Quartiersgesetz: Eigentümer werden zu Stadtentwicklern
Mehr als drei Jahre lag er in der Schublade – im Frühjahr 2020 hat die rot-schwarze Landesregierung ihren Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Stärkung der Quartiere durch private Initiativen (Niedersächsische Quartiersgesetz – NQG) dann auf den Weg gebracht. Am 28.4.2021 hat der Landtag in Hannover nun dem Gesetz mit großer Mehrheit zugestimmt.
Was will das Quartiersgesetz?
Verwaiste Einkaufsstraßen, heruntergekommene Wohnquartiere oder Stadtteilzentren – zur Wiederbelebung solcher Viertel stehen auch in Niedersachsen häufig private Akteure in den Startlöchern. Ihnen soll die Arbeit mit dem neuen Gesetz erleichtert werden.
Auf Vorschlag privater Eigentümer-Initiativen könnten Gemeinden künftig Maßnahmen zur Aufwertung per Satzung festlegen. "Es obliegt jeweils der Entscheidung der Städte und Gemeinden, ob und wie sie Quartiersinitiativen fördern und unterstützen wollen", erklärte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Martin Bäumer, bevor das Gesetz ins Parlament eingebracht wurde. Die Finanzierung übernehmen die Privaten, die Kommunen können sich beteiligen. Gedacht ist laut Bäumer auch an gemeinsame Maßnahmen zur energetischen Aufwertung von Wohnquartieren, die Einrichtung von Coworking-Räumen oder an bauliche Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes. Eine Einschränkung gibt es: Wenn 30 Prozent der Eigentümer im Quartier widersprechen, können die Pläne nicht umgesetzt werden.
Das Gesetz eröffne gute Perspektiven, um in sogenannten Business Improvement Districts (BID) innovative "und hoffentlich auch nachhaltige Projekte umzusetzen, mit denen der einzelne Träger jeweils überfordert wäre", betonte Umweltpolitiker Bäumer abschließend. "Dieses Gesetz setzt den Rahmen für den Zusammenschluss von Immobilieneigentümern, die ihr Stadtviertel aufwerten wollen."
Business Improvement Districts: Vorreiter in Deutschland waren Hamburg und Hessen
Die Idee stammt ursprünglich aus Kanada und den USA: Seit den 1970er Jahren entstanden dort Business Improvement Districts, innerstädtische Viertel, in denen Geschäftsleute wegen der Abwanderung der Bewohner ins Umland die Aufwertung ihrer Zentren selbst in die Hand nahmen.
In Deutschland wurde die Idee 2007 ins Städtebaurecht aufgenommen. In zehn Bundesländern gibt es mittlerweile sogenannte BID-Gesetze. Sie sichern die Finanzierungsbasis in einem abgesteckten Aufwertungsbereich. Hamburg und Hessen waren in Deutschland Vorreiter.
Ein Argument für das Einrichten von Business Improvement Districts ist, dass sich ein einzelner Geschäftsmann oder Unternehmer meist nicht alleine gegen eine Abwärtsspirale wenden kann, die ein Viertel oder Stadtzentrum erfasst hat. Mit dem Instrument sollen Maßnahmen der Attraktivitätssteigerung, Revitalisierung und Weiterentwicklung von Innenstädten, Orts- und Stadtteilzentren und anderen überschaubaren Quartieren in niedersächsischen Städten und Gemeinden finanziert und umgesetzt werden können, heißt es im Gesetz.
Am Anfang steht die Quartiersgemeinschaft
Das Verfahren will, dass zunächst eine Quartiersgemeinschaft gebildet wird, die dann bei der Gemeinde einen Antrag auf den Erlass einer Quartierssatzung stellt. Der Antrag muss von Eigentümern mit mindestens 15 Prozent der im vorgesehenen Quartier gelegenen Grundstücke unterstützt werden; auch muss die Gesamtfläche der Grundstücke mindestens 15 Prozent der Gesamtgrundstücksfläche im Quartier betragen. Dann wird ein Maßnahmen- und Finanzierungskonzept für fünf Jahre vorgelegt. So soll verhindert werden, dass Geschäftsleute oder andere Akteure ohne finanzielle Beteiligung von der Aufwertung des Viertels profitieren.
Finanziert wird das Quartier über Sonderabgaben der Grundstückseigentümer im Quartier. Beteiligen können sich außer Geschäftsleuten, Bewohnern, Grundstückseigentümern und Mietern auch Wohnungsunternehmen und Kommunen.
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