EY-Studie: Immobilienquote der Assekuranz stagniert erstmals

Die deutsche Assekuranz hat die Immobilienquote in den Portfolios erstmals seit zwölf Jahren nicht erhöht, wie eine Umfrage von EY Real Estate zeigt. Ein Grund sind zu geringe Rendite-Spreads zu festverzinslichen Wertpapieren. Die beliebteste Assetklasse sind Wohnungen.

Die Immobilienquote deutscher Versicherungen stagniert erstmals seit zwölf Jahren, allerdings auf einem Rekordhoch von 13,1 Prozent (Vorjahr: 13 Prozent). Mehr als 80 Prozent der Assekuranzunternehmen wollen die Immobilienquote derzeit stabil halten. Während 2023 noch 14 Prozent zukaufen wollten, plant das nun niemand. Etwa jeder Fünfte (19 Prozent) will die Quote senken (Vorjahr: 16 Prozent) und 25 Prozent planen künftig mehr Verkäufe. Rund zwei Drittel (68 Prozent) der Versicherer planen kurz- und mittelfristig die Bereinigung des Portfolios.

Das sind Ergebnisse des "Trendbarometers Immobilienanlagen der Assekuranz 2024", für das EY Real Estate rund 30 Versicherungsunternehmen befragt hat.

Immobilienanlagen: Portfolio-Strategie ändert sich

"Immobilienanlagen haben bei der Assekuranz derzeit keinen leichten Stand. Im Vergleich zu anderen Anlageklassen verlieren sie durch die höheren Zinsen an Attraktivität", sagt Jan Ohligs, Partner bei EY Real Estate und Autor der Studie. Dazu kämen die Herausforderungen im Zuge der notwendigen energetischen Transformation, die zusätzlichen Aufwand und Mehrkosten verursachten, was die erzielbaren Renditen schmälert.

EY beobachtet derzeit den Vollzug neuer Portfoliostrategien, der mit Umschichtungen etwa hinsichtlich Nutzungsarten, Risikoklassen oder der regionalen Verteilung einhergeht.

Renditeträchtig: Risikobereitschaft verschiebt sich zu "Core+"

Nachdem die Renditeerwartungen im vergangenen Jahr deutlich gefallen sind, steigen sie der Studie zufolge nun wieder leicht: beim indirekten Bestand von 4,2 auf 4,5 Prozent und beim Direktbestand von 3,8 auf 3,9 Prozent.

Dazu passt die aktuelle Verschiebung beim Risikoprofil. Nachdem in der Befragung 2023 noch "Core" die beliebteste Risikostrategie bei Immobilienanlagen war, geht der Fokus aktuell auf die leicht risiko-, aber eben auch renditeträchtigere Kategorie "Core+" (81 Prozent).

ESG-Konformität beeinflusst Kauf und Verkauf

Bei der Frage nach den Motiven für Immobilienkäufe, nannten die Versicherer am häufigsten die ESG-Konformität, gefolgt von Diversifizierung und Opportunitäten. Als wichtigster Grund für Verkäufe wird gleichzeitig der zu hohe Aufwand für ESG-Maßnahmen genannt, gefolgt von einer angestrebten Reduzierung der Immobilienquote und dem Schaffen von Liquidität.

"Immobilien mit schlechtem ESG-Standard werden nicht nur im Ankauf immer uninteressanter, sondern zunehmend auch zur Belastung in den Portfolios der Versicherer", erklärt Ohligs.

Immobilieninvestment: Deutschland in Europa am beliebtesten

Bereits im vergangenen Jahr ist Europa als Investitionsstandort in der Gunst der Assekuranz gesunken – von 2022 bis 2023 fiel der Zuspruch von rund 50 Prozent auf 39 Prozent. 2024 geben nur noch 22 Prozent der Unternehmen an, den Fokus hier setzen zu wollen. Klare Zustimmung äußerte niemand mehr.

Europa ist bei Versicherungen für die Immobilienanlage somit nur noch marginal attraktiver als Zentral- und Südamerika (18 Prozent). Die beliebtesten Standorte sind Nordamerika (44 Prozent) sowie Asien und Ozeanien (49 Prozent). Innerhalb Europas ist Deutschland bei der Assekuranz am begehrtesten (81 Prozent), Großbritannien verliert auf 19 Prozent.

"Der Lack am vielfach postulierten 'safe haven' beginnt zu bröckeln, davor dürfen auch wir in Deutschland nicht die Augen verschließen", sagt Christoph Haub, Senior Manager bei EY Real Estate und ebenfalls Studienautor.

Assekuranz: Wohnimmobilien am attraktivsten

Die beliebteste Assetklasse für die Versicherungsbranche sind Wohnimmobilien (69 Prozent), wie es im EY-Trendbarometer 2024 heißt. Logistik auf Platz zwei verliert spürbar an Attraktivität: Standen sie 2023 noch bei 77 Prozent der Befragten im Fokus, so sind es jetzt nur noch 62 Prozent. Infrastruktur fällt von 64 Prozent im vergangenen Jahr auf 34 Prozent.

Büroimmobilien, die traditionell den größten Teil der Immobilienportfolios der Assekuranz stellen, stehen nur noch bei 19 Prozent der Unternehmen im Investmentfokus (2023: 52 Prozent). Auch Investitionen in erneuerbare Energien büßen an Attraktivität ein mit 53 Prozent im Jahr 2024 gegenüber 70 Prozent im Jahr 2023. Hotels gewinnen an Zustimmung (31 Prozent gegenüber 18 Prozent im Vorjahr). Untergeordnete Rollen spielen für die Assekuranz Life-Science- und Gesundheitsimmobilien (25 Prozent) sowie Einzelhandelsimmobilien (18 Prozent).

CO2-Einsparziele dominieren Portfoliostrategien

Die derzeit größte Handlungsnotwendigkeit sehen alle Umfrageteilnehmer in der energetischen Ertüchtigung der Immobilienbestände. Trotzdem wollen knapp zwei Drittel (62 Prozent) der Versicherer die notwendigen Maßnahmen selbst angehen und die betroffenen Objekte dafür im Bestand halten. Ebenfalls 62 Prozent wollen bereits ertüchtigte Immobilien zukaufen.

Aus Sicht von 93 Prozent der Unternehmen zahlen sich nachhaltige Immobilienanlagen nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell beim Wiederverkauf aus.

"Es zeigt sich deutlich, dass ein Haupttreiber für die aktuellen Portfoliostrategien die ESG-Compliance ist", ergänzt Haub. Die Versicherungen seien grundsätzlich stark von der Regulatorik getrieben und anderen Markteilnehmern auf diesem Feld vielleicht sogar voraus. Dass ESG-konforme Anlagen dadurch auch ökonomisch durchaus Sinn ergeben können, wird laut Haub seitens der Assekuranz nicht mehr bezweifelt.

Finanzierung: Umfeld bleibt herausfordernd

Der Direktbestand bleibt für 62 Prozent der Befragten die bevorzugte Investitionsart, gefolgt von geschlossenen Immobilienfonds (56 Prozent), die deutlich beliebter sind als offenen Fonds (31 Prozent). Alternative Investments, wie etwa Real-Estate-Debt-Fonds, spielen für ein Viertel der Befragten eine Rolle –  Projektentwicklungen noch für 13 Prozent, globale REIT-Fonds für lediglich sieben Prozent.

Das Refinanzierungsumfeld für die indirekten Anlagen ist aus der Perspektive von 94 Prozent der Versicherer weiter herausfordernd. Eine restriktivere Vergabepraxis seitens der Kreditgeber sowie eine Reduzierung des Beleihungsauslaufs spüren 84 Prozent der Befragten.

EY Trendbarometer Immobilienanlagen der Assekuranz 2024 (Download)


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