Krise als Chance: PropTechs sind elementarer Teil der Lösung
Sechs PropTechs schildern ihre Sicht auf die Marktsituation und was sie vom Branchentreff in München erwarten.
Branche am Scheideweg: Wir müssen gemeinsam handeln
Die Immobilienbranche befindet sich am Beginn einer großen Krise. Materialknappheit, steigende Zinsen und damit auch Bauchkosten sind der Beginn des Umbruchs und damit auch Umdenken der Branche. Der Immobiliensektor rückt immer mehr in den Fokus der Klimabestreben der Politik. Wir sehen aktuell nur die ersten Symptome des Wandels, der uns noch bevorsteht. Aktuell suchen die Akteure daher nach neuen Wegen, was eine große Chance für Innovationen und Startups ist.
PropTechs sind ein fester Bestandteil der Branche geworden
PropTechs werden immer stärker in große Projekte involviert und arbeiten mit den etablierten Immobilienunternehmen zusammen. Es gibt fast keines mehr, welches nicht mit PropTechs zusammenarbeitet. Denn PropTechs liefern wichtige Lösungen und Impulse, um Herausforderungen zu meistern. Sie haben zwar den Ruf der "jungen Wilden" und wir von Concular sind auf jeden Fall jung und wild, aber auch professionell und zuverlässig. Genau das zeichnet ein gutes PropTech aus: Es muss nicht nur innovativ sein, sondern auch mit höchster Professionalität Lösungen anbieten. Dieser Eindruck etabliert sich immer mehr am Markt.
Nachhaltigkeit wird und muss einen höheren Stellenwert bekommen
Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Denn: Die Immobilienbranche muss gemeinsame Lösungen schaffen. Auf der Expo Real erhoffe ich mir daher gute Gespräche, um sich mit der Branche zu vernetzen und gemeinsam Wege aus der Krise zu finden. Das Thema der Nachhaltigkeit, insbesondere Ressourceneffizienz, wird in Zukunft einen viel größeren Stellenwert erhalten und ich hoffe, dass dies ein wichtiger Agendapunkt auf der Messe sein wird.
Mit Blick auf die Zukunft der Branche gibt es nun zwei Wege: "Business as usual" oder sich den Herausforderungen zu stellen. Ich wünsche mir, dass sich die Akteure der Branche bewusst machen, dass sie sich nun entscheiden müssen und damit auch die Zukunft ihres Unternehmens besiegeln. Wer jetzt nicht mehr handelt, wird in Zukunft nicht mehr relevant sein.
Dominik Campanella, Gründer und Geschäftsführer von Concular
Energiekrise: Um die Digitalisierung von Gebäuden kommt niemand mehr herum
Energie- und ESG-Themen erleben einen weiteren Schub, nicht zuletzt ausgelöst durch die Energiekrise. Die Reduktion des Verbrauchs in Immobilien ist eine Aufgabe, der sich nach und nach alle stellen müssen: Eigentümer, Nutzer und Dienstleister. Am Markt und bei unseren Kunden sind jetzt Initiativen gefragt, die den Heizenergieverbrauch möglichst schnell reduzieren. Digitale Lösungen unterstützen hier massiv.
Wir brauchen ein Bewusstsein für die Potenziale von Digitalisierung
Am wichtigsten ist es, Awareness zu schaffen für das, was bereits heute möglich ist. Vielen Gebäudeeigentümern und Mietern sind die vielen Möglichkeiten gar nicht bekannt. Deshalb liegt uns das Thema Digitalisierung für die Expo Real besonders am Herzen. Das reicht von Grundlagen wie etwa der Erfassung von Zählerdaten bis hin zu hochentwickelten Cloud-Lösungen. Wir wollen dafür sensibilisieren, dass man mit einem kleinen Schritt viel erreichen kann: automatisierte Einsparungen und einen kleineren CO2-Footprint. Das ist doch ein starkes Argument, jetzt gemeinsam anzupacken.
PropTechs brechen Prozesse auf und verzahnen sie neu
Als PropTech bringen wir innovative Impulse in die Branche, brechen gewohnte Prozesse und Abläufe auf. Vieles muss sich besser verzahnen: Digitale Lösungen, die Vernetzung der Gewerke und die Verringerung manueller Aufwände in allen Bereichen sind notwendig, um Unternehmen auf Dauer wettbewerbsfähig zu halten. Für die Immobilienbranche wünschen wir uns mehr Mut für Neues und kürzere Entscheidungsprozesse. Mit ein wenig Selbstkritik kann aus den Learnings der letzten Jahre echtes Momentum für die Zukunft entstehen!
Carsten Kreutze, Geschäftsführer der Recogizer Group
Die Branche hat die Chance, die größte Assetklasse der Welt zu transformieren
Der Markt ist enorm belastet von steigenden Bauzinsen, explodierenden Energiepreisen, die auf die Kaltmiete drücken und von einer allgemeinen Verunsicherung durch die Inflation. Von diesem schwierigen Makro-Umfeld sind wir als Sanierungs-Experten aber zum Glück nicht betroffen. Im Gegenteil, die serielle Sanierung ist ein Hoffnungsträger für die Energieeffizienz-Politik der Bundesregierung und eine zentrale Antwort auf die russische Aggression, Europa mit Energielieferung zu erpressen.
Für die Branche wünschen wir uns, dass die Akteure die Klimakrise ernst nehmen. Dass sie darin eine einmalige Chance sehen, die größte Asset-Klasse der Welt – Gebäude – zu transformieren. Denn das müssen wir gemeinsam in zwei Jahrzehnten schaffen.
Wir werden neue PropTech-Unicorns sehen
Die Rolle der PropTechs in der Branche hat Potenzial. Wenige PropTechs haben bereits eine ausreichende Größe, um signifikant neue Geschäftsmodelle zu etablieren. Das wird sich mit wachsenden Teams und Umsatz ändern. Wir werden einige neue PropTech-Unicorns in den nächsten zwei Jahren sehen, trotz rückläufiger Bewertungen.
Expo Real dient der Orientierung
Die Expo ist der wichtigste Treffpunkt der Branche, in drei Tagen eine Orientierung zu erhalten, wo Investoren, Kunden und Zulieferer stehen. Für mich geht es weniger um konkrete Deals, sondern vielmehr darum, viele alte Bekannte zu treffen.
Emanuel Heisenberg, CEO und Gründer von Ecoworks
PropTechs verdienen es, ernst genommen zu werden
Die Immobilienwirtschaft blickt auf gute bis sehr gute Jahre zurück. Angesichts der Polykrise aus Pandemie, Klima- und Energiekrise ist klar, dass es so nicht weitergeht. Es besteht einerseits Handlungszwang in Bezug auf New Work, ESG, grüne Städte. Andererseits aber auch Zwang zum Nichthandeln aufgrund von Material- und Fachkräftemangel. Dies bringt automatisch Veränderung mit sich.
Notwendige Technologien sind gesunder Menschenverstand
Ich bin davon überzeugt, dass die zwingend notwendigen Neuerungen nur mit den richtigen Technologien zu bewerkstelligen sind. Den Unternehmen wird dies mehr und mehr klar und sie verstehen, dass wir PropTech Unternehmen agil sind und der Reifegrad unserer Technologien stark gestiegen ist. Zu dieser Erkenntnis wird auch die diesjährige Expo Real beitragen.
Mit "jung und wild" hat das alles übrigens nichts zu tun: Was wir PropTechs entwickeln und anbieten ist fundierte, wertstiftende – und vor allem lang durchdachte und weitergedachte – Neuerung. Dass wir diese in den Markt bringen wollen, ist daher gesunder Menschenverstand und nicht von "jungem, wildem Mindset" getrieben.
Die Wege müssen sich mehr kreuzen
Für die Umsetzung braucht es Nähe und Dialog. Meines Erachtens ist ein wichtiger Beitrag der Messe dazu, wie die Wege der Immobilienwirtschaft und der PropTechs schnell und gut zueinander führen damit wir alle maximal profitieren, dass sich die PropTechs 2023 in einer der Haupthallen präsentieren. Dieses Jahr haben wir uns mit Rysta aufgrund unserer Kundenstruktur gegen eine Teilnahme an der Expo Real entschieden. Ich wünsche jedoch allen eine tolle Messe und freue mich auf nächstes Jahr. Hoffentlich mit hundertprozentiger Integration von PropTechs – aus Messesicht und in der Praxis.
Julia Gebert, Geschäftsführung von Rysta
Die Krise als Chance
Wenn wir die aktuelle Stimmung am Markt bewerten müssten, würden wir sagen: Differenziert je nach Assetklasse, Geschäftsmodell und Eigenkapital beobachten wir, dass Krisen Chancen enthalten. Die Reaktionen der Immobilienbrache reichen von Abwarten über Neupositionierung bis zu hin zu weiteren Investitionen. Einige Unternehmen sehen neue Möglichkeiten, die sie gerade jetzt erschließen. Andere nutzen die Zeit, um sich intern besser aufzustellen. Für uns als Plattform-Anbieter heißt das, wir haben die Möglichkeit die individuelle Situation jedes Unternehmens noch besser zu verstehen, um sie bestmöglich in den Bereichen Skalierung, Optimierung und Produktivitätssteigerung zu unterstützen.
Digitalisierung macht Spaß
Als PropTech mit Blick auf die Szene sehen wir eine zunehmende Professionalisierung der Immobilienunternehmen und ein gutes Verständnis für sinnvolle Digitalisierung. Uns macht es Spaß zu beobachten, wie digitale Innovationen auf Begeisterung stoßen und aktiv von der Branche aufgenommen und geradezu aufgezogen werden. Die aktuellen Entwicklungen sind spannend, daher sagen wir: "Weiter so!" Gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern wollen wir die gesamte Branche nach vorne bringen. Nicht zuletzt hören wir von unseren Kunden, dass smarte Digitalisierung sogar mehr Freude bei der täglichen Arbeit bereitet.
In Zeiten der schnellen, digitalen Videocalls freuen wir uns darauf, die gesamte Branche hautnah und persönlich an der Expo Real wiederzusehen, denn nichts geht über den persönlichen Austausch.
Tobias Dochow, Co-Founder und CEO von assetbird
Gute Nachrichten: Es gibt Einsparungsmöglichkeiten
Der Immobilienbranche sich aufgrund der aktuellen Lage verändern müssen. Zum einen bedingt durch die Steigerungen der Zins- und Materialkosten, zum anderen durch den Wandel, den ESG und Fachkräftemangel mit sich bringen. Hier stehen wir erst am Anfang. Beim Thema Klimaschutz muss die Immobilienwirtschaft Verantwortung übernehmen, denn die Potenziale sind riesengroß.
Daten müssen sinnvoll gesammelt und ausgewertet werden
Die gute Nachricht ist, dass es zahlreiche Einsparmöglichkeiten im Bau und beim Betrieb von Gebäuden gibt. Das gilt sowohl für die finanzielle als auch für die ökologische Seite. Man muss sie nur finden. Oft sind die benötigten Informationen bereits im Unternehmen vorhanden. Dabei hilft ein Überblick aller externen und internen Daten. Die Grundlage, also Softwaresysteme, die Daten liefern, müssen nur miteinander verbunden und durch Business-Intelligence verständlich dargestellt und ausgewertet werden.
Schon kleine Erkenntnisse können große Effekte haben
Um diese Chancen zu ergreifen, sind PropTechs einfach schneller als klassische Player. Sie können Dinge leichter ausprobieren und kommen so auf neue Ideen. Die Innovationen können und sollten dann von den großen Playern übernommen werden, um so eine möglichst große Wirkung zu entfalten. Wir wünschen uns, dass die Branche insgesamt ihrer Verantwortung gerecht wird und klimagerecht agiert. Dabei helfen oft schon kleine Erkenntnisse, die dann große Effekte haben.
Robert Scholz und Paul Brüning, Gründer von Valesa
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