der Interessensbekundung einfach einen Kontakt wie eine E-Mail-Adresse hinterlassen können.

Analysemodell der Studie

Die Bewertung der Karriere-Websites beruht auf einem im Jahr 2000 im Studiengang Media Management entwickelten Kriterienkatalog, der seitdem basierend auf neuen Entwicklungen, Unternehmens- und Bewerberfeedback kontinuierlich angepasst wurde. Der Katalog enthält 230 Kriterien und repräsentiert eine imaginäre, optimale Karriere-Website (100 Prozent Erfüllungsgrad). Die Bewertung aus der Bewerberperspektive wird von Studierenden des Studiengangs Media Management an der Hochschule Rhein Main durchgeführt.


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