Analyse: Wie Corona die Immobilienmärkte bewegt
Vieles spricht dafür, dass die Beschränkungen für die Wirtschaft mit der nächsten Corona-Welle im Herbst nicht mehr mit den bisherigen vergleichbar sein werden. Am stärksten gefährdet sind weiterhin die Dienstleister. Die Konjunkturerholung im Euroraum ist im Vergleich zur US-amerikanischen bislang weniger stürmisch ausgefallen. Dennoch ist auch hier der Blick aufwärtsgerichtet. Für einige Euro-Mitgliedstaaten fehlt nicht mehr viel an der V-förmigen Erholung.
EZB: Erster Zinsschritt erst 2026 erwartet
Die jüngsten Konjunkturumfragen bei den Einkäufern weisen für Spanien ein 20-Jahreshoch auf, für Deutschland immerhin ein Zehn-Jahreshoch. Das deutet auf Nachholeffekte bei der Nachfrage hin, die schon jetzt zu rekordhohen Auftragsbeständen in den Unternehmen führen und für konjunkturelle Impulse bis weit ins kommende Jahr sorgen. Allerdings behindern Knappheiten und Engpässe in Europa die Produktion, doch die Unternehmen rechnen spätestens im Verlauf des kommenden Jahres mit einer Auflösung der Produktionsstaus.
Die Notenbanken sind nach wie vor entspannt, trotz der aktuell hohen Inflationsraten. Schließlich seien es Sonder- und Basiseffekte, die in diesem Jahr die Inflationsrate nach oben schnellen lassen. Diese würden Anfang 2022 ähnlich zügig wieder verschwinden, wie sie gekommen sind. Es gibt in der Wahrnehmung der Europäischen Zentralbank (EZB) – erst recht mit ihrer neuen Strategie – keine Notwendigkeit, in Hektik zu verfallen, sei es bei der Beendigung der Wertpapierkaufprogramme oder etwaigen Zinserhöhungen. Insofern erwarten wir weiterhin erst für das Jahr 2026 einen ersten Zinsschritt der EZB. Damit bleiben die günstigen Finanzierungsbedingungen erhalten. Und die Immobilienmärkte?
Büroimmobilien: Kein Einbruch bei der Nachfrage
Die europäischen Büromärkte befanden sich bei Krisenausbruch in einer robusten Ausgangslage und profitierten von fiskal- und geldpolitischen Stützungsmaßnahmen. Trotz steigender Leerstände infolge der Nachfrageschwäche – aber auch durch die stärkere Bautätigkeit – besteht insgesamt wenig Grund zur Sorge. Auch wenn Homeoffice zur neuen Normalität dazugehört, behält das zentrale Büro seinen Stellenwert als Ort der Kommunikation und als Basis für die Produktivität und Innovationsfähigkeit von Unternehmen.
Die Zukunft liegt in hybriden Arbeitsmodellen, die die Vorteile beider Welten vereinen. Daher erwarten wir keinen Nachfrageeinbruch. Durch einen dauerhaft höheren Anteil mobiler Arbeit, die geringere Beschäftigungsdynamik aufgrund des demografischen Wandels und die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks dürfte sich die Nachfrage nach Büroflächen allerdings langfristig strukturell verringern. Moderne nachhaltige Gebäude nach dem neuesten Stand der Technik und mit hoher Flexibilität sowie Annehmlichkeiten für die Nutzer bleiben in Dienstleistungsgesellschaften auch in Zukunft gefragt.
Logistikmärkte: Der Flächenbedarf in Europa steigt
Die Logistikmärkte profitieren in hohem Maße vom Corona-bedingten Digitalisierungsschub, der den Online-Boom noch stärker befeuert. So kamen sie gut durch die Krise, trotz des Einbruchs im Welthandel. Die Pandemie hat nicht nur die weltweiten Produktions- und Lieferkapazitäten beschränkt, sondern in einigen Bereichen auch für zusätzliche Nachfrage gesorgt, insbesondere während der Lockdowns.
Die derzeitigen logistischen Engpässe im Welthandel sorgen zwar für Preisauftrieb und kosten Wirtschaftswachstum, sie sind jedoch eher kurzfristiger Natur. Die Pandemie dürfte den Trend zu einer Globalisierung mit stärkerem regionalen Fokus beflügeln und damit einhergehend den Flächenbedarf in Europa erhöhen. Wir erwarten eine vermehrte Ansiedlung von Lagern zur Aufrechterhaltung der Just-in-Time-Produktion und Pufferlager in kritischen Industriezweigen wie Pharmazie und Medizintechnik.
Die bereits in der Vergangenheit stark gestiegene Nachfrage spiegelt sich in den Fertigstellungen und steigenden Mieten wider.
Stationärer Einzelhandel: Ausblick bleibt verhalten
Im Einzelhandel dagegen war die Ausgangslage schon vor Ausbruch der Pandemie sehr schwierig, insbesondere in den Segmenten Bekleidung und Schuhe, den traditionellen Ankern im innerstädtischen Handel und in Shopping-Centern.
Die Lockdown-Maßnahmen sowie der Digitalisierungsschub wirkten wie ein Katalysator. Der Online-Anteil an den Einzelhandelsausgaben wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen, wenn auch nicht mit der gleichen Geschwindigkeit wie im Krisenjahr 2020. Der Ausblick für den stationären Handel bleibt äußerst verhalten. Wir erwarten in den kommenden Jahren einen deutlich rückläufigen Bedarf an Verkaufsflächen in den Innenstädten und bei Shopping-Centern. Die 1a-Lagen dürften sich verkleinern, Nebenlagen anderweitig auch für Wohnen und Arbeiten genutzt werden.
Nahversorgungszentren in Stadtteillagen dürften dagegen gefragt bleiben. Hier macht sich die Sonderstellung des Lebensmittelhandels bemerkbar, der nicht von Schließungen betroffen war und seinen Umsatz erheblich steigern konnte.
Umsatz mit Hotelimmobilien: Vorkrisenniveau nicht vor 2024
Auch die europäischen Hotelmärkte wurden nach dem starken Aufwind der Vorjahre durch die Gesundheitskrise substanziell getroffen. Nach dem Ende der Lockdowns und mit zunehmender Immunisierung sollte die Talsohle durchschritten sein, Rückschläge aufgrund neuer Virusvarianten sind allerdings jederzeit möglich.
Sehr anfällig bleiben die Destinationen Südeuropas als klassische Flugreiseziele mit einer hohen Abhängigkeit vom Ausland im Gegensatz zu Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Großbritannien mit einer starken einheimischen Nachfrage. Die hohen Vorkrisenniveaus der Hotelumsätze in Europa sollten erst nach 2024 wieder erreicht werden. Kosten- und Nachhaltigkeitsaspekte werden in Zukunft vermehrt im Fokus bei Geschäftsreisen stehen, wobei persönliche Begegnungen und Gespräche unabdingbar bleiben.
Der Boom an den Immobilieninvestmentmärkten erhielt durch die Pandemie nur einen Dämpfer. Der Trend steigender Renditen bei Hotels und Shopping-Centern hat sich im laufenden Jahr bereits abgeschwächt. Das durch die Krise verfestigte Niedrigzinsumfeld und fehlende Alternativanlagen sorgen weiterhin für eine hohe Nachfrage und je nach Segment zu Abwärtsdruck auf die Renditen. Dies stabilisiert die Erträge, die ab nächstem Jahr auch wieder von moderatem Mietwachstum profitieren sollten.
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