Abfindungsangebot für Ruhestand mit 60 ist keine Altersdiskriminierung
Nicht jeder freut sich, wenn der früher in den wohlverdienten Ruhestand darf, auch nicht, wenn im der Ausstieg vergoldet werden soll. Das zeigte sich, als der Automobilkonzern Führungskräften ab 2003 unter dem Schlagwort "Konzept 60 plus" ein Ausstiegsszenario anbot.
- Führungskräfte konnten mit Vollendung des 60. Lebensjahres das Arbeitsverhältnis zu beenden,
- während der Konzern im Gegenzug eine Abfindung zahlte.
Kettenabfindungsangebot - auf Konzept 60+ folgte 62 +
Im Juli 2003 unterbreitete die Beklagte dem Verkaufsleiter ein entsprechendes Angebot auf Änderung seines Arbeitsvertrages, das er bis zum 31. Dezember 2005 annehmen konnte.
- Der Verkaufsleiter nahm das Angebot im Dezember 2005 an.
- Im Jahr 2012 trat an die Stelle des Konzepts „60+“ das Konzept „62+“.
- Alle Führungskräfte, die einen Vertrag auf der Grundlage des Konzepts „60+“ hatten und im Jahr 2012 das 57. Lebensjahr vollendeten, erhielten ab November 2012 ein Angebot, einen Vertrag auf der Grundlage des neuen Konzepts abzuschließen.
Der Verkaufsleiter schied mit Ablauf des 31. Oktober 2012 aus dem Arbeitsverhältnis aus und erhielt einen Kapitalbetrag iHv. 123.120,00 Euro. Darin sah er eine Altersdiskriminierung und forderte 80.000 Euro Entschädigung nach dem AGG.
Wahlfreiheit muss gewährleistet sein
Er scheiterte mit seiner Klage vor dem BAG - wie bereits in den Vorinstanzen in Baden-Württemberg.
- Ein solches Arbeitgeberangebot an Führungskräfte, mit einer Abfindung früher in den Ruhestand zu gehen, verstößt nach Ansicht des BAG nicht gegen das Altersdiskriminierungsverbot,
- sofern die Betroffenen ein echtes Wahlrecht hätten,
- den vorgezogenen beruflichen Ruhestand auch auszuschlagen.
- Dieses Wahlrecht sahen die Richter in dem konkreten Fall als gegeben.
Dem Kläger sei durch das Angebot lediglich eine zusätzliche Möglichkeit eröffnet worden, "wobei er frei darüber entscheiden konnte, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollte", begründeten die Arbeitsrichter ihre Entscheidung. Er sei nicht anders als andere leitende Führungskräfte bei Daimler behandelt worden.
BAG sah keinen "faktischen Annahmezwang"
Für die Übergangszeit bis zur Altersrente sei im Falle des Klägers ein Kapitalbetrag von mehr als 100.000 Euro gezahlt worden, sagte der Anwalt der Daimler AG. Zudem habe der Kläger etwa zweieinhalb Jahre Zeit gehabt, sich für oder gegen das Angebot zu entscheiden.
- Der Darstellung des Klägers, es habe "einen faktischen Annahmezwang gegeben", wurde widersprochen.
- Beleg: Mehr als die Hälfte der infrage kommenden Führungskräfte hätten das Angebot nicht angenommen.
Es sei nicht erkennbar, "dass das Unternehmen Druck ausgeübt hat", sagte BAG-Richterin Anja Schlewing. Der Kläger habe dafür keinen Beleg vorgelegt. Der ehemalige Verkaufsleiter war Ende Oktober 2012 aus dem Unternehmen ausgeschieden.
(BAG, Urteil vom 17. 3.2016, 8 AZR 677/14).-
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