Wirtschaftsweise schlagen Ende der Mietpreisbremse vor

Im Jahresgutachten widmen die Wirtschaftsweisen dem Wohnungsmarkt ein eigenes Kapitel. Scharf ins Gericht geht der Sachverständigenrat mit der Mietpreisbremse und fordert im Kern mehr Anreize für den Wohnungsneubau.

Die sogenannten Wirtschaftsweisen – ein beratendes Gremium aus fünf Volkswirtschaftsprofessoren – fordern im Jahresgutachten 2024/25 unter dem Titel "Versäumnisse angehen, entschlossen modernisieren" zukunftsorientierte Staatsausgaben, um die schwache Konjunktur wieder anzukurbeln. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte demnach in diesem Jahr real um 0,1 Prozent schrumpfen und im Jahr 2025 nur um 0,4 Prozent wachsen.

Thema in dem Gutachten ist auch die Knappheit des Wohnraums nicht nur als gesellschaftliches und soziales, sondern auch als gesamtwirtschaftliches Problem. Dem Wohnungsmarkt widmet der Sachverständigenrat, der die Bundesregierung berät, ein eigenes Kapitel mit Handlungsoptionen.

Wohnungsneubau stärken, Vorschriften harmonisieren

In Deutschland haben sich die Preise für Wohnimmobilien seit dem Jahr 2010 mehr als verdoppelt. Neumieten stiegen um 60 Prozent und Bestandsmieten um rund 20 Prozent. In Ballungsräumen und wirtschaftlich starken ländlichen Regionen hat die Wohnraumnachfrage stark zugenommen. Dabei stieg die Anzahl der Haushalte noch stärker als die Bevölkerung, vor allem die Zahl der Einpersonenhaushalte hat zugenommen.

"Der Wohnungsneubau kann durch die Mobilisierung von Baulandpotenzialen, stärkere Bauanreize und eine Senkung der Baukosten durch harmonisierte Bauvorschriften erhöht werden", sagte Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft. "Auch die Einführung des Gebäudetyps E, der eine rechtssichere Möglichkeit bietet, von den aktuell anerkannten Regelungen abzuweichen, könnte die Baukosten senken."

Flächenpotenziale heben, Grundsteuer anpassen

Um mehr Wohnraum zu schaffen, müssen den Wirtschaftsweisen zufolge mehr Flächen zur Bebauung genutzt werden. Zudem sollte die Nachverdichtung durch den Abbau von hemmenden Bauvorschriften erleichtert werden.

Bauanreize könnten durch Anpassungen bei der Grundsteuer erhöht werden. Dazu könnte die Grundstücksfläche bei der Bemessung der Grundsteuer stärker gewichtet werden, um eine dichtere Bebauung attraktiver zu machen. In Regionen mit hoher Wohnraumnachfrage und begrenztem Potenzial zur Nachverdichtung könnte zusätzlich die Außenentwicklung genutzt werden.

Zugleich sollten die Baukosten gesenkt werden, indem Bauvorschriften vereinheitlicht werden, damit serielles und modulares Bauen verstärkt zum Einsatz kommt.

Kritik an Mietpreisbremse und Kappungsgrenzen 

Der Abstand zwischen Bestands- und Neumieten ist in Deutschland gestiegen und reduziert nach Auffassung der Ökonomen finanzielle Anreize für Umzüge. Der Anstieg der Bestandsmieten bis maximal zur ortsüblichen Vergleichsmiete, die sich aus dem Mietspiegel ergibt, wird durch Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen begrenzt.

In angespannten Wohnungsmärkten werde der Abstand zu den Neumieten zusätzlich vergrößert, da die Kappungsgrenzen bei Bestandsmieten häufig von 20 Prozent auf 15 Prozent abgesenkt würden. Auf die Absenkung sollte daher verzichtet werden. Zudem würden die regulierten Bestands- und Neumieten den Marktpreis besser reflektieren, wenn die Neumieten in den Mietspiegeln stärker gewichtet würden.

Generell sollte eine restriktive Mietenregulierung mit abgesenkten Kappungsgrenzen und Mietpreisbremse nur temporär gelten und zwingend mit wirksamen Maßnahmen zur Schaffung von Wohnraum einhergehen. Damit diese Maßnahmen umgesetzt werden, sollte die Mietpreisbremse nicht über das Jahr 2028 hinaus verlängert werden.

Stärkung des sozialen Wohnungsbaus

Im Wohnungsmarkt sind einkommensschwache Haushalte überdurchschnittlich stark von Preisanstiegen belastet, teilen die Wirtschaftsweisen weiter mit. Um den sozialen Wohnungsbau zu stärken, sei die neue Wohngemeinnützigkeit eine Möglichkeit.

Das Wohngeld (Subjektförderung) erleichtere zielgenau den Zugang zum Wohnungsmarkt. Für Personengruppen, die unabhängig von ihrer Einkommenssituation auf dem regulären Wohnungsmarkt benachteiligt sind, verbessern demnach Sozialwohnungen (Objektförderung) den Zugang zu angemessenem Wohnraum.

Allerdings sei die soziale Wohnraumförderung weniger zielgenau als das Wohngeld, da es mit zunehmender Mietdauer zu Fehlbelegungen kommen könne. Um die Zielgenauigkeit der Förderung zu erhöhen, schlägt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) eine marktnahe Fehlbelegungsabgabe vor.

 Wohnungsneubau stärken – Überblick der Forderungen:

  • Die Knappheit von Wohnraum in Ballungsräumen ist nicht nur ein soziales Problem, sondern auch ein gesamtwirtschaftliches, da sie den Zuzug von Arbeitskräften in besonders produktive Regionen hemmt.
  • Das Wohnraumangebot kann durch die Mobilisierung von Baulandpotenzialen, stärkere Bauanreize und eine Senkung der Baukosten mittels harmonisierter Bauvorschriften erhöht werden. Die Wohnraumnutzung könnte durch den Abbau sozialer und finanzieller Umzugshürden effizienter werden.
  • In der sozialen Wohnungspolitik können sich die Subjekt- und Objektförderung sinnvoll ergänzen, da die Objektförderung den Zugang benachteiligter Personengruppen zu Wohnraum verbessert. Ihre soziale Zielgenauigkeit sollte durch eine Fehlbelegungsabgabe erhöht werden.

Jahresgutachten 2024/25 der Wirtschaftsweisen, Kapitel 4 "Wohnen in Deutschland: Knappheiten beheben und Zugang erleichtern"


Das könnte Sie auch interessieren:

Mietpreisbremse: Verlängerung bis Ende 2028 geplant

Spaßbremse Staat – zu aktiv auf dem Wohnungsmarkt

Neue Wohngemeinnützigkeit: Steuervorteile ab 1.1.2025

Krise beim Wohnungsbau kostet die Volkswirtschaft Milliarden

Ökonomen: Kaum Hoffnung auf Trendwende beim Wohnungsbau


Schlagworte zum Thema:  Wohnungsmarkt, Wohnungspolitik