BGH zum Fristversäumnis wegen plötzlicher Erkrankung des Anwalts

Der BGH konkretisierte die Grundsätze zu den Anwaltspflichten bei unvorhergesehenem krankheitsbedingten Ausfall. Wieder ging es um einen Einzelanwalt und eine versäumte Frist. Welche Vorkehrungen und Akutmaßnahmen werden von ihm für den Fall erwartet, dass er am Ablauftag einer Berufungsbegründungsfrist plötzlich krank wird?

Bereits die BGH-Entscheidung vom 16.4.2019 (VI ZB 44/18) ist eine zusammenfassende Vorgabe für die grundsätzlich zu treffenden Maßnahmen, die Anwälte für den Fall ihrer Abwesenheit zu treffen haben. Der jüngste Beschluss vom 8.8.2019 knüpft hieran an und geht dieses Mal zugunsten des Rechtsanwalts bzw. seines Mandanten aus.

Anwalt muss sich mit Fristen generell für den Ernstfall eines Ausfalls absichern

Ein Rechtsanwalt muss stets dafür sorgen, dass Fristen auch dann gewahrt werden, wenn er plötzlich ausfällt. Dafür muss er seinem Personal einen Notfallplan für dieses Szenario geben. Hat er keine anwaltlichen Mitarbeiter, muss er Alternativen vorhalten, z.B. einen vertretungsbereiten Kollegen.

Konkrete Maßnahmen zur Fristwahrung bei einer erwarteten Verhinderung

Weiß der Anwalt, dass er für einige Zeit ausfällt, z.B. weil er Urlaub macht oder sich absehbar einer Kur oder OP unterzieht, muss er für jedes laufende Mandat sicherstellen, dass nichts anbrennt, insbesondere keine Fristen versäumt werden. Jede geeignete Maßnahme ist dafür recht.

Bei unvorhergesehenem Ausfall ist noch alles Mögliche und Zumutbare zu veranlassen

Wird der Rechtsanwalt aus heiterem Himmel krank, wie in dem hiesigen Rechtsstreit der Fall war, muss er in diesem Moment

  • nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen,
  • was ihm möglich und zumutbar ist.
  • Was genau das ist, hängt auch von der Art der Frist und der Erkrankung ab.

Bei Einzelanwälten ohne Personal kann es reichen, den Kollegen, der sich für Notfälle bereit erklärt hat, zu bitten, die Fristverlängerung zu beantragen. Im worst case ist auch denkbar, die Klienten selbst auf den Weg zu schicken, um einen anderen Anwalt zu finden, der die Sache übernimmt.

Wenn der Anwalt wegen Magen-Darm-Erkrankung außer Gefecht gesetzt

Der Fall, den der BGH dieses Mal vorgelegt bekam, betraf einen Einzelanwalt, der eine Rechtsanwaltsfachangestellte beschäftigte sowie ab und zu eine Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei auf freier Mitarbeiter-Basis.

An einem Sonntag erlitt der Anwalt nach dem Abendessen eine Magen-Darm-Erkrankung mit Fieber, sodass er seine begonnene Berufungsbegründung am folgenden Montag, der gleichzeitig der Tag des Fristablaufs war, nicht fertig stellen und einreichen konnte.

Beauftragung der Kollegin mit Fristverlängerungsantrag

Der Anwalt, geschwächt, aber geistesgegenwärtig, bat seine Mutter Montag früh sowohl im Büro als auch bei der Rechtsanwältin anzurufen, damit diese die Fristverlängerung beantragten, was auch geschah. Die Gegenseite verweigerte jedoch ihre Einwilligung, weshalb im nächsten Schritt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wurde.

Bei akuter Erkrankung wird vom Anwalt nichts Unzumutbares verlangt

Damit hatte der Rechtsanwalt aus Sicht des BGH alles Nötige veranlasst und seine Sorgfaltspflichten erfüllt. Mehr sei von ihm nicht zu erwarten, auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass er die Arbeit bis zum letzten Tag der Frist liegen gelassen hatte.
(BGH, Beschluss v. 8.8.2019, VII ZB 35/17).

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Schlagworte zum Thema:  Frist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand