Wann werden ausländische Adoptionen in Deutschland anerkannt?
Ausländische Adoptionsentscheidungen können ggf. das vollständige deutsche Verfahren entfallen lassen, wenn sie anerkennungswürdig sind.
Anerkennung ausländischer Adoptionen hängt von Ähnlichkeit der Adoptionsverfahren ab
Vom Grundsatz her sind sie das bei Vergleichbarkeit der Verfahren. Das kann per Abkommen zwischen den betreffenden Ländern besiegelt und das Anerkennungs- oder Umschreibungsverfahren auf diese Weise vereinfacht werden. Gibt es kein Abkommen, ist nach dem sog. ordre public (international) zu entscheiden.
Deutsche adoptieren Kind in Sierra Leone
Das OLG Frankfurt hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem ein Mädchen aus dem westafrikanischen Staat Sierra Leone per Beschluss des dortigen High Court von einem deutschen Ehepaar mit Wohnsitz in Frankfurt a.M. adoptiert wurde.
Das Baby wurde 2016 geboren. Kurz nach der Geburt starb die Mutter. Der Vater gab das Kind zur Adoption an das deutsche Paar frei und war auch damit einverstanden, dass seine Tochter mit seinen Adoptiveltern nach Deutschland zieht.
Anhörung in Sierra Leone ohne persönliche Anwesenheit des Adoptivvaters
Vor dem High Court fand ein Anhörungstermin statt, zu dem der leibliche Vater, das Kind und die künftige Adoptivmutter anwesend waren. Deren Ehemann war die ganze Zeit über in Deutschland, um den Rückzug mit Baby vorzubereiten. Er hatte dem Gericht Dokumente über
- seine finanzielle Lage,
- die wohnlichen Verhältnisse sowie
- seinen Gesundheitszustand vorgelegt.
Alles auf Anfang nach Versagung der Anerkennung der ausländischen Adoption
Das Paar hatte vergeblich gehofft, dass der Adoptionsbeschluss des High Court Sierra Leone vom zuständigen Amtsgericht in Frankfurt anerkannt würde. Die Versagung kam per Beschluss und wurde nun vom OLG Frankfurt als korrekt bestätigt. Das Paar muss in der Folge das komplette Adoptionsverfahren in Deutschland wiederholen und hoffen, dass das inzwischen dreijährige Mädchen am Ende Teil ihrer Familie wird.
Zu unterschiedliche Prüfungsverfahren in Deutschland und Sierra Leone
Zwischen Sierra Leone und Deutschland gibt es kein passendes Abkommen. Der Maßstab, den die Frankfurter Richter daher anlegten, war das „ordre public international“.
Sie haben geprüft, ob die ausländische Entscheidung mit den wesentlichen deutschen Rechtsgrundsätzen und Wertvorstellungen nicht zu sehr im Widerspruch steht. Das deutsche Adoptionsrecht hat immer das Kindeswohl vorrangig im Blick. Diesen Wesenskern aber wahrt das Recht des westafrikanischen Staates nicht, da es für die Elterneignungsprüfung, wenn überhaupt, rein formale Kriterien genügen ließ.
Gericht muss jedes Adoptivelternteil persönlich beurteilen
Für die Prüfung, ob Menschen als Eltern geeignet sind, muss sich das Gericht nach deutschem Verständnis einen persönlichen Eindruck verschaffen. Neben äußerlichen Kriterien wie finanzielle Umstände, Wohnumstände und Gesundheitszustand sind auch abzuschätzen:
- die Erziehungsfähigkeit,
- die Integrationswilligkeit und -fähigkeit,
- die Fördermöglichkeit,
- das soziale Umfeld sowie
- Aspekte des persönlichen Verhältnisses zum Kind, das nicht das eigene, leibliche ist.
Dazu muss jedes Wunschelternteil zwingend persönlich angehört werden, also auch der in diesem Fall abwesende Adoptivvater.
(OLG Frankfurt, Beschluss v. 24.09.2019, 1 UF 93/18).
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Hintergrund: Ordre public
Deutsche Gerichte müssen bei Entscheidungen mit Bezug zu ausländischem Recht den „ordre public“ beachten und dürfen keine Entscheidungen treffen, die unverzichtbaren Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung zuwiderlaufen.
Zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts gehören die Fundamente und Prinzipien unserer Rechtsordnung, also ihre Grundgedanken und die damit verbundenen Gerechtigkeitsvorstellungen (BGHZ 50, 370, 375 f). Damit sind Merkmale der Rechtsordnung gemeint, die so grds. sind, dass sie selbst dem Gesetzgeber nur bedingt zur Disposition stehen. Sie sind nicht mit dem zwingenden Recht zu verwechseln, das lediglich der Parteidisposition entzogen ist (BGHZ 123, 268, 270 = NJW 93, 3269).
Bei Verfahrensverstößen liegt ein solcher Verstoß gegen den prozessualen ordre public nur dann vor, wenn die Entscheidung nicht mehr als in einer geordneten, rechtsstaatlichen Weise ergangen angesehen werden kann (BGH VersR 92, 1281, 1284 [BGH 04.06.1992 - IX ZR 149/91]; BFH NJW 2011, 2158, 2159 [BFH 03.11.2010 - VII R 21/10]).
In Widerspruch zum materiell-rechtlichen ordre public stünde eine ausländische Entscheidung z.B. dann, wenn sie dem Kindeswohl in einer Weise widersprechen würde, die nach den grundlegenden deutschen Rechtsvorstellungen nicht hingenommen werden könnte (BGH NJW 80, 520; BGHZ 88, 113 = NJW 83, 2775).
(Prütting/Gehrlein, ZPO Kommentar, ZPO § 328 – Anerkennung ausländischer Urteile) Aus: Deutsches Anwalt Office Premium
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