Arbeitgeber trägt auch in der Pandemie das Betriebsrisiko

Nach der gesetzlichen Wertung des § 615 Satz 3 BGB trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. Der Arbeitgeber hat in diesem Zusammenhang auch das Risiko pandemiebedingter Betriebsschließungen zu tragen und für die Zeit einer behördlich angeordneten Betriebsschließung Vergütung für ausgefallene Arbeitsstunden zu zahlen.

Ist ein Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung im Verzug, so hat der Arbeitnehmer nach § 615 Satz 1 BGB grundsätzlich Anspruch auf Vergütung der ausgefallenen Arbeitsstunden. Zu dem vom Arbeitgeber dabei nach § 615 Satz 3 BGB zu tragenden Betriebsrisiko gehören Fälle, in denen die Ursachen von außen auf den Betrieb einwirken und die Fortführung des Betriebs verhindern.

Auch Fälle höherer Gewalt sind vom Betriebsrisiko erfasst

Nach der bisherigen Rechtsprechung erfasst das vom Arbeitgeber zu tragende Betriebsrisiko auch Fälle höherer Gewalt, wie z. B.

  • Naturkatastrophen,
  • Erdbeben,
  • Überschwemmungen oder
  • extreme Witterungsverhältnisse.

Pandemie ist Fall höherer Gewalt

Nach einer aktuellen Entscheidung des LAG Düsseldorf handelt es sich auch bei der aktuellen Pandemie um ein Ereignis höherer Gewalt. Auch eine durch eine Pandemie begründete Betriebsschließung zähle, so das LAG, zum Betriebsrisiko im Sinne von § 615 Satz 3 BGB. Die Reichweite des Verbots sei unerheblich. Mangels klarer Abgrenzbarkeit sei nicht darauf abzustellen, ob die Schließung eine gesamte Branche erfasse oder nur einzelne Betriebe dieser Branche, ggf. bundesweit, nur in einzelnen Ländern oder aber örtlich begrenzt.

Allgemeines Lebensrisiko nicht betroffen

Ein Fall, in dem der betreffende Arbeitnehmer seine Arbeitskraft überhaupt nicht mehr verwerten könne, was ggf. zu dessen allgemeinem Lebensrisiko gehöre, sei nicht gegeben.

Hintergrund der Entscheidung

In dem zur Entscheidung stehenden Fall hat das LAG, wie zuvor schon das Arbeitsgericht Wuppertal, der dortigen Klägerin die Vergütung für im April 2020 ausgefallene 62 Arbeitsstunden in Höhe von insgesamt 666,19 EUR brutto, bestehend aus Grundvergütung, Nacht- und Sonntagszuschlägen für die geplanten Schichten, zugesprochen.

Pandemiebedingt war die Beklagte, eine Spielhallenbetreiberin, zunächst auf Grund behördlicher Allgemeinverfügung gezwungen gewesen, ihren Betrieb ab dem 16. März 2020 zu schließen. Kurze Zeit später untersagte § 3 Abs. 1 Nr. 6 der CoronaSchVO NRW vom 22. März 2020 den Betrieb von Spielhallen. Bei Aufrechterhaltung des Betriebs hätte die Klägerin nach Maßgabe des Dienstplans im April 2020 insgesamt 62 Stunden gearbeitet.

Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf Grund ihres Eintritts in den Ruhestand am 1. Mai 2020 endete, bezog sie kein Kurzarbeitergeld. Die Beklagte selbst hatte für den Zeitraum März und April 2020 staatliche Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 15.000  EUR erhalten.

Das LAG Düsseldorf hat gegen die Entscheidung die Revision zugelassen.

(LAG Düsseldorf v. 30.03.2021, 8 Sa 674/20).

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Hintergrund: Betriebsrisiko

Der Arbeitgeber trägt gem. § 615 Satz 3 BGB das Risiko von Betriebsstörungen. Er muss in allen Fällen, in denen er die zur Arbeit bereiten Arbeitnehmer aufgrund von Betriebsstörungen nicht beschäftigen kann, Lohn und Gehalt weiterzahlen.

Dies folgt daraus, dass der Arbeitgeber den Betrieb und die betriebliche Gestaltung organisiert, leitet, die Verantwortung trägt und die Erträge bezieht. Es ist daher nur konsequent, dass der Arbeitgeber letztlich dafür einstehen muss, dass der Betrieb ordnungsgemäß läuft und die Arbeitnehmer auch bei Betriebsstörungen einen Vergütungsanspruch haben.

Er bleibt zur Lohnfortzahlung auch verpflichtet, wenn die Unmöglichkeit keine betriebstechnischen Ursachen hat, sondern als höhere Gewalt von außen auf das Unternehmen einwirkt (BAG, Urteil v. 9.3.1983, NJW 1983, 2159). Beispiele sind Krieg, innere Unruhen, Epidemien und Naturkatastrophen.

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium


Schlagworte zum Thema:  Arbeitgeber, Arbeitgeberpflichten, Coronavirus