Grundsteuerreform: Umsetzung in den Bundesländern

Teurer für Hauseigentümer, günstiger für Unternehmen? Das war nicht das Ziel der Grundsteuerreform, die am 1.1.2025 in Kraft getreten ist – manche Bundesländer wollen die Fehlentwicklung bei der Umsetzung verhindern. Ein Überblick zu den Modellen, Gesetzen, Hebesätzen und ersten Urteilen.

Wie hoch wird die neue Grundsteuer B – die auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben wird – die ab dem 1.1.2025 erhoben wird?

Zur Anwendung kommen neue Berechnungsmodelle und Hebesätze. Die Umsetzung ist nicht bundeseinheitlich gleich. Die meisten Länder wenden das Bundesmodell an, andere haben eigene Gesetze verabschiedet. Entscheidender Faktor in der Formel ist der Hebesatz, den die Kommunen festlegen.

Auch hier gibt es derzeit unterschiedliche Vorgehensweisen. Teilweise sind Transparenzregister im Netz, die beim Rechnen helfen können, und Gesetze, die verhindern sollen, dass Eigentümer von Wohnimmobilien höher besteuert werden als Eigentümer von gewerblich genutzten Grundstücken.

Ein Überblick zur Vorgehensweise, den Hebesätzen, Berechnungshilfen – und zu den ersten Urteilen.

Transparenzregister für faire Grundsteuer

Im Netz gibt es mittlerweile die sogenannten fairen Hebesätze – das heißt: die Grundsteuer würde in Summe in der jeweiligen Kommune nicht steigen – verschiedener Bundesländer zu finden.

Baden-Württemberg hat ein Transparenzregister am 9.9.2024 im Internet veröffentlicht, das im Oktober aktualisiert wurde. Schleswig-Holstein weist aus, wie Städte und Gemeinden die Hebesätze für 2025 festlegen müssten, um Grundsteuereinnahmen in derselben Höhe wie vor der Reform zu erzielen.

Auch Berlin, Bremen, Hamburg, Sachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland haben faire Hebesätze als Empfehlung für Städte und Gemeinden veröffentlicht. Rheinland-Pfalz zog nun nach. In Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern müssen die Kommunen die fairen und die festgesetzten Hebesätze nennen.

Eine Beispielrechnung hat das Portal "Finanztip" veröffentlicht.

Formel für die Berechnung der fairen Grundsteuer

Mit dem Grundsteuermessbetrag, den Eigentümer in den Flächenländern bereits erhalten haben sollten, lässt sich die faire Grundsteuer mit dieser Formel berechnen:

Grundsteuermessbetrag mal fairer Hebesatz, geteilt durch 100

Beträgt der Grundsteuermessbetrag 122 Euro und der faire Hebesatz 500 Prozent, läge die faire Grundsteuer ab 2025 bei 610 Euro.

Finanztip: Überblick zu Hebesatz und Grundsteuer mit Einspruch-Musterbrief

Differenzierte Hebesätze in den Bundesländern

Grundsteuerhebesatzgesetz in Rheinland-Pfalz

Die Regierung in Rheinland-Pfalz brachte am 20.11.2024 eine landesspezifische Änderung bei der Umsetzung der Reform (Bundesmodell) auf den Weg, um die erwartete Mehrbelastung für Eigentümer von Wohnimmobilien abzufedern.

Mit der Neuregelung des Grundsteuerhebesatzgesetzes soll es den Kommunen im Land möglich sein, differenzierte Hebesätze für die Grundsteuer B zu erheben. Der Entwurf wurde in erster Lesung Mitte Dezember 2024 im Landtag debattiert, eine Verabschiedung wird noch dauern und erst nach Inkrafttreten der Reform greifen. Die Kommunen sehen bei der vom Land angestrebten Lösung eine große Rechtsunsicherheit.

Sachsen-Anhalt entlastet Wohneigentümer

Das Parlament in Sachsen-Anhalt hat am 23.10.2024 ein Gesetz zur optionalen Festsetzung differenzierter Hebesätze beschlossen. So sollen die Kommunen eine aufkommensneutrale Steuererhebung gewährleisten und unterschiedliche Belastungen von Wohn- und Nichtwohngrundstücken ausgleichen können.

Hamburg: Hebesatz und Steuermesszahl

Der Hamburger Senat beschloss am 10.9.2024 das Gesetzespaket zur Reform der Grundsteuer mit neuen Hebesätzen. Der Satz bei der Grundsteuer B erhöht sich erstmals seit dem Jahr 2005 von 540 auf 975 Prozent. Mit den neuen Werten soll sichergestellt werden, dass die Grundsteuer B insgesamt sowie in den Bereichen "Wohnen" und "Nicht-Wohnen" aufkommensneutral bleibt. Die einzelnen Ermäßigungen für Wohnen, für die normale Wohnlage, geförderte oder denkmalgeschützte Wohnungen bleiben erhalten.

Die Steuermesszahl für Wohnflächen soll auf 0,70 ermäßigt werden. Für den gewerblichen Bereich (Nicht-Wohnen) wurde eine ermäßigte Messzahl von 0,87 festgelegt. Die neuen Werte sind feste Faktoren, die zur Berechnung des Steuerbetrags dienen. Ein neuer, besonders hoher Hebesatz von 8.000 Prozent ist für unbebautes, aber baureifes Land (Grundsteuer C) vorgesehen.

Aktualisierte Hebesätze: Anpassungen in Hessen

Hessen hat am 9.8.2024 für 61 der 421 Kommunen die Empfehlungen zur Berechnung der Hebesätze aktualisiert. Bei zwölf Städten und Gemeinden sei das nötig geworden, weil sie die Hebesätze rückwirkend geändert haben, wie die Oberfinanzdirektion in Frankfurt am Main mitteilte. Bei 49 weiteren Kommunen führten Abweichungen bei den Daten im Zuge von Steuerbefreiungen zu der Aktualisierung.

Grundsteuer in Bremen: Aufkommensneutral per Gesetz

Eine Analyse der Zahlen durch das Finanzressort in Bremen hat ergeben, dass es bei Anwendung der Messzahlen nach dem Bundesmodell, für das sich das Land entscheiden hat, zu einer erheblichen Belastungsverschiebung käme. Um den Effekt zu dämpfen, steuert der Senat mit Landessteuermesszahlen gegen. Der Gesetzentwurf wurde am 6.8.2024 beschlossen.

Außerdem wurde das Ortsgesetz für den neuen Hebesatz für die Grundsteuer B in der Stadt Bremen auf den Weg gebracht. Die Messzahl für Wohngrundstücke bleibt bei 0,31 Promille; die Messzahl für Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke wird auf 0,75 Promille angehoben. Der Hebesatz in der Stadt Bremen muss auf 755 Prozent (bisher 695 Prozent) reduziert werden. Die Stadt Bremerhaven legt den Hebesatz selbst fest.

NRW: Musterwerte zu Grundsteuer-Hebesätzen

Nordrhein-Westfalen (NRW) setzt ebenfalls auf das Bundesmodell und verzichtete damit zunächst auf ein Landesgesetz. Da sich in großen Städten eine Schieflage abzeichnete – Wohnungs- und Hauseigentümer draufzahlen –, hat der Landtag am 4.7.2024 noch ein Gesetz mit einer eigenen Lösung verabschiedet: Eine Öffnungsklausel stellt den Kommunen nun frei, unterschiedliche Hebesätze anzuwenden.

Die Finanzverwaltung veröffentlichte am 20.6.2024 für jede der 396 Kommunen Musterwerte für die Hebesätze. Als Berechnungsgrundlage wurden differenzierte Sätze für Wohnflächen und Nutzflächen mitgeliefert. Die Kommunen entscheiden aber selbst, ob sie unterschiedliche Werte für Wohn- und Gewerbegrundstücke wählen. Die Steuermesszahl beträgt in NRW für Wohngrundstücke 0,31 Promille und für Nicht-Wohngrundstücke 0,34 Promille.

Hinweis: Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Städtetags NRW hält das Landesmodell für hochriskant und anfällig für Klagen. In der Kritik stehen differenzierte Hebesätze für Wohn- und Geschäftsgrundstücke.

Grundsteuergesetz: Berlin senkt Hebesatz deutlich

In Berlin soll die Grundsteuerreform die Wohnkosten nicht verteuern. Das Abgeordnetenhaus hat am 20.6.2024 ein Gesetz mit Änderungen zu den Eckpunkten der Steuer beschlossen. Der Hebesatz für die Grundsteuer B wird von 810 auf 470 Prozent gesenkt. Außerdem wird die Steuermesszahl zugunsten bewohnter Grundstücke verändert: Sie beträgt künftig 0,31 Promille, für andere Grundstücke 0,45 Promille. Die Änderungen sollen dazu beitragen, dass die Berliner nicht deutlich mehr Grundsteuer zahlen als bisher.

Grundsteuermodelle und Hebesätze nach Bundesland

Bundesland

Grundsteuermodell

Informationen zu Hebesätzen

Baden-Württemberg

Modifiziertes Bodenwertmodell

Ausführliche Informationen

Transparenzregister veröffentlicht

Bayern

Wertunabhängiges Flächenmodell

Ausführliche Informationen

Nichts Näheres bekannt

Berlin

Bundesmodell mit angepassten Messzahlen

Ausführliche Informationen

Hebesatz wird von 810 Prozent auf 470 Prozent gesenkt.

Tipp: Digitaler Grundsteuerrechner Berlin

Brandenburg

Bundesmodell

Ausführliche Informationen

Transparenzregister geplant

Bremen

Bundesmodell

Ausführliche Informationen

Stadt Bremen: 755 Prozent

Bremerhaven: noch nicht bekannt

Messzahl für Wohngrundstücke: 0,31

Messzahl für Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke: 0,75

Hamburg

Wohnlagemodell

Ausführliche Informationen

Hinweis: Die Grundsteuer ist erstmalig zum 30.4.2025 zu zahlen. Die Steuerverwaltung ruft dazu auf, Daueraufträge zu löschen, keine Zahlungen für die Grundsteuer zum 15.2.2025 tätigen und stattdessen ein SEPA-Mandat zu erteilen.

Grundsteuer A: 100 Prozent
Grundsteuer B: 975 Prozent
Grundsteuer C: 8.000 Prozent

Messzahl für Nutzflächen: 0,87

Messzahl Bereich Wohnen: 0,7

Grundsteueränderungsgesetz

Hessen

Flächen-Faktor-Modell

FAQ zur Grundsteuer

Hebesatzempfehlungen

Mecklenburg-Vorpommern

Bundesmodell

Ausführliche Informationen

Transparenzregister geplant

Niedersachsen

Flächen-Lage-Modell

Ausführliche Informationen

Keine näheren Informationen bekannt

Nordrhein-Westfalen

Bundesmodell

Ausführliche Informationen

Differenzierte Hebesätze

Berechnung der aufkommensneutralen Hebesätze

Rheinland-Pfalz

Bundesmodell

Steuertipps zur neuen Grundsteuer

Liste der aufkommensneutralen Hebesätze

Saarland

Bundesmodell mit angepassten Messzahlen

Ausführliche Informationen

Hebesatz-Daten für Kommunen

Sachsen

Bundesmodell mit angepassten Messzahlen

Ausführliche Informationen

Hebesatzprognosen für 2025

Sachsen-Anhalt

Bundesmodell

Ausführliche Informationen

Hebesatz-Daten für Kommunen

Schleswig-Holstein

Bundesmodell

Ausführliche Informationen

Differenzierte Hebesätze möglich

Transparenzregister veröffentlicht

Thüringen

Bundesmodell

Ausführliche Informationen

unbekannt

Grundsteuer: Alle Regelungen der Länder und die wichtigsten Informationen zur Reform im Überblick

Länderkritik am Bundesmodell: Streit um Öffnungsklausel

In einem Brief nach Berlin forderten im April 2024 noch einige Finanzminister der Länder Änderungen des Bundesgesetzes – sie wollten differenzierte Hebesätze für Wohnen und Gewerbe –, wurden aber enttäuscht.

Urteile zur neuen Grundsteuer

Knapp 36 Millionen Grundstücke in Deutschland müssen neu bewertet werden. Die Neuberechnung der Grundsteuer ab Januar 2025 hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert. Bereits nachdem am 31.1.2023 die verlängerte Abgabefrist für die Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts abgelaufen war und erste Wertbescheide erlassen wurden, kam es zu Klagen vor Verfassungs- und Finanzgerichten.

In einem Verfahren vor dem Finanzgericht (FG Köln) wurde die erste Musterklage aus NRW gegen das Bundesmodell abgewiesen. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken, wie sie die Kläger angeführt hatten, sah das Gericht nicht. Der Senat ließ die Revision zum Bundesfinanzhof zu.

Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat am 13.11.2024 in einem Musterverfahren eine Klage gegen die Grundsteuerreform abgewiesen. Wegen der grundlegenden Bedeutung ist die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.


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